Bei so viel Eigenlob werden andere rot. «Wir sind eine starke Eisenbahn»: Das schreiben die SBB in ihrer «Vision und Strategie». Und weiter: «Wir sind das Rückgrat des öffentlichen Verkehrs, wir bieten smarte Mobilität.»
Wer morgens zum Zürcher oder Basler Flughafen muss, erlebt das anders. Viele frühe Flüge sind mit den ersten Zugverbindungen gar nicht zu erreichen, wie ein Blick auf die SBB-Fahrpläne zeigt. Passagiere müssen mit dem Auto oder einem Taxi anreisen – oder die Nacht vorher in einem Hotel übernachten. saldo hat sich die Verbindungen aus zwölf grösseren Schweizer Städten an die Flughäfen Zürich und Basel angeschaut.
Meist keine Chance, frühe Flüge zu erreichen
Beispiele: Der erste Flieger am Morgen verlässt Zürich um 6.15 Uhr in Richtung Lissabon. Der Check-in schliesst um 5.30 Uhr. Die Starts nach Catania und Stockholm erfolgen um 6.40 Uhr. Die Schalter machen um 5.40 und 6 Uhr dicht. Wer mit der Bahn anreist, hat meist keine Chance, diese Flüge zu erreichen. Auf den Lissabon-Flug zum Beispiel schafft man es nur aus Winterthur und – knapp – aus Zürich.
Passagiere aus Thun und Köniz erreichen den Flughafen Zürich mit der Bahn frühestens um 7.16 Uhr. Für sie werden sogar die Langstrecken knapp. Die Schalter der Flüge nach Toronto (Abflug 9.25 Uhr) und New York (9.50 Uhr) schliessen um 8.25 und 8.35 Uhr. Sonja Zöchling vom Flughafen Zürich empfiehlt US-Reisenden, «drei Stunden vor Abflug» am Flughafen zu sein. Am Gate seien sie einer zusätzlichen Kontrolle unterworfen. US-Fluggesellschaften kennen kein Check-in am Vorabend.
Noch schlechter sind Frühverbindungen an den Euro-Airport Basel. Reisende aus Schaffhausen und St. Gallen kommen frühestens um 7.18 Uhr an. Aus Schaffhausen steigt man zweimal um, aus St. Gallen dreimal. Der erste Zug aus Bern (zweimal umsteigen) trifft um 6.21 Uhr ein, aus Luzern um 6.48 Uhr, aus Biel um 7.06 Uhr und aus Thun um 7.21 Uhr. Das ist zu spät für die ersten Flüge, so nach Amsterdam, München, Hamburg, London oder Brüssel. Der Check-in ist dann längst geschlossen.
Anders in Deutschland: Am Flughafen München beispielsweise kommen bis 5 Uhr morgens zehn Züge an. Den Berliner Flughafen Tegel bedient die Bahn schon ab 3.30 Uhr.
SBB-Mediensprecher Reto Schärli behauptet, die Nachfrage für solche Frühzüge während eines ganzen Fahrplanjahres sei nicht vorhanden. Fakt ist: Laut SBB ist beim ersten Zug von Bern an den Flughafen Zürich mit einer mittleren Belegung zu rechnen. Und bei der ersten Verbindung aus Chur ist sogar von einer hohen Belegung die Rede. Von mangelnder Nachfrage kann also keine Rede sein.
Nicht besser ist Flixbus. Der erste Bus verlässt Zürich um 5.45 Uhr. Er erreicht den Euro-Airport um 7.15 Uhr.