Einige Funktionen moderner Autos sind in heiklen Situationen durchaus nützlich. So verhindert das elektronische Stabilitätsprogramm, dass der Wagen bei Nässe und Glätte allzu schnell ins Schleudern gerät. Der Notbremsassistent mit Personenerkennung kann einen Zusammenstoss verhindern oder zumindest mildern. Und die Chassis der Autos sind crash- und überschlagssicherer geworden.
Verschiedene Tests von Autoclubs und Fachzeitschriften sowie Studien von Versicherungen zeigen allerdings: Hightech-Neuerungen und das trendige Design der modernen Autos können auch für Gefahr und Ärger sorgen – und treiben den Preis in die Höhe. Einige typische Beispiele:
Bedienung über einen Touchscreen
Knöpfe und Regler weichen tabletgrossen, in der Mitte des Armaturenbretts platzierten Bildschirmen. Sie werden wie Smartphones via Berührung des Bildschirms bedient und steuern zum Beispiel die Klimaanlage, die Radio-Lautstärke oder die Navigation. Die Bedienung ist anspruchsvoll: Beim Volvo V90 etwa erfordert das System laut dem deutschen Automobilclub ADAC «eine lange Eingewöhnung». Weiter heisst es in einem ADAC-Test: «Zudem lenkt die Bedienung stark vom Verkehr ab, da alle Fahrzeugfunktionen teils recht umständlich über den Touchscreen gesteuert werden.»
Noch einen Schritt weiter gehen Hersteller, welche die sogenannte Gestensteuerung anbieten. Mit dieser Technologie kann man zum Beispiel Radiosender suchen und wechseln, indem man mit der Hand vor dem Bildschirm Wischbewegungen macht. Das ADAC-Fazit dazu fällt beim neuen Skoda Karoq allerdings vernichtend aus:
«Der Nutzen der Gestensteuerung erschliesst sich überhaupt nicht.»
Kosten: Beim Skoda Karoq Ambition 2200 Franken. Beim Volvo V90 serienmässig.
Gequetschte Finger wegen der Türautomatik
Das System bietet einen sanften Türschliessmechanismus. Auf den letzten paar Millimetern zieht ein Elektromotor die Tür automatisch und sanft ins Schloss. Der Haken: Eine Notabschalt-Funktion bei Kraftwiderstand fehlt. Mehrere Fälle zeigen, dass die Softclose-Türautomatik Finger quetscht oder gar abtrennt. Die Kraft des Elektromotors ist zu gross.
Kosten: Bei einer BMW-520i-Limousine 810 Franken.
Abgedeckte Windschutzscheibe
Hinter dem Rückspiegel klebt in der Windschutzscheibe eine schwarze Folie. Dort versteckt sind verschiedene Sensoren und Kameras wie der Regensensor für Scheibenwischerautomatik und Kameras für den Spurhalteassistenten und den Abstandstempomaten. In der Scheibe können ausserdem Heizdrähte verarbeitet sein, damit sie nicht zufriert oder beschlägt. Der Haken: Beim Ford Focus sorgen die feinen Heizdrähte nachts für störende Lichtreflexe der Scheinwerfer entgegenkommender Fahrzeuge. Und das Feld hinter dem Spiegel mit Sensoren und Kameras ist so gross wie ein kleiner Benzinkanister. Das schränkt die Sicht ein und ist beim Warten vor der Ampel störend.
Kosten: Heizbare Frontscheibe beim Ford Focus Trend 490 Franken.
Eingeschränkte Rundumsicht
Das moderne Auto-Design zeichnet sich oft durch schmale Scheiben und breite Chassis-Säulen aus. Das hat sicherheitsrelevante Nachteile: In Kombination mit den nicht versenkbaren Kopfstützen wird die Sicht zur Seite und nach hinten eingeschränkt. Beim Abbiegen oder Spurwechsel tauchen Hindernisse später auf als bei Autos mit normal konstruierten Fenstern. Die Unfallgefahr steigt deutlich. Entsprechende Modelle haben in den letzten Jahren in ADAC-Tests bei der Rundumsicht schlecht abgeschnitten: BMW X5, Dacia Logan MCV, VW Caddy Maxi Life, Opel Ampera und Limousine Chevrolet Cruze. Eine gute Sicht aus dem Auto bieten: Renault Clio II Campus, Citroën DS3, VW Up!, Smart Fortwo Coupé und Lada Niva.
Keine oder zu kleine Scheibenwischer
Bei Limousinen mit Coupé-Charakter – bei denen das Heck schräg abfällt – kommt Design oft vor Funktionalität. Viele Modelle, wie der VW Arteon, der Peugeot 508 oder der Skoda Superb, haben gar keinen Heckscheibenwischer. «Ohne ihn sieht man hinten nix», stellt die Fachzeitschrift «Autobild» fest. Bei anderen Modellen ist der Scheibenwischer so klein gehalten, dass die Scheibe oben und unten sowie links und rechts nicht gereinigt werden kann.
Kosten: Heckscheibenwischer beim Skoda Superb 110 Franken.
Multimediasysteme, die ablenken
Navigationsgerät, MP3-Player oder Freisprechanlage: Was es noch vor wenigen Jahren nur für teure Autos gab, ist heute schon in Kompaktklasse-Autos wie VW Golf und Renault Megane zu finden. Viel Technik im Auto sorgt allerdings für zunehmende Ablenkung. Eine Verkehrssicherheitsstudie der Allianz-Versicherung zeigt, dass sich die Gefahr eines Unfalls deutlich erhöht, wenn Fahrer ihre Aufmerksamkeit vom Strassenverkehr auf technische Geräte lenken.
Kosten: Navigationssystem «Discover Pro» beim VW Golf 1950 Franken.
Der Fahrer kann seine Mails checken
Die Hersteller integrieren Smartphone-Apps ins Auto. So können SMS, E-Mails oder Twitter abgerufen werden. Auch das geht auf Kosten der Aufmerksamkeit. Das niederländische Forschungsinstitut für Strassensicherheit hat internationale Studien ausgewertet und schätzt, dass auf diese Weise abgelenkte Fahrer bis zu einen Viertel aller Unfälle auslösen.
Kosten: Connectivity-Paket bei Audi Q5 Basis 1290 Franken.
Fenster, die sich nicht öffnen lassen
Auto-Designer bestimmen mittlerweile auch, ob und um wie viel sich die Fenster öffnen lassen. Bei den Karosserien vom Mazda CX-3 und Fiat 500X lassen sich die hinteren Scheiben nur zum Teil öffnen. Beim BMW 220d Coupé geht das überhaupt nicht.
Der Duft kommt aus der Belüftung
Früher hing in fast jedem Auto ein Duftbäumchen. Heute bauen die Hersteller spezielle Duftspender ein, deren Inhalt über die Belüftung in das Fahrzeug gesprüht wird. Beim Mercedes heisst das Ganze «Air-Balance-Paket». Damit könne zudem die Luftqualität durch «Ionisierung sowie durch eine optimierte Filterung der Aussen- und Innenluft» verbessert werden.
Kosten: «Air-Balance» in der Mercedes-C-Klasse 480 Franken, Nachfüllduft «Pacific Mood» Fr. 98.80.