«Wie Geiselhaft»
Eine Treuhänderin schloss einen Werbevertrag, kündigte ihn sofort - und hätte dafür eine hohe Strafgebühr zahlen sollen. Doch sie kam mit einem blauen Auge davon.
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K-Tipp 9/2006
01.05.2006
Ernst Meierhofer - ernst.meierhofer@ktipp.ch
Das Geschäft der Firma Promobil läuft unter dem Stichwort «Sozialmobil»: Sie stellt Vereinen, Heimen, Institutionen und Gemeinden gratis ein Fahrzeug zur Verfügung und ?nanziert es mit Werbung. Dazu geht Promobil die Gewerbler der Region an und verkauft ihnen Werbefläche auf dem betreffenden Fahrzeug.
Für die Empfänger des kostenlosen Fahrzeuges ist das meist eine gute Sache. Für die Gewerbler weniger, denn die Werbung ist teuer (Promobil will ja daran auch verdienen), de...
Das Geschäft der Firma Promobil läuft unter dem Stichwort «Sozialmobil»: Sie stellt Vereinen, Heimen, Institutionen und Gemeinden gratis ein Fahrzeug zur Verfügung und ?nanziert es mit Werbung. Dazu geht Promobil die Gewerbler der Region an und verkauft ihnen Werbefläche auf dem betreffenden Fahrzeug.
Für die Empfänger des kostenlosen Fahrzeuges ist das meist eine gute Sache. Für die Gewerbler weniger, denn die Werbung ist teuer (Promobil will ja daran auch verdienen), der Werbeeffekt unsicher - und die Firma Promobil Werbung GmbH ein äusserst unangenehmer Vertragspartner.
Das musste eine Treuhänderin aus dem Kanton Schwyz erfahren. Sie liess sich von einem Promobil-Vertreter, der ohne Voranmeldung plötzlich bei ihr im Büro aufgetaucht war, zu einem Werbevertrag überreden. Für insgesamt 5190 Franken buchte sie für fünf Jahre ein Werbefeld.
Promobil: Vor Gericht schnell eingelenkt
Schon zwei Arbeitstage später bereute sie diesen Schritt und kündigte den Vertrag. In den allgemeinen Geschäftsbedingungen steht, in solchen Fällen habe Promobil das Recht, «die vereinbarte Vergütung» zu verlangen, abzüglich die eingesparten Aufwendungen. Gestützt darauf verlangte die Promobil von der Treuhänderin noch happige 5020 Franken.
«Solche Bestimmungen sind wie Geiselhaft», sagt der Zürcher Rechtsanwalt Matthias Erne, der die Treuhänderin in der Folge vertrat. «Der Gewerbler kann sich nur aus dem Vertrag lösen, wenn er fast den vollen Preis bezahlt. Die Promobil hingegen hat bei einer vorzeitigen Kündigung fast keinen Aufwand, erhält aber trotzdem ihren Gewinn.»
Immerhin: Der Richter kann solche Konventionalstrafen herabsetzen, falls es dafür Argumente gibt. Und die gibt es im konkreten Fall durchaus. Denn die Promobil hatte in der kurzen Zeit zwischen Vertragsunterzeichnung und Rücktritt keinerlei Arbeiten durchgeführt, keine Kosten gehabt, und das Fahrzeug war noch nicht gekauft worden.
Vor Gericht lenkte die Promobil denn auch sofort ein und begnügte sich mit einer Entschädigung von 800 Franken. «Hoffentlich wehren sich andere Betroffene auch», sagt die Treuhänderin.
Chef der Promobil ist Beat Jäger; er betreibt auch die PMS GmbH und die Fortuna AG, die beide in der gleichen Branche tätig sind. Jägers Methoden waren schon mehrfach Anlass für Kritik im K-Tipp. Er sagt, die Geschäftsbedingungen seien inzwischen geändert worden. Jetzt ist er bei vorzeitiger Kündigung noch «berechtigt, eine Vergütung zu verlangen».
Gemeinde Richterswil distanziert sich
Übrigens: Das Fahrzeug, auf dem das Werbebanner der Treuhänderin platziert worden wäre, ist ein Anhänger des Bauamtes der Gemeinde Richterswil ZH. «Es macht keinen guten Eindruck, wenn sich eine Gemeinde mit solchen Geschäftemachern einlässt», ist die Frau überzeugt.
Bei der Gemeinde Richterswil heisst es dazu, man würde diesen Vertrag heute nicht mehr abschliessen.