Die besten Chardonnays sind nur «befriedigend»
Die weisse Chardonnay-Rebe stammt aus dem Burgund – und gehört längst zu den weltweit beliebtesten Sorten. Dass ihr dies nicht immer gut bekommt, zeigt die Blinddegustation. Kein Wein erhielt ein «gut».
Inhalt
K-Tipp 03/2012
04.02.2012
Letzte Aktualisierung:
08.10.2019
ezw/arb
Der Chardonnay, der in seiner Heimat Burgund auf kargen Kalkböden teils grossartige Weissweine hervorbringt, wurde in den 1980er-Jahren zur Modesorte schlechthin. Seither wird die Rebe überall auf der Welt angebaut. Grund: Der Chardonnay ist relativ einfach zu kultivieren und bringt reichlich Ertrag, wie Weinspezialistin Jancis Robinson in ihrem Rebsortenbuch schreibt. Und weiter: «Es ist ziemlich schwierig, wenn auch nicht unmöglich, aus ihm einen schlechten We...
Der Chardonnay, der in seiner Heimat Burgund auf kargen Kalkböden teils grossartige Weissweine hervorbringt, wurde in den 1980er-Jahren zur Modesorte schlechthin. Seither wird die Rebe überall auf der Welt angebaut. Grund: Der Chardonnay ist relativ einfach zu kultivieren und bringt reichlich Ertrag, wie Weinspezialistin Jancis Robinson in ihrem Rebsortenbuch schreibt. Und weiter: «Es ist ziemlich schwierig, wenn auch nicht unmöglich, aus ihm einen schlechten Wein zu machen.» Dass es sehr wohl möglich ist, zumindest keinen guten Wein zu machen, beweist die K-Tipp-Degustation von zwölf Chardonnays aus aller Welt, gekauft bei Grossverteilern zu Preisen von Fr. 4.79 bis 18.90.
Kein Wein mit zu starken Holznoten
Reichhaltiger Körper, dezentes Aroma und die Fähigkeit, seine geografische Herkunft zu widerspiegeln – das sind einige der Vorzüge eines gelungenen Chardonnays. Bei ungünstigen Bedingungen kann er allerdings auch dünne Weine oder – falls im Keller unprofessionell gearbeitet wurde – überholzte, von Vanillenoten geprägte Schwergewichte hervorbringen.
Immerhin fiel bei der Degustation keiner der Weine durch unangenehme Holznoten aus dem Rahmen. Trotzdem war das Resultat der Degustation ausgesprochen ernüchternd: Kein einziger Wein erreichte im Gesamturteil 14 Punkte (von maximal 20) und damit die Bewertung «gut».
Noch am ehesten überzeugte der aus Australien stammende Tagessieger: Der Moore’s Creek 2009 von Denner für Fr. 8.95 war einer der wenigen Weine, die zumindest eine gewisse Fülle und Struktur boten.
Die degustierten Weine präsentierten sich auffallend charakterlos. Keiner konnte von der Jury blind seinem Herkunftsland zugeordnet werden (siehe auch Tabelle). Die meisten Trauben schienen zu früh geerntet worden zu sein, was die unreifen, grünlichen Noten erklärt sowie die teils intensiven Zitrusaromen, die man eher bei einem Sauvignon blanc erwartet. Gemeinsam war vielen Weinen auch eine aggressive Säure. Fazit: der Chardonnay als Opfer seines Erfolgs.
Die Jury erinnert sich deshalb lieber an den Schweizer Chardonnay, der im September in der Degustation mit 16 Punkten «sehr gut» abgeschnitten hatte (Ausgabe 15/11). Es handelte sich um den Walliser Chardonnay 2010 von Orsat (Fr. 7.99 bei Aldi). Es dürfte sich lohnen, auf den neuen Jahrgang zu warten.
Nächste Degustation:
Pinot noir
Degustatoren:
Claudio De Giorgi, Gstaad, Sommelier
Stéphane Meier, Genf, zweifacher Gewinner
des Prix du Beau-Rivage
Jean Solis, Lausanne, zweifacher Schweizer Meister im Weindegustieren
Pierre Thomas, Lausanne, Weinjournalist
Eva Zwahlen, Oberrieden, Weinjournalistin