Postfinance-Kunden, die ihre Zahlungen mit E-Finance erledigen, müssen bis zum 12. Oktober 2014 die neuen Geschäftsbedingungen akzeptieren. Ultimativ heisst es auf der Internetseite: «Um E-Finance zukünftig nutzen zu können, müssen Sie diese Bedingungen akzeptieren.»
Wer die neuen Bestimmungen genau liest, erlebt eine böse Überraschung: Die Post will die elektronischen Daten der Kunden aus dem Zahlungsverkehr analysieren und kommerziell ausnutzen – durch die Einblendung entsprechender Werbung. Händler können Postfinance-Kunden so künftig personalisierte Angebote machen. Dafür kassiert die Postfinance – wie viel, sagt sie nicht.
Datenanalyse soll schon im Spätherbst 2014 beginnen
Mit der Bearbeitung der Zahlungsdaten und dem faktischen Zwang, diese neuen Teilnahmebedingungen zu akzeptieren, bewegt sich die Postfinance rechtlich am Rand der Legalität. Stephan Fuhrer, Rechtsprofessor an der Universität Freiburg, sagt dazu: «Die Datenanalyse ist nur zulässig, wenn der Betroffene nicht widerspricht und die Daten nicht an Dritte weitergeleitet werden.»
Das Problem: Laut Postfinance-Sprecher Johannes Möri beginnt das Unternehmen mit der Analyse des Zahlungsverkehrs voraussichtlich bereits ab Spätherbst 2014 – ohne jede Einwilligung der Kundschaft. Einen Widerspruch will die Postfinance erst im kommenden Frühjahr berücksichtigen, wenn das neue Portal aufgeschaltet wird. Für Fuhrer ist dies problematisch, denn gemäss Datenschutzgesetz könne der Kunde der Datenbearbeitung «jederzeit widersprechen».
Der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte Hanspeter Thür ist über die neuen Geschäftsbedingungen von Postfinance informiert und prüft allfällige Schritte.
«Einseitige Vertragsänderungen sind unlauter»
Die Post bleibt hart. Sprecher Möri sagt klipp und klar: «Kunden, welche die neuen Teilnahmebedingungen nicht akzeptieren, werden E-Finance ab dem 12. Oktober 2014 nicht mehr nutzen können.» Er verweist auf das Kleingedruckte von Postfinance. Dort steht, dass Kunden die Änderung nur durch eine Kündigung des E-Finance-Dienstes ablehnen können. Und dort steht auch, dass Postfinance diese Bedingungen jederzeit ändern kann. Die Änderungen gelten als genehmigt, wenn der Kunde nicht innert Monatsfrist das Vertragsverhältnis kündigt.
Stephan Fuhrer findet es «hochproblematisch», wenn in den Geschäftsbedingungen steht, die Postfinance könne diese jederzeit einseitig ändern. Das sei «nicht nur ungewöhnlich, sondern auch unlauter und dürfte vor Gericht kaum standhalten».
Grund: Eine Klausel in einem Vertrag, nach der eine Partei die Bedingungen jederzeit ändern kann, ist unzulässig. Die andere Partei muss diese Änderung ablehnen können. Mit dem Resultat, dass der bisherige Vertrag weiterhin gilt, bis eine der Parteien kündigt.
Das bedeutet für Post-Kunden: E-Finance-Benutzer können schriftlich ihr Nichteinverständnis mit den neuen Bedingungen von E-Finance erklären, ohne dass sie ihr Post-Konto kündigen müssen. Anderslautende Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind ungültig.
Postfinance sagt dazu lediglich, sie könne keine individuellen Geschäftsbedingungen vereinbaren. Jeder Kunde, der die Änderungen nicht akzeptieren wolle, könne «auf die klassische Kontoführung wechseln».
Ultimatum
- Teilen Sie Postfinance per Einschreiben mit, dass Sie mit den neuen Geschäftsbedingungen von E-Finance nicht einverstanden sind. Es gelten dann weiterhin die alten Regelungen. Musterbrief
- Postfinance kann nicht verlangen, dass Sie Ihr Konto kündigen. Sie kann höchstens von sich aus kündigen.
- Falls Postfinance Ihnen ab dem 12. Oktober 2014 den Zugriff auf E-Finance verweigert, wenden Sie sich an die saldo-Rechtsberatung.
Forum: Finden Sie das Vorgehen der Postfinance bei der Änderung von Geschäftsbedingungen in Ordnung?
Schreiben Sie an:
saldo,
Postfach 723,
8024 Zürich,
redaktion@saldo.ch. Oder diskutieren Sie im Internet unter www.saldo.ch.