Schweizer Milch von Kühen aus Frankreich
Das Label «Suisse Garantie» steht für Lebensmittel aus der Schweiz. Doch bei Milch und Gemüse können sich Konsumenten nicht immer auf die Herkunftsgarantie verlassen.
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K-Tipp 11/2015
03.06.2015
Letzte Aktualisierung:
20.11.2019
Darko Cetojevic
Fleisch, Gemüse oder Milch – in den Läden sind viele Lebensmittel unübersehbar mit dem Logo «Suisse Garantie» versehen. Inhaberin der Marke ist Agro-Marketing Suisse (AMS). Der Verein wurde gemäss eigenen Angaben «von den wichtigsten landwirtschaftlichen Organisationen gegründet, um die Interessen der schweizerischen Landwirtschaft im Bereich der Marketingkommunikation zu wahren». Zu den Mitgliedern gehören neben dem Schwei...
Fleisch, Gemüse oder Milch – in den Läden sind viele Lebensmittel unübersehbar mit dem Logo «Suisse Garantie» versehen. Inhaberin der Marke ist Agro-Marketing Suisse (AMS). Der Verein wurde gemäss eigenen Angaben «von den wichtigsten landwirtschaftlichen Organisationen gegründet, um die Interessen der schweizerischen Landwirtschaft im Bereich der Marketingkommunikation zu wahren». Zu den Mitgliedern gehören neben dem Schweizer Bauernverband und regionalen Bauernverbänden der Agrokonzern Fenaco.
Agro-Marketing erhielt im vergangenen Jahr aus der Bundeskasse für die Vermarktung der Produkte Subventionen in der Höhe von rund 1,6 Millionen Franken. Laut AMS «ist die Schweizer Herkunft bei ‹Suisse Garantie›-Produkten garantiert». Besondere Anforderungen an «Suisse Garantie»-Lebensmittel gibt es nicht. Die Bauern müssen lediglich die Gesetze einhalten (siehe «Saldo» 1/2015).
Inbegriffen: Zollanschlussgebiete
Doch nicht einmal auf die Herkunftsgarantie können sich die Konsumenten verlassen. Denn unter dem Label «Suisse Garantie» werden auch landwirtschaftliche Produkte aus dem Ausland verkauft. Lebensmittel aus den sogenannten Zollanschlussgebieten – Liechtenstein, Büsingen, Campione d’Italia – sowie aus Gebieten bis 10 Kilometer jenseits der Schweizer Grenze und aus der sogenannten Zollfreizone Genf werden dabei als schweizerisch deklariert und tragen das «Suisse Garantie»-Logo.
- Beispiel Milch: Milch von ausländischen Kühen wird als Schweizer Milch mit dem «Suisse Garantie»-Logo verkauft. In Genf kauft die Molkerei Laiteries Réunies Genève jährlich 23 Millionen Liter Milch von französischen Bauern. Zu den Hauptkunden zählen Coop, Migros und Manor. Die Milch stammt von Kühen aus der Zollfreizone Genf. Diese garantiert den freien Verkehr mit Lebensmitteln. Das Gebiet umfasst in Frankreich 547 Quadratkilometer und ist somit doppelt so gross wie der Kanton Genf.
- Beispiel Gemüse: Es wird laut Agro-Marketing auf rund 300 Hektaren im grenznahen Ausland angebaut und ebenfalls in Verpackungen verkauft, auf denen ein Schweizer Kreuz prangt. Wie viele Tonnen Gemüse dies ausmacht, wollte Agro-Marketing dem K-Tipp nicht sagen.
Warum können Kühe aus Frankreich Schweizer Milch geben? Und warum gilt im Ausland angebautes Gemüse als schweizerisch? Begründung von Agro-Marketing: «Wichtig ist, dass in diesen Gebieten erzeugte Produkte bei Verwendung von ‹Suisse Garantie› die gleichen Bestimmungen erfüllen.»
Agro-Marketing will auch künftig möglichst viele Lebensmittel aus dem Ausland als «Suisse Garantie» vermarkten. In der Vernehmlassung zur neuen «Swissness»-Gesetzgebung verlangte der Bauernverband, dessen stellvertretender Direktor Urs Schneider AMS präsidiert, dass die von Schweizer Bauern bewirtschafteten Flächen in Grenzgebieten über 8000 Hektare umfassen sollen. Der Bundesrat will sie auf 5000 Hektare begrenzen.