Anfang Mai bestellte Olav Rohrer aus Bern bei Simpel ein Fahrrad. Den stattlichen Preis von rund 2500 Franken zahlte er im Voraus, weil es zwei Prozent Skonto gab. «Ich hatte bereits früher zwei Velos bei Simpel gekauft, eines davon ebenfalls auf Vorauszahlung. Es gab keine Probleme», sagt Rohrer.
Doch diesmal wurde das Fahrrad während Wochen nicht ausgeliefert. Mitte Juni versprach Simpel, es dauere nur noch zwei Wochen. Rohrer: «Seither ist die Firma nicht mehr erreichbar.» Auch beim Laden in Rifferswil ZH war niemand mehr anzutreffen.
Grossauftrag der Armee am Laufen
Olav Rohrer ist kein Einzelfall: Auch Familie Baumeler aus Emmenbrücke LU wartet seit Juni auf ein bestelltes Velo. Auch sie hatte früher gute Erfahrungen mit Simpel gemacht und bezahlte rund 2400 Franken im Voraus.
Dass die Kunden ihre bezahlten Velos noch erhalten, ist höchst fraglich. Recherchen des K-Tipp ergaben, dass die Simpel GmbH in Geldnöten steckt. Aktuell sind rund 50 Betreibungen hängig – die Forderungen belaufen sich auf knapp 200 000 Franken. Darunter sind Forderungen von Kunden und Sozialversicherungen sowie offene Löhne.
Pikant: Simpel erhielt im Jahr 2012 den Auftrag für die Lieferung neuer Velos für die Armee. Auftragsvolumen: rund 7 Millionen Franken. Die bestellten 4100 Fahrräder wurden ausgeliefert – allerdings müsste Simpel noch bis ins Jahr 2022 für deren Unterhalt aufkommen. Das Bundesamt für Rüstung schreibt auf Anfrage lapidar: «Die Firma Simpel ist Vertragsnehmer der Armasuisse. Der Unterhalt ist gewährleistet.»
Gründer Douglas als Velopionier gefeiert
Gründer und Vorsitzender der Geschäftsführung von Simpel ist Philip Douglas. Er wurde in den letzten Jahren als Velopionier gefeiert. «Blick am Abend» schrieb gar von einer «Erfolgsstory». Der Zürcher scheiterte schon mit einem anderen Projekt – der Verleihfirma Velobility, die Ende 2015 in Konkurs ging.
Erst nach zahlreichen Versuchen gelang es dem K-Tipp, Philip Douglas zu erreichen. Er bestreitet die wirtschaftliche Misere nicht: «Die Umsätze sind stetig gesunken und die Firma ist immer mehr geschrumpft.»
Douglas gibt zu, dass er früher hätte reagieren müssen. Allerdings sei er seit drei Jahren nicht mehr operativ tätig gewesen bei Simpel und habe sich auf das Projekt Velobility konzentriert. Die operative Führung von Simpel habe sein Geschäftspartner Joachim Schneebeli übernommen.
Dieser nimmt auf Anfrage ebenfalls einen Teil der Schuld auf sich: «Ich habe dieses Amt im Nebenjob ausgeführt. Die Firma war in letzter Zeit sozusagen führungslos. Das war klar ein Fehler.» Es seien in den letzten Jahren Anstrengungen für eine Verbesserung unternommen worden. Doch alle Beteiligten seien völlig überlastet gewesen.
Trotz allem blieb der Online-Shop aufgeschaltet – ohne Hinweis auf mögliche Lieferschwierigkeiten. Douglas und Schneebeli beteuern jedoch, seit letztem Sommer keine Vorauszahlungen mehr angenommen zu haben.
Die beiden Firmeninhaber versprechen, alle Forderungen begleichen und die bestellten Velos noch liefern zu wollen. Douglas: «Wir arbeiten an einer raschen Lösung mit dem Ziel, dass möglichst niemand zu Schaden kommt.»