Wer im Internet nach Tickets für eine Sportveranstaltung oder ein Konzert sucht, landet häufig beim weltgrössten Wiederverkäufer Viagogo. Die Genfer Firma verärgert Konsumenten seit Jahren mit massiv überhöhten Preisen und ungültigen Tickets. Die Beschwerden bei der K-Tipp-Rechtsberatung reissen nicht ab.
Der Kunde wird bewusst gestresst
Die Firma arbeitet mit zweifelhaften Methoden, um die Tickets an Käufer zu bringen. Sobald Interessenten auf der Internetseite ankommen und die gewünschte Veranstaltung anklicken, werden sie mit verschiedenen Einblendern unter Zeitdruck gesetzt. So heisst es etwa, die Tickets seien «heiss begehrt» und vermutlich «bald ausverkauft». Man befinde sich «in der Warteschlange». Die Botschaft: Es gibt kaum noch Tickets, und andere Leute wollen sie in genau diesem Moment haben.
Zusätzlich stresst Viagogo mit einer Uhr, die abläuft. Danach, so heisst es, seien «diese Tickets möglicherweise nicht mehr zu diesem Preis verfügbar». Das drängt Interessenten zu einem schnellen Kauf. So laufen sie auch Gefahr, die sehr hohen Liefer- und Buchungsgebühren zu übersehen.
Entgegen dem Eindruck, den Viagogo mit diesen Methoden vermittelt, kann es für Veranstaltungen noch viele Tickets geben – in der Regel deutlich günstiger. Zudem verstreicht der Countdown im Bestellvorgang mehrmals ohne Folgen. Das zeigt eine Stichprobe von Mitte Januar. Zwei Beispiele:
Fussballspiel FC Luzern - FC Lugano, 16. Februar, Swissporarena: Am 15. Januar sind für das Spiel laut Viagogo nur noch «weniger als 1% der Karten» verfügbar. 18 Bereiche seien «bereits ausverkauft». Nur: Die Ticketplattform konnte zu diesem Zeitpunkt noch gar keine gültigen Billette haben. Der offizielle Vorverkauf für dieses Spiel startete erst am 22. Januar – also eine Woche später. Der FC Luzern versicherte auf Anfrage des K-Tipp, dass vorher keine Tickets erhältlich waren. FCL-Sprecher Markus Krienbühl: «Wir kennen dieses Vorgehen und raten grundsätzlich von Viagogo ab.» Aus gutem Grund: Für zwei Sitzplätze im Sektor B verlangte Viagogo inklusive Gebühren 148 Franken – der Originalpreis beträgt 66 Franken.
Comedy-Show Pasta del Amore, 3. April, Cinema 8 in Schöftland AG: Viagogo vermittelte Mitte Januar den Eindruck, für die Vorstellung des Aargauer Comedy-Duos seien «nur noch 6 Tickets übrig». Zu diesem Zeitpunkt waren bei der offiziellen Vorverkaufsstelle Starticket.ch erst 26 von 219 Plätzen verkauft – 193 waren noch verfügbar. Gemäss Veranstalter gibt es nur eine einzige Kategorie: «Parkett». Diese kostet 31 Franken. Viagogo verkaufte jedoch drei Kategorien: «Saal» (66 Franken), «Parkett» (67 Franken) und «Floor» (97 Franken). Für zwei Tickets der Kategorie «Floor» wollte Viagogo inklusive Gebühren satte 263 Franken – 200 Franken mehr als der Originalpreis.
Rechtsprofessor: «Das ist unlauter»
Der K-Tipp legte die Rechercheresultate Cyrill Rigamonti vor, Professor für Wirtschaftsrecht an der Uni Bern. Er hält fest: «Dieses Vorgehen von Viagogo ist unlauter. Es wird eine zeitliche Dringlichkeit beziehungsweise starke Nachfrage suggeriert, die tatsächlich nicht besteht.»
Viagogo nahm gegen-über dem K-Tipp nicht Stellung.