Jedes Jahr publiziert das Bundesamt für Statistik den Landesindex der Konsumentenpreise. Er soll über die Teuerung Auskunft geben. Dafür erheben die Statistiker die Preise von Konsumgütern. Der ausgewählte Warenkorb soll gemäss Bundesamt «sämtliche Konsumausgaben der privaten Haushalte widerspiegeln». Laut dem Index betrug die Teuerung zwischen 1996 und 2016 ziemlich genau zehn Prozent (siehe Grafik im PDF).
Die amtlich festgestellte Teuerung ist für den Inhalt des Portemonnaies der Schweizer von grosser Bedeutung. Der Index ist massgebend für Lohnverhandlungen, aber auch für die Erhöhung der AHV- und IV-Renten. Steigen die Preise, steigen auch Löhne und Renten.
Grosse Posten sind nicht berücksichtigt
Nur: Die Berechnung des Indexes stimmt nicht mit den tatsächlichen Ausgaben der Haushalte überein. Grosse Ausgabeposten im Haushaltsbudget werden nicht berücksichtigt – so etwa die Steuern und die Krankenkassenprämien. Letztere machen aber bis zu 20 Prozent eines Haushaltsbudgets aus, wie aus dem Bericht über die Wirksamkeit der Prämienverbilligung des Bundesamtes für Gesundheit von 2014 hervorgeht.
Die obligatorische Krankenversicherung wurde im Jahr 1996 eingeführt. Seither zahlen die Versicherten jedes Jahr höhere Prämien. Die durchschnittlichen Prämien inklusive Franchise und Selbstbehalt stiegen innerhalb von 20 Jahren von rund 148 Franken auf 330 Franken pro Monat – so die offizielle Statistik des Bundesamts für Gesundheit. Die Krankenkassenkosten haben sich in 20 Jahren also mehr als verdoppelt.
Den Angestellten entgeht viel Geld
Wie stark war die Teuerung unter Berücksichtigung der Krankenversicherungsprämien? Um diese Frage zu beantworten, ersetzte der K-Tipp die im Landesindex enthaltenen Gesundheitskosten durch die tatsächlichen Kosten der Haushalte für die Krankenkasse (Prämien, Franchise und Selbstbehalt). Resultat: Zwischen 1996 und 2016 verdoppelte sich die Teuerung. Sie belief sich in dieser Periode nicht auf 10, sondern auf 19 Prozent.
Das Bundesamt für Statistik bestreitet dies nicht: «Bei der Teuerung werden die Preise einzelner Produkte und Dienstleistungen im Zeitverlauf verglichen. Bei den Krankenkassenprämien und Steuern jedoch die Ausgaben.» Darum könne man diese Statistiken nicht zusammenrechnen. Nur: Für die Haushalte sind nicht statistische Preise entscheidend, sondern die tatsächliche Entwicklung ihrer Ausgaben.
Weil der Konsumentenpreisindex nicht der tatsächlichen Verteuerung der Ausgaben entspricht, entgeht den Angestellten und Rentnern viel Geld: Die Medianmonatslöhne erhöhten sich von 1996 bis 2014 um rund 1295 Franken. Medianlohn heisst: Die Hälfte der Angestellten verdient mehr, die andere weniger. Wäre die Teuerung richtig ausgewiesen worden, wären die Löhne wohl stärker gestiegen. Denn die Gewerkschaften hätten ihre Forderungen besser untermauern können.
Auch die AHV- und IV-Renten wären zwischen 1996 und 2016 deutlicher erhöht worden. Denn der Bundesrat muss die Renten gemäss Gesetz alle zwei, drei Jahre an die Preis- und Lohnentwicklung anpassen. Die Entwicklung des Landesindexes der Konsumentenpreise und des Lohnindexes werden dabei je zur Hälfte gewichtet. Gestützt auf die tatsächliche Teuerung läge beispielsweise die minimale ganze Rente mindestens um 30 Franken höher im Monat, die höchste um 60 Franken und die maximale Ehepaarrente um 90 Franken. Dies haben Berechnungen des Bundesamts für Sozialversicherungen ergeben.
Steuern und Gebühren: Innert 15 Jahren um 1860 Franken pro Jahr gestiegen
Im Landesindex der Konsumentenpreise sind Steuern und Gebühren nicht eingerechnet. Dabei belasten auch diese das Haushaltsbudget stark. Im Jahr 2000 lagen die durchschnittlichen Steuerausgaben pro Haushalt (ohne Mehrwertsteuer) bei jährlich rund 5200 Franken. Frühere Zahlen sind nicht verfügbar. Im Jahr 2015 waren es schon gut 7000 Franken –rund ein Drittel mehr. Das zeigt die Haushaltsbudget-Erhebung des Bundesamts für Statistik.
Rechnet man nun sowohl Steuern als auch Krankenkassenkosten in die Teuerung mit ein, so stiegen die Preise zwischen 2000 und 2015 um rund 16 Prozent. Die offizielle Teuerung für den gleichen Zeitraum beträgt nur 7 Prozent.