Das Kantonale Labor Zürich entdeckte bereits 2004, dass ölige Lebensmittel in Gläsern, etwa Pesto, Pastasaucen und Antipasti, Weichmacher enthalten. 98 Prozent der getesteten Produkte überschritten die Grenzwerte – einige bis zum Hundertfachen.
Die gefundenen Weichmacher stammten aus der Dichtung am Innenrand der Schraubdeckel. Sie besteht aus dem Kunststoff Polyvinylchlorid (PVC). Damit PVC elastisch wird und das Glas optimal verschliesst, werden Weichmacher zugesetzt.
Das Problem: Öl löst die gesundheitlich bedenklichen Weichmacher aus dem Deckel. Laut Gesetz dürften total nicht mehr als 60 Milligramm Weichmacher aus dem Deckel in ein Kilogramm Lebensmittel übergehen. Doch seit nun mehr als 10 Jahren werden immer wieder zu hohe Weichmacher-Konzentrationen gemessen. Weichmacher können wie Hormone wirken und die Leber schädigen.
Nach den ersten Funden handelten die Behörden: Sie schützten allerdings nicht die Gesundheit der Konsumenten, sondern die Lebensmittelindustrie: Das Bundesamt für Gesundheit hob kurzerhand den Grenzwert für den Weichmacher Esbo auf. Das angebliche Ziel: den Herstellern Zeit zu geben, ihre Produkte mit gesundheitlich unbedenklichen Deckeln auszustatten. Das Kantonale Labor Zürich stellte jedoch bereits 2013 fest: Der Anteil der Proben mit zu viel Weichmachern sei «noch immer viel zu hoch».
Aldi, Lidl und Coop: Je ein gutes Produkt
Der K-Tipp schickte deshalb die 24 meistverkauften Antipasti im Glas ins Labor und liess die Deckel untersuchen. Getestet wurden in Öl eingelegte Tomaten, Artischocken, Pilze und Peperoni. Diese Produkte sind besonders heikel, weil das Öl leicht mit dem Deckel in Berührung kommt. Die Fachleute analysierten, welche Arten von Weichmachern in der Deckeldichtung steckten, und berechneten deren Menge (siehe «So wurde getestet»).
Das Resultat der Laboruntersuchungen: Nur bei 3 der 24 getesteten Produkte sind die im Deckel gefundenen Weichmacher unbedenklich: bei den «Peperoni grigliati» von Aldi, den «Pomodori essiccati in olio» von Lidl und den «Pomodori secchi» von Coop.
Deckel ohne heikle Stoffe gibts seit 2005
Genügend schnitten die «Tomaten» von Rapunzel ab. Zwar enthielt die Deckeldichtung die Weichmacher Polyadipate. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass diese den Grenzwert überschreiten.
Anders die übrigen Produkte: Das Labor fand bis zu fünf verschiedene Weichmacher. Mit 53 Prozent den höchsten Anteil hatten die «Pomodori secchi» der Firma «Die Käsemacher».
Erstaunlich: Schon 2005 waren unbedenkliche Deckel erhältlich. Doch bis heute haben viele Hersteller nichts geändert.
Die Testresultate des K-Tipp überraschen auch Gregor McCombie vom Kantonalen Labor Zürich: «Ich hätte erwartet, dass mehr Hersteller auf Deckel ohne Weichmacher umgestellt haben.»
Die Migros schreibt, man habe mit der Umstellung auf weichmacherfreie Deckelverschlüsse begonnen. Denner sagt, verschiedene Produkte seien mit weichmacherfreien Deckeln ausgerüstet. Die «Pomodori» von Agrimonti mit Ablaufdatum 28. Februar 2018 oder später hätten keine Weichmacher mehr in den Deckeln.
Die Käsemacher versichern, dass das Produkt die Grenzwerte einhalte.
Coop und Globus schreiben, dass anhand der Deckeldichtung nicht beurteilt werden kann, ob ein Produkt die Grenzwerte einhält. Dazu müsse man die Werte im Lebensmittel bestimmen. Das stimmt. Doch es ist schwierig, die Einhaltung der Grenzwerte zu überprüfen. Denn wie viele Schadstoffe ins Lebensmittel übergehen, hängt davon ab, wie lange es aufbewahrt und wie oft es in dieser Zeit bewegt wird: Je häufiger der Deckel mit dem Lebensmittel in Berührung kommt, desto mehr Weichmacher gehen ins Produkt über.
Weichmacher auch in Bio-Produkten
Lebensmittel wie Konfitüre, Essiggurken und Maiskölbchen enthalten keine Weichmacher – auch wenn sie in ein Glas abgefüllt sind. Die fettlöslichen Weichmacher im Deckel richten keinen Schaden an, da diese Lebensmittel kein oder nur sehr wenig Fett enthalten.
Hat der Deckel einen blauen Dichtungsring, enthält er keine Weichmacher. Es gibt inzwischen auch weisse Dichtungsringe ohne Weichmacher. Diese sind allerdings von Auge kaum von den weissen Dichtungsringen mit Weichmachern zu unterscheiden.
Auch Bio-Produkte können mit Weichmachern belastet sein. Die Richtlinien von Bio Suisse verbieten zwar PVC in Verpackungsmaterial. Allerdings erteilte Bio Suisse Ausnahmebewilligungen für PVC enthaltende Deckel. Folge: Auch ölige Bioprodukte in Gläsern können Weichmacher enthalten. Dies schreibt das Forschungsinstitut für biologischen Landbau in Frick AG im Merkblatt «Schraubdeckel ohne PVC».
Kein Verbot von PVC gilt für Deckeldichtungen von «Migros Bio» und «EU-Bio». Auch diese Produkte können also Weichmacher enthalten.
So wurde getestet
In einem spezialisierten Labor wurden in Öl eingelegte Antipasti geprüft. Alle waren in Gläser mit Schraubdeckel abgefüllt. Die Experten kratzten ein Stück der Deckeldichtung ab. Sie analysierten die Stü-cke auf alle bekannten Weichmacher und quantifizierten deren Gehalt in der Deckeldichtung.