Siebeneinhalb Stunden schlafen die Menschen in der Schweiz im Durchschnitt. Das zeigten Schlafforscher aus Zürich und Basel vor kurzem in einer Studie auf. Sie hatten 2000 Personen im Alter von 12 bis 95 Jahren nach ihren Schlafgewohnheiten befragt. Siebeneinhalb Stunden – das ist fast eine Stunde weniger als noch vor 40 Jahren. Viele Menschen würden eigentlich gerne länger schlafen, doch Arbeit, Kinder oder das Alter halten sie davon ab.
Mit einigen Tricks kommt man aber nach einer kurzen Nacht trotzdem munter durch den Tag. Der Gesundheitstipp befragte Passantinnen und Passanten auf der Strasse: Sie verrieten, wie sie im Alltag mit Schlafmangel fertig werden. Daniel Brunner, Leiter des Zentrums für Schlafmedizin Hirslanden in Zürich, beurteilte die Tipps der Befragten.
Das Fazit des Schlafexperten: Nicht alle Tricks sind empfehlenswert – aber einige machen wirklich wach und sind erst noch gesund. Andrea Fopp
Am Wochenende ausschlafen
Josip Martinovic (45), Basel:
«Ich schlafe jede Nacht vier Stunden. Für mehr habe ich keine Zeit, ich habe ein Geschäft und arbeite bis in die Nacht. Das macht mir nichts aus, ich bin trotzdem fit. Manchmal hole ich den Schlaf am Wochenende nach. Dann schlafe ich aus. Davon kriege ich allerdings meist Kopfweh.»
Der Schlafexperte Daniel Brunner rät ab:
«Zu lange schlafen tut dem Körper nicht gut.» Zwar behebe man so den Schlafmangel, doch man bringe den Rhythmus des Körpers aus dem Takt. Der menschliche Körper stellt sich auf regelmässige Schlaf- und Wachphasen ein. So sinkt beispielsweise die Körpertemperatur beim Schlafen – und am Tag steigt sie an, wenn der Körper Energie braucht.
Wenn man am Wochenende länger schlafe, schütte der Körper zur falschen Zeit Schlafhormone aus, sagt Brunner. Die -Folge: Man friert, fühlt sich schlapp und unwohl.
Ein Nickerchen machen
Alexandra Petrasch (28), Binningen BL:
«Wenn meine Tochter krank ist, kriege ich nur zwei, drei Stunden Schlaf. Dann hütet eine Freundin manchmal einen Nachmittag lang mein Kind, so dass ich mich hinlegen kann. Einschlafen kann ich am Tag zwar nie, aber dösen reicht, um aufzutanken.»
Der Schlafexperte bestätigt:
«Ein Nickerchen am Tag ist die beste Lösung.» Er empfiehlt, sich in der Mittagspause oder nach Feierabend 20 Minuten hinzulegen. Ob man dabei einschlafe oder nicht, sei unwichtig. «Es reicht, eine Weile ungestört den Gedanken nachzuhängen, um sich zu erholen.» Aber: «Auf Fernsehen oder Radio sollte man dabei verzichten.»
Vor dem Nickerchen sollte man laut dem Experten einen Wecker stellen: So könne man sich richtig entspannen und die Zeit dabei vergessen.
Schlafmittel schlucken
Ruth David (88), Basel:
«Ich nehme jeden Abend eine halbe Schlaftablette. Ohne kann ich nicht einschlafen, oder ich erwache in der Nacht und kann nicht mehr einschlafen. Manchmal wechsle ich das Medikament. Seit zehn Jahren mache ich es so. Wenn man älter wird, unternimmt man am Tag weniger und ist am Abend weniger müde.»
Der Schlafexperte rät ab:
Längerfristig Schlafmittel zu nehmen, sei nicht zu empfehlen. «Die Medikamente haben Nebenwirkungen und erhöhen vor allem im Alter die Gefahr von Unfällen in der Nacht.»
Besser sei es, dafür zu sorgen, dass man am Abend aktiv bleibe, bevor man ins Bett geht, und nicht versehentlich einnicke. Der Experte empfiehlt, einen Spaziergang zu machen, beim Fernsehen zu stricken oder aufrecht sitzend am Tisch zu lesen statt auf dem Sofa. «Dann bleibt die Körperspannung erhalten und man realisiert besser, wenn man müde wird», sagt Brunner.
Tageslicht tanken
Elly Gersbach (72), Basel:
«Ich bin am Tag oft in der Natur unterwegs, das hält mich fit und lässt mich gut schlafen. Und wenn ich in der Nacht einmal eine Stunde wach liege, überlege ich mir, was ich am nächsten Tag unternehme, und bin dann trotzdem fit. Wichtig ist, dass man sich nicht aufregt, wenn man nicht schlafen kann.»
Der Schlafexperte bestätigt:
«Tageslicht macht wach.» Es verhindert, dass der Körper tagsüber Melatonin ausschüttet. Dieser Botenstoff macht schläfrig. Weiterer Vorteil laut dem Experten: Wenn der Körper am Morgen Tageslicht tankt, schüttet er am Abend umso mehr Melatonin aus. Dann könne man besser ein- und durchschlafen.
Bei Schlaflosigkeit in der Nacht Ruhe zu bewahren, sei ebenfalls gut: «Es ist eine völlig falsche Vorstellung, dass man immer durchschlafen muss.»
Energy-Drink trinken
Alev Ök (25), Basel:
«Heute habe ich zwei ‹Red Bull› getrunken. Am Abend trinke ich noch mehr davon, um wach zu bleiben. Denn letzte Nacht habe ich nur sechseinhalb Stunden geschlafen, das reicht auf keinen Fall! Ich habe ferngesehen und ging spät ins Bett. Dafür schlafe ich am Wochenende zwölf Stunden.»
Der Schlafexperte rät ab: «Koffein bringt wenig.» Die Substanz erhöhe zwar den Blutdruck und verdränge das Müdigkeitsmolekül Adenosin. «Doch das hält nicht lange an.»
Buchtipp
Wie Sie Schlafprobleme verhindern und behandeln können, erfahren Sie im Ratgeber «Erholsam und gesund schlafen» (2. Auflage, 143 Seiten).