Schweizerinnen und Schweizer nehmen jedes Jahr pro Kopf durchschnittlich 38 Kilogramm Zucker zu sich. Das ist laut der Weltgesundheitsorganisation WHO zu viel: Sie empfiehlt maximal 17 Kilogramm – also weniger als die Hälfte.
Mitverantwortlich für den hohen Zuckerkonsum der Schweizer sind Getränke wie Limonaden und Energy-Drinks. In einem halben Liter Fanta Lemon stecken 14 Würfel Zucker, im Coca-Cola 13 und im Rivella rot 11.
Jedes fünfte Kind ist übergewichtig
Das ist längst nicht in allen Ländern so. Ein Vergleich des K-Tipp von zehn Süssgetränken aus Schweizer Läden mit den gleichen Softdrinks in England und Irland ergab: Die Schweizer Version enthält oft mehr als doppelt so viel Zucker (siehe Tabelle im PDF). Auch im Vergleich mit Frankreich, Deutschland und Österreich sind Softdrinks in der Schweiz teilweise überzuckert.
Der übermässige Zuckerkonsum führt unter anderem dazu, dass in der Schweiz fast jedes fünfte Kind und fast jeder zweite Erwachsene übergewichtig ist. Laut der Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz zeigen Untersuchungen «einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Trinken von zuckerhaltigen Produkten und dem Risiko für Übergewicht».
Konzerne reagieren sofort auf die Steuer
Das Problem der Fettleibigkeit kennen andere Länder auch. In England und Irland führten die Regierungen deshalb am 6. April eine Steuer auf Softdrinks mit zugesetztem Zucker ein. Konkret: In England müssen Hersteller bei
allen Getränke mit mehr als 50 Gramm Zucker (12,5 Würfelzucker) pro Liter Fr. –.25, bei mehr als 80 Gramm Zucker Fr. –.33 bezahlen.
Diese Steuer blieb nicht ohne Wirkung: Coca-Cola, Nestlé und Schweppes haben bei einigen ihrer Softdrinks den Zuckergehalt auf unter 50 Gramm pro Liter gesenkt.
In Frankreich unterliegen Getränke mit zugesetztem Zucker schon seit 2012 einer Steuer. Erste Studien zeigen, dass der Konsum von Süssgetränken seither zurückging. Das Gleiche gilt auch für Mexiko, wo seit vier Jahren überzuckerte Getränke mit einer Steuer belegt werden. Finnland besteuert Getränke mit sehr viel Zucker schon seit 1940.
In Mexiko erhöhte die Steuer den Preis um 12,8 Prozent. Als Folge davon sank der Pro-Kopf-Konsum gemäss einer Untersuchung der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität von Nuevo Leon um 3,8 Prozent.
Zucker-Lobbyisten machen Druck in Bern
In der Schweiz haben Vorstösse zur Reduktion des Zuckers praktisch keine Chance. Jüngstes Beispiel: Vor ein paar Wochen forderte der Kanton Neuenburg mit einer Standesinitiative eine Steuer auf zuckerhaltige Produkte. Aus den Erträgen sollten Diabetes und Fettleibigkeit besser bekämpft werden. Die Ständeräte lehnten das Ansinnen mit 24 Stimmen gegen 3 Stimmen ab.
Die Zuckerbranche hat im Bundeshaus viele Lobbyisten – die Süssgetränke-Industrie zum Beispiel in der sogenannten «Informationsgruppe Erfrischungsgetränke». Präsidiert wird diese von BDP-Nationalrat Lorenz Hess. Mit ihm zusammen sind gemäss Lobbywatch.ch zwölf weitere Parlamentarierinnen und Parlamentarier dabei: Sebastian Frehner, Andrea Geissbühler, Franz Ruppen, Jürg Stahl und Bruno Walliser (alle SVP), Ida Glanzmann-Hunkeler, Alois Gmür, Konrad Graber und Marco Romano (alle CVP), Martin Landolt (BDP) sowie Bruno Pezzatti und Isabelle Moret (beide FDP). Im Vorstand der Gruppe sitzen auch Manager von Coca-Cola Schweiz, Red Bull und Rivella. Die Lobbyisten behaupten, eine Zuckersteuer würde die Schweizerinnen und Schweiz weder schlanker noch gesünder machen.
Dem widerspricht eine Studie des Forschungsinstituts der Credit Suisse. Danach bejahte die Mehrheit von 152 befragten Ärzten in Europa, Asien und den USA, dass Zucker süchtig macht und für Typ-II-Diabetes verantwortlich ist. Fazit der Studie: Eine Zuckersteuer sei der beste Weg, um den übermässigen Zuckerkonsum zu bekämpfen.
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