Die Lebensversicherungen spielen im Geschäft mit der 2. Säule eine wichtige Rolle. Bei ihnen ist rund die Hälfte aller Angestellten in der Schweiz versichert. Dieses Geschäft ist einträglich: Die sechs aktiven Gesellschaften – Allianz Suisse, Axa, Basler, Helvetia, Pax und Swiss Life – machten mit der 2. Säule seit 2005 fast 2,7 Milliarden Franken Gewinn. Allein letztes Jahr waren es 550 Millionen.
Der unabhängige diplomierte Pensionsversicherungs-Experte Jürg Jost hat die Leistungsfähigkeit und die Kosten dieser Versicherungen in der 2. Säule durchleuchtet – dieses Jahr zum dritten Mal (siehe K-Tipp 19/11 und 20/12). Jost war als Geschäftsleitungsmitglied bei einer Versicherung mehrere Jahre fürs Pensionskassengeschäft zuständig. Heute führt er die Pensionskassen- und Versicherungsberatung Risiko-Rating.
Bei seinen Analysen stützt sich Jost auf Zahlen aus den «Betriebsrechnungen berufliche Vorsorge», die von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) erfasst und publiziert werden. Sie zeigen unter anderem:
- Bei den sechs Versicherern sind letztes Jahr gesamthaft 19,6 Prozent der eingezahlten Pensionskassenbeiträge für Verwaltungskosten (inkl. Vermögensverwaltung) und Gewinne abgeflossen. Das kommt die Versicherten teuer zu stehen – denn die Abflüsse schmälern ihr Vorsorgevermögen.
- Über die letzten fünf Jahre erzielten die Gesellschaften eine durchschnittliche Rendite auf dem verwalteten Vermögen zwischen 2,93 Prozent (Pax) und 5,42 Prozent (Swiss Life, siehe Grafik oben). Das Ergebnis von Swiss Life zeigt: Es ist auch bei den tiefen Zinsen der letzten Jahre möglich, das Geld der Versicherten ertragreich anzulegen.
Jost hält es für angezeigt, «die Versicherten an den relativ hohen Erträgen der von ihnen eingezahlten Gelder direkt zu beteiligen». Doch damit hapert es: Der Bundesrat hatte den Mindestzinsatz auf 1,5 Prozent gesenkt. Das ist der Prozentsatz, mit dem das Guthaben in der 2. Säule mindestens verzinst werden muss. Immerhin: Für nächstes Jahr liegt der Mindestzins bei 1,75 Prozent. Laut Jost wären aber auch 2,25 Prozent leicht verkraftbar.
- Bei vier der sechs Gesellschaften beliefen sich die allgemeinen Verwaltungskosten (exkl. Vermögensverwaltung) im Durchschnitt der Jahre 2008 bis 2012 auf mehr als 10 Prozent der einbezahlten Prämien (Grafik Mitte). Josts Fazit: «Hier besteht weiterhin ein grosses Einsparungspotenzial.»
Unterstrichen wird diese Einschätzung, wenn man einen Blick auf die durchschnittlichen allgemeinen Verwaltungskosten von unabhängigen Pensionskassen wirft. Jost hat diese exemplarisch für fünf Kassen und die Jahre 2010 bis 2012 berechnet: Sie lagen bei bloss 4,8 Prozent der periodischen Beiträge.
- Die Versicherungen buchen einen Teil des jährlichen Gewinns in einen Überschussfonds. Auch hier gibts laut Jost «deutliches Verbesserungspotenzial» (Tabelle unten). Das Geld im Überschussfonds dient quasi als Puffer für schlechte Zeiten. Es muss innert fünf Jahren an die Versicherten zurückfliessen. Jost: «Grössere Überschusszuweisungen gingen hauptsächlich auf Kosten des Gewinns der Versicherer. Trotzdem wäre das Geschäft der 2. Säule für sie weiterhin profitabel.»
Für die Versicherten ergibt all das ein unerfreuliches Bild: Verwaltungskosten und Gewinne der Lebensversicherer schmälern ihr Alterskapital und an dessen Erträgen werden sie ungenügend beteiligt.
Die Versicherungsgesellschaften kritisieren Josts Analyse zum Teil. Die Basler schreibt, die gewählten Indikatoren seien «nicht dazu geeignet, die Leistungen von Lebensversicherern angemessen zu beurteilen und miteinander zu vergleichen». Die Helvetia kann den Wert zur Rendite «so nicht bestätigen» und bemängelt auch: «Die Zuordnung von Positionen zu den Verwaltungskosten hat in den letzten Jahren mehrfach geändert.» Darum sei ein mehrjähriger Vergleich so pauschal nicht aussagekräftig.
Die Allianz Suisse gibt an, ihre allgemeinen Verwaltungskosten lägen gemäss eigener Berechnung tiefer als in Josts Studie angegeben. Punkto Rendite schreibt sie, dass Lebensversicherer bei der Kapitalanlage strengen Auflagen unterliegen, was keine hohen Aktienanteile erlaube.
Die Axa weist darauf hin, dass sie «kontinuierlich Massnahmen ergriffen hat, um die Verwaltungskosten zu senken». Seit Jahren sei sie in diesem Geschäftsbereich die Versicherung mit den tiefsten Verwaltungskosten.
Die Pax macht zum Renditevergleich geltend, dass die Vermögensanlagen unterschiedlich bewertet würden. Der Wert eines Mehrfamilienhauses etwa könne nicht eindeutig bestimmt werden, ausser man verkaufe das Objekt. Punkto Überschusszuweisung hält es die Pax für «wichtiger, mit einer soliden Rückstellungspolitk für die Sicherheit der Vorsorge zu sorgen, als kurzfristig hohe Überschusszuweisungen zu zeigen».