Ein süffiger Spanier für knapp vier Franken
Eine Fach-Jury hat zwölf spanische Tempranillo-Weine degustiert. Dabei überzeugten auch zwei günstige Weine aus dem Supermarkt.
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K-Tipp 07/2011
03.04.2011
Letzte Aktualisierung:
08.10.2019
Pierre Thomas, jub
Die rote Tempranillo-Traube zählt zu den bedeutendsten Rebsorten Spaniens. Der Wein gilt als säurearm und ausdrucksvoll und hat einen duftig-fruchtbetonten Charakter. Die Vielfalt unterschiedlicher Geschmacksnuancen kommt besonders gut zur Geltung nach einer langen Reife im Eichenholz-Fass.
Fünf Weinexperten (siehe unten) aus der deutschen und aus der Westschweiz degustierten zwölf Tempranillo-Weine (ohne Rioja) aus dem Supermarkt. Die Preise beweg...
Die rote Tempranillo-Traube zählt zu den bedeutendsten Rebsorten Spaniens. Der Wein gilt als säurearm und ausdrucksvoll und hat einen duftig-fruchtbetonten Charakter. Die Vielfalt unterschiedlicher Geschmacksnuancen kommt besonders gut zur Geltung nach einer langen Reife im Eichenholz-Fass.
Fünf Weinexperten (siehe unten) aus der deutschen und aus der Westschweiz degustierten zwölf Tempranillo-Weine (ohne Rioja) aus dem Supermarkt. Die Preise bewegten sich zwischen Fr. 3.99 und Fr. 16.90 pro Flasche.
Zwei gute Weine unter 10 Franken
Was auffällt: Obwohl alle Weine aus derselben Rebsorte gekeltert sind, unterscheiden sie sich in Charakter und Geschmack sehr stark voneinander. Und: Einmal mehr hat sich bei der Degustation gezeigt, dass auch günstige Weine viel Genuss bereiten können.
Insgesamt bewerteten die Experten vier Weine mit 14 und mehr Punkten, was dem Gesamturteil «gut» entspricht (siehe Tabelle im pdf-Artikel).
Erfreulich: Unter den vier bestklassierten finden sich zwei Weine für weniger als 10 Franken: der Gran Reserva Barón del Cega von Lidl (15,5 Punkte) für Fr. 7.79 und der Tempranillo Mezquiriz (14 Punkte), ebenfalls von Lidl, für Fr. 3.99.
Dabei erhielten die beiden günstigen Lidl-Weine jeweils gleich viele Punkte wie zwei wesentlich teurere Konkurrenten: 15,5 Punkte gabs auch für den Finca Sobreño Crianza von Denner (Fr. 13.90), 14 für den Museum Real Reserva von Manor (Fr. 16.50).
Laut Fach-Jury lässt sich bei den vier erstklassierten Weinen sehr gut erkennen, wie stark die Reife im Fass (Ausbau) den Charakter eines Weins prägen kann. Nach alter Tradition bleibt ein Tempranillo-Wein sehr lange in den Fässern, be-vor er in Flaschen abgefüllt wird.
Ein typischer Vertreter dieser «alten Schule» ist der Gran Reserva Barón del Cega. Er reift mindestens fünf Jahre im Fass, 18 Monate davon in kleinen Fässern bis 330 Liter (Barriques). Dieser lange Ausbau verleiht ihm eine Vielfalt an Geschmacksnuancen mit charakteristischen Holz-Noten.
Im Gegensatz dazu stehen die eher jugendlich-fruchtigen Weine, die nur für kurze Zeit (6 bis 24 Monate) in Barriques lagern. Einer dieser «modernen» Weine ist der Finca Sobreño Crianza. Ob traditionell oder modern: Beide Ausbaumethoden haben ihre Berechtigung. Letztlich bleibt es Geschmacksache, welche Weine man bevorzugt.
Schlechte Korken: Ein häufiges Übel
Acht der zwölf Weine erhielten das Gesamturteil «befriedigend». Wobei die Wein-Jury die sechs vorne klassierten Weine deutlich besser bewertete als die nachfolgenden. Ärgerlich für Konsumenten:
Bei der Hälfte aller Weine musste für die Degustation eine zweite Flasche geöffnet werden, weil die Weine unsaubere oder gar schimmlige Geschmacksnoten aufwiesen. Als Ursache vermutete die Wein-Jury schlechte Fass- oder Korkqualität.
Andere Weine am Ende der Skala, wie der Suarenas und der Tardencuba, leiden nach Ansicht der Jury unter einem schlechten Fassausbau. Der erste wird kurz (6 Monate) im Eichenfass ausgebaut, der zweite 15 Monate lang in Barriques. Beide Weine wurden von einem Jurymitglied als «kitschig» bewertet.
- Claudio de Giorgi, Gstaad, Sommelier
- Jean Solis, Lausanne, zweifacher Schweizer Meister im Weindegustieren
- Stéphane Meier, Genf, Mitgewinner des Concours du Beau-Rivage 2010
- Pierre Thomas, Lausanne, Weinjournalist, www.thomasvino.ch
- Eva Zwahlen, Oberrieden, Weinjournalistin
- Nächste Degustation: Montepulciano d’Abruzzo