Wenig effizientes Heizsystem
«Heizen war noch nie so effizient»: Dieses Werbeversprechen machen Anbieter von Infrarotheizungen. Nur: Solche Heizsysteme nutzen Strom nicht effizient. Es gibt Alternativen, die viel sparsamer sind.
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Haus & Garten 04/2012
03.11.2012
Letzte Aktualisierung:
05.11.2012
ARMIN BRAUNWALDER
Hersteller und Verkäufer von Infrarotheizungen vergleichen das Prinzip in ihren Homepage-Auftritten mit den wärmenden Strahlen der Sonne oder einem Kachelofen. Zudem soll dieses Heizungssystem auch die Hautdurchblutung fördern, das Immunsystem stärken und entschlackend wirken. Heizen mit Infrarot sei eine «Behandlung fürs Gesundbleiben und fürs Gesundwerden».
Nüchterner sieht es die Konferenz kantonaler Energiefachstellen: Infrarotheiz...
Hersteller und Verkäufer von Infrarotheizungen vergleichen das Prinzip in ihren Homepage-Auftritten mit den wärmenden Strahlen der Sonne oder einem Kachelofen. Zudem soll dieses Heizungssystem auch die Hautdurchblutung fördern, das Immunsystem stärken und entschlackend wirken. Heizen mit Infrarot sei eine «Behandlung fürs Gesundbleiben und fürs Gesundwerden».
Nüchterner sieht es die Konferenz kantonaler Energiefachstellen: Infrarotheizungen seien «reine Elektroheizungen» und ineffizient (siehe Kasten Seite 59). Deshalb wird die Neuinstallation von Infrarotheizungen als «grundsätzlich nicht zulässig» erklärt. Das ist jedoch kein Totalverbot. So können beispielsweise im Kanton Uri einzelne Infrarot-Heizelemente bewilligungsfrei in Betrieb genommen werden – gleich wie mobile Elektroöfen. Ab einer elektrischen Leistung von drei Kilowatt ist dann aber klar: «Eine solche Anlage ist bewilligungspflichtig und wird von uns grundsätzlich nicht mehr erlaubt», schreibt das Urner Amt für Energie.
Wie jede normale Elektroheizung erzeugt eine Infrarotheizung mit einer Kilowattstunde Strom höchstens eine Kilowattstunde Wärme. Effizient ist das nicht. Wärmepumpen nutzen Umweltwärme (Luft, Erdreich, Grundwasser) und erzeugen mit einer Kilowattstunde Strom je nach Effizienz des Heizsystems drei bis fünf Kilowattstunden Raumwärme – also drei- bis fünfmal so viel wie eine Infrarotheizung.
Effekt vergleichbar mit Cheminéefeuer
Infrarotheizungen erwärmen mit dem verheizten Strom nicht wie andere Heizungen die Raumluft, sondern in erster Linie menschliche Körper, Mobiliar, Wände und Böden, die sich im Strahlungsbereich eines Infrarot-Heizelements befinden.
Was die Wärmequalität betrifft, weist Experte Jürg Nipkow von der Schweizerischen Agentur für Energieeffizienz (Safe) auf eine Schwäche hin: «Der Wärmekomfort beschränkt sich primär auf jene Umgebung, die im direkten Strahlungsbereich liegt.» Man müsse sich also vor allem dort aufhalten – oder mehr Strahler und damit viel mehr Strom einsetzen. «An Stellen, die von der Strahlung abgeschirmt sind, ist das Raumklima weniger komfortabel, vor allem bei längerem Aufenthalt ohne Bewegung», erklärt Nipkow. Vergleichbar ist dieser Effekt mit einem Cheminéefeuer: Sitzt man direkt davor, verspürt man die angenehme Wärmestrahlung – entfernt man sich, wird es kühler.
Bei den Produzenten von Infrarotheizungen heisst es, man biete zunehmend auch Gesamtlösungen mit Photovoltaik an. Die Kombination einer «hocheffizienten Infrarotheizung», die mit Solarstrom vom Hausdach gespeist wird, entspreche «aus ökologischer und ökonomischer Sicht der idealen Lösung».
Doch ökologisch ist das alles andere als ideal: Um gleich viel Raumwärme zu erzeugen wie eine durchschnittlich effiziente Wärmepumpe, benötigt eine Infrarotheizung dreimal so viel Photovoltaik-Fläche. Die dafür geeigneten Dachflächen sind jedoch begrenzt. Sie müssen deshalb so effizient wie möglich genutzt werden.
Hinzu kommt ein saisonales Problem: Eine Photovoltaikanlage erreicht in der winterlichen Heizperiode naturbedingt ihr Produktionsminimum – ausgerechnet dann, wenn Infrarotheizungen den höchsten Leistungsbedarf haben. Mit dem Solarstrom vom Dach lässt sich dieser Bedarf nicht zeitgleich decken. Aus diesem Grund muss der benötigte Strom in der Heizperiode weitestgehend aus dem allgemeinen Netz bezogen werden.
Höhere Stromkosten als andere Heizsysteme
Höchst fraglich ist auch, wie ideal Infrarotheizungen aus ökonomischer Sicht sind. Die Investitionskosten für andere Heizsysteme liegen zwar unbestrittenermassen deutlich höher. Mitentscheidend für die Gesamtkosten sind aber auch die Betriebskosten über 20 bis 25 Jahre. Safe-Experte Jürg Nipkow sagt: «Wärmepumpenheizungen erreichen dank der drei- bis viermal besseren Effizienz viel tiefere Energiekosten. Und gemessen an den Brennstoffkosten für Heizöl, Erdgas oder Pellets ist der Strom für eine Infrarotheizung pro Kilowattstunde zwei- bis dreimal so teuer.»
Effizient heizen mit Strom?
Ein aktueller Ratgeber der Konferenz kantonaler Energiefachstellen und des Programms Energie Schweiz kommt zum Schluss, dass nur Wärmepumpen Elektrizität mit der nötigen Effizienz in Heizwärme umwandeln. Zu den gesetzlichen Regelungen hält der Ratgeber fest: «Die kantonalen Energiegesetze sehen in der Regel ein Verbot neuer Elektroheizungen – und damit auch von Infrarotheizungen – vor, sowohl in Neubauten wie in bestehenden Bauten.» Zu finden unter www.energieschweiz.ch.