Durch Suizid sterben in der Schweiz gemäss neusten Zahlen (2013) pro Jahr 1070 Personen. Zwei Drittel davon sind Männer. Männer greifen eher zur Waffe oder zum Strick. Frauen schlucken in den meisten Fällen giftige Substanzen. Die Zahlen stammen vom Bundesamt für Statistik.
Gemäss einer Studie der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) von 2015 ist die Zahl der Selbsttötungen in der Schweiz höher als im europäischen Durchschnitt. Hauptgründe sind gemäss OECD psychische Krankheiten, vor allem Depressionen.
«Viele Hausärzte sind zu wenig in der Lage, eine Depression zu erkennen»
Eine kürzlich publizierte Untersuchung des Bundesamts für Gesundheit geht davon aus, dass in der Schweiz «bis zu einem Drittel der Bevölkerung innerhalb eines Jahres an einer psychischen Störung» erkrankt. Die meisten dieser Erkrankungen seien so schwerwiegend, dass sie behandelt werden müssten. Laut Bundesamt sucht aber nur die Hälfte der Betroffenen professionelle Hilfe (siehe Unten).
Das habe unter anderem damit zu tun, dass der Gang zum Psychiater tabuisiert sei. Das möchte das Bundesamt mit einer «verstärkten Kampagnenarbeit» ändern. Ein Blick auf die Kantone zeigt: In den beiden Halbkantonen Appenzell Inner- und Ausserrhoden ist die Suizidrate gemäss Bundesamt für Statistik am höchsten, im Kanton Tessin am niedrigsten. In städtisch geprägten Kantonen nehmen sich nicht mehr Menschen das Leben als in ländlichen. Auch die Dichte der Psychiater hat wenig Einfluss auf die Suizidrate: Im Kanton Basel-Stadt ist die Psychiaterdichte fast neunzehnmal höher als im Kanton Obwalden. Die Basler Suizidrate ist trotzdem höher.
Eine wichtige Rolle spielen die Hausärzte. Sie sind oft die einzige vor einem Suizid aufgesuchte medizinische Fachperson. Jörg Weisshaupt, ist Suizidexperte und im Vorstand der Initiative zur Prävention von Suizid in der Schweiz (Ipsilon). Er sagt, viele Hausärzte seien zu wenig in der Lage zu erkennen, ob ein Patient depressiv sei und welche Behandlung er benötige. Sebastian Haas, Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie an der Zürcher Privatklinik Hohenegg, nimmt die Hausärzte in Schutz. Als Beispiel führt er das verbreitete Krankheitsbild der «chronischen Erschöpfung» an: «Dafür gibt es 100 verschiedene Gründe.» Die hohe Kunst des Hausarztes sei es, in seiner kurz bemessenen Zeit den wahren Hintergrund zu erfahren.
In der Pflicht stehen auch die Arbeitgeber. «Viele Personalabteilungen sind zu wenig auf Probleme am Arbeitsplatz sensibilisiert», erklärt Weishaupt. Suizidprävention sei höchstens bei international ausgerichteten Grossfirmen ein Thema.
Auch für Angehörige ist psychologische Unterstützung wichtig
Viele Betroffene senden vor einem Suizidversuch Zeichen aus. Beispiele: Andeutungen («Ohne mich wärt ihr besser dran»), Rückzug von Freunden und Gewohnheiten oder auch nur angedeutete Abschiedshandlungen. Fachleute raten, Warnzeichen ernst zu nehmen. «Wichtigster Schritt ist, der Person, um die Sie sich sorgen, ein Gespräch anzubieten», hält die Suizidprävention Kanton Zürich fest, die auf ihrer Website Gesprächstipps anbietet.
Angehörige müssen aber auch auf sich selbst achten. Bei einem erfolgten Suizid eines Bekannten oder Verwandten gilt dies noch mehr. Die Suizidprävention des Kanton Zürichs rät Angehörigen, sich psychologisch betreuen zu lassen.
Hilfe finden
Wer zahlt die Behandlung?
Die Grundversicherung übernimmt die Kosten für eine psychotherapeutische Behandlung nur, wenn sie von einem Arzt durchgeführt wird oder delegiert ist. Die Krankenkassen führen Listen mit den von ihnen anerkannten Therapeuten. Verlangen Sie in jedem Fall vor Beginn der Therapie eine schriftliche Kostengutsprache.
Rat in schwierigen Lebenssituationen
Scheuen Sie sich nicht, bei einer persönlichen Krise professionellen Rat einzuholen. Eine Liste von Beratungsstellen finden Sie unter www.ipsilon.ch/de/hilfe_finden/kantone.cfm