Man sei im vergangenen Jahr «überwiegend gut unterwegs» gewesen, hielten die SBB im März an ihrer Jahresmedienkonferenz fest. Das war stark untertrieben. Die Bundesbahnen waren vielmehr sehr gut unterwegs:
Allein im Personenverkehr stieg der Gewinn gegenüber 2016 um 46,6 Millionen auf rund 186 Millionen Franken. Seit 2013 nahm er Jahr für Jahr zu.
Auch der Konzerngewinn wuchs in den letzten fünf Jahren fast immer an. Für 2017 beziffert ihn der Geschäftsbericht auf 399 Millionen Franken.
Diese 399 Millionen sind aber nur die halbe Wahrheit. Effektiv lag der Konzerngewinn um fast 190 Millionen Franken höher. Doch die SBB machten beim Güterverkehr eine Abschreibung in diesem Betrag. Das schmälert den ausgewiesenen Gewinn, kostet die SBB aber keinen Rappen. Der operative Verlust in der Sparte Güterverkehr war im vergangenen Jahr nicht einmal aussergewöhnlich gross. Mit 31 Millionen Franken entsprach er ziemlich genau dem Durchschnitt der vorhergehenden zehn Jahre.
Kunden: Unzufriedener, als die SBB behaupten
Da stellt sich die Frage: Wie zwingend war diese Abschreibung? Die SBB beantworteten dem K-Tipp diese Frage genau gleich wie alle anderen Fragen zum Geschäftsbericht: nämlich gar nicht. Und im Geschäftsbericht selber heisst es ziemlich wolkig, die Wertberichtigung bei SBB Cargo Schweiz sei «aufgrund eines strukturell bedingten Rückgangs und von Problemen beim Wagenladungsverkehr» verbucht worden.
Ferner schreiben die SBB, die Kunden hätten das Preis-Leistungs-Verhältnis letztes Jahr «kritischer eingeschätzt». Das trifft offenbar zu: In der landesweiten repräsentativen Umfrage des K-Tipp erhielt die Bahn für ihre Preise durchschnittlich die Schulnote 2,75 (K-Tipp 7/2018). Laut den SBB ist aber «die Kundenzufriedenheit im Personenverkehr deutlich gestiegen». Diese Behauptung steht im Widerspruch zu den Ergebnissen der Umfrage: Die Noten lagen bei 3,27 fürs Verpflegungsangebot, bei 3,49 für die Sauberkeit der Toiletten, bei 3,72 für die Wartezeiten an den Billettschaltern und bei 3,78 für die Schalteröffnungszeiten.
Da passt es wie die Faust aufs Auge, wenn die SBB im Geschäftsbericht schreiben: «Vor allem wollen wir die Menschen ins Zentrum stellen: Die persönliche Beratung, der persönliche Kundenkontakt (...) sind zentral.»
Der Jahresbericht zeigt übrigens: Die SBB verstehen sich längst nicht mehr nur als Bahnbetrieb, sondern auch als Immobilienunternehmen. Das wird mit Blick auf ihre Investitionen deutlich: 2013 flossen 1,016 Milliarden Franken in den Personenverkehr, vier Jahre später nur noch 723 Millionen. Die Investitionen in die Immobiliensparte stiegen umgekehrt im gleichen Zeitraum von 469 auf 652 Millionen Franken an.
Der Bilanzgewinn der SBB AG beläuft sich heute auf über eine Milliarde Franken. Dabei handelt es sich um die angesammelten Gewinne der vergangenen Jahre. Über ihre Verwendung beschliesst die Generalversammlung – also der Bund als Alleineigentümer.
Der Verwaltungsrat beantragt, den Bilanzgewinn von 1,012 Milliarden Franken aufs neue Jahr zu übertragen. Das entspricht offenbar auch dem Wunsch des Bundes, wie Serge Gaillard, Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung, sagt: «Die von den SBB erwirtschafteten Mittel sollen vollumfänglich im Unternehmen verbleiben und dort in ein attraktives und kostengünstiges Angebot sowie in die Weiterentwicklung des Konzerns investiert werden.»
Bundesamt will Gewinndeckel
Vom 186-Millionen-Gewinn im Segment Personenverkehr der SBB stammten 2017 nicht weniger als 178 Millionen Franken aus dem Fernverkehr. Das hat jetzt auch das Bundesamt für Verkehr als Konzessions- und Aufsichtsorgan hellhörig gemacht. Seine Forderung: Übersteigt die Umsatzrendite den Wert von 8 Prozent, sollen die SBB künftig mehr an den Unterhalt von Schienen und Fahrleitungen zahlen – oder die Billettpreise senken.