Acht Regenjacken sind nicht dicht
Nur drei von elf Allwetterjacken unter 200 Franken schützen gegen Nässe sehr gut. Die beste Jacke konnte mit einem teuren Goretex- Produkt mithalten.
Inhalt
K-Tipp 7/2003
09.04.2003
Rolf Muntwyler - rom@ktipp.ch
Wasserdicht, winddicht und doch schweissdurchlässig sein: Dieses Kunststück müssen Outdoor-Jacken beherrschen. Ein wasserdichtes Modell aus Goretex-Material der Marken North Face, Mammut und Jack Wolfskin kostet schnell einmal 400 Franken - je nach Modell auch das Doppelte.
Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe anderer Textilien, die ebenfalls mit einer wasserdichten Membran beschichtet sind und den Schweiss nach aussen befördern. Diese Stoffe - zum Beispiel Rukka-Tex, Raintex...
Wasserdicht, winddicht und doch schweissdurchlässig sein: Dieses Kunststück müssen Outdoor-Jacken beherrschen. Ein wasserdichtes Modell aus Goretex-Material der Marken North Face, Mammut und Jack Wolfskin kostet schnell einmal 400 Franken - je nach Modell auch das Doppelte.
Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe anderer Textilien, die ebenfalls mit einer wasserdichten Membran beschichtet sind und den Schweiss nach aussen befördern. Diese Stoffe - zum Beispiel Rukka-Tex, Raintex, Clima-Fit - sind in Allwetterjacken verarbeitet, die deutlich günstiger sind als Modelle aus Goretex. Und alle sollen laut Werbung wasserdicht sein.
Können sie dieses Versprechen einlösen? Schützen sie zuverlässig vor Wind und Wasser? Geben sie den Dampf nach aussen ab, wenn man schwitzt? Können sie etwa gar eine teure Outdoor-Jacke ersetzen?
Der K-Tipp hat zwölf Jacken gekauft, um zu prüfen, ob sie wasser-, winddicht und atmungsaktiv sind. Zusätzlich hat das deutsche Ipi-Labor für Produktforschung und Information in einem Praxistest den Tragekomfort geprüft.
Die ausgewählten Jacken stammen aus Modehäusern, Sportgeschäften und von Grossverteilern. Elf Jacken haben weniger als 200 Franken gekostet. Die zwölfte - Salewa Montblanc - ist mit 299 Franken eine der günstigsten Goretex-Jacken und durchlief den Test als Referenzmodell. Sie dient als Vergleich für die anderen Modelle.
Salewa Montblanc erfüllte die Erwartungen denn auch weitgehend: Sie erreichte bei Wasserdichtigkeit, Atmungsaktivität und bei der wasserabweisenden Beschichtung das Punktemaximum. Wären da nicht die mangelnde Lichtechtheit und der nur durchschnittliche Tragekomfort gewesen, hätte die Goretex-Jacke die billigeren Produkte klar überflügelt.
Beim wichtigsten Testkriterium, der Wasserdichtigkeit, widerstanden neben dem Goretex-Modell nur zwei weitere dem Wasserdruck von 2000 Millimetern (mm). Alle anderen unterschritten an einer oder mehreren der getesteten Stellen den Wert von 1300 mm und verdienen die Bezeichnung «wasserdicht» gar nicht. Sogar Testsieger Jeantex leckte in einem der zehn Testdurchgänge bei einer Naht.
Die Nahtstellen offenbarten sich generell als der grosse Schwachpunkt: Mit Ausnahme von Salewa Montblanc, Rukka und K-Way sind alle weiteren Jacken in diesem Punkt verbesserungsfähig.
Testsieger wurde Jeantex, eingekauft bei Globus. Sie war zwar nicht absolut wasserdicht, hat aber bei der Atmungsaktivität brilliert. In diesem Testkriterium kam Jeantex - zusammen mit Lafuma - dem Top-Resultat der Gortex-Jacke Salewa am nächsten.
Preiswert ist die Jacke von Rukka. Neben dem makellosen Ergebnis bei der Wasserdichtigkeit erreichte sie auch bei der Atmungsaktivität einen guten Wert. Die Schwachpunkte: Lichtechtheit und wasserabweisende Eigenschaften.
Drei Jacken sind keine idealen Begleiter bei Regenwetter. Bei Angelo Litrico, K-Tec und Nike waren nämlich nicht nur die Nähte, sondern auch der Stoff selber wasserdurchlässig.
- Die Nike-Jacke erwies sich als komplett undicht. Nike schreibt dem K-Tipp als Reaktion auf die Testergebnisse, die Jacke werde nicht als wasserdicht, sondern nur als wasserabweisend verkauft. Sie biete bloss Schutz gegen leichte Schauer. Die eingenähte Etikette verspricht denn auch lediglich, dass das Material Wind und Regen widerstehe («resists rain and wind»).
Dicht mit 1300-mm-Wassersäule müssen nur Jacken sein, die mit «waterproof» oder «wasserdicht» bezeichnet sind. Der Test zeigte aber, dass das Nike-Produkt auch den Wert von 1000 mm bei weitem verfehlt, den sie nach Angaben von Nike erreichen sollte.
- Den Namen Allwetter- oder Regenjacke nicht verdient hat K-Tec Cedric aus der Sportkette Athleticum.
Weshalb dieses Modell dermassen schlechte Werte erreichte, kann sich Daniel Müller, Chef Einkauf von Athleticum, auch nicht erklären.
- Die C&A-Herrenjacke Angelo Litrico genügt den Anforderungen an eine Regenjacke nicht.
C&A ist ob des Testresultats bestürzt und legte dem K-Tipp eine Bescheinigung des Lieferanten aus Asien vor, dass die Jacke bei der Wasserdurchlässigkeit 2000 mm übersteige. «Wir werden die Jacken sofort überprüfen lassen», schrieb der Marketing-Verantwortliche Peter Gadient. «Sollte sich das Resultat bestätigen, wird das für die zukünftige Materialwahl Konsequenzen haben.»
Auf den ersten Blick erstaunt, dass ausgerechnet die drei Jacken, die nicht wasserdicht sind, bei der Atmungsaktivität mit Bestnoten abschneiden. Doch weil die Jacken Regen leicht durchlassen, kann auch Wasserdampf problemlos durch das Gewebe nach aussen dringen.
Im Praxistest liegen die Jacken recht nahe beieinander. Dank geschützter Reissverschlüsse, abnehmbarer Kapuze und gut platzierter Aussentaschen erhielt die Damenjacke Colonial outdoor beim Testkriterium Tragekomfort die besten Noten.
Die Testpersonen bemängelten, dass bei der K-Tec-Jacke der Kragenreissverschluss verklemmt, die Reissverschlüsse der Lafuma schlecht laufen und dass es schwierig sei, die Kapuze des Angelo-Litrico-Modells einzupacken.
So wurden die Regenjacken im Labor und in der Praxis getestet
Im K-Tipp-Test mussten sich elf günstige Regenjacken im Labor und in der Praxis bewähren.
- Winddicht: Jacken wurden im Originalzustand und nach fünfmal Waschen geprüft.
- Wasserdicht: Jede Jacke wurde eingespannt und mit zunehmendem Wasserdruck belastet. Ist die Wassersäule mit 1300 Millimeter Wasser gefüllt und hält der Stoff dem Wasserdruck stand, gilt er laut Iso-Norm als wasserdicht. Erreichte das Wasser die Höhe von 2000 mm, erhielt ein Prüfling 100 Punkte; drang das Wasser früher durch, entsprechend weniger. Das Gewebe wurde an fünf verschiedenen Stellen getestet, zusätzlich fünfmal an den heiklen Nahtstellen.
- Atmungsaktiv: Um die Schweissdurchlässigkeit zu messen, kam die Jacke auf eine heizbare Platte, die mit «Schwitzdüsen» übersät ist. Aus diesen Düsen kommt Wasserdampf. Die Tester massen, wie viel Dampf durch die Membran dringt. Daraus ergibt sich der so genannte Ret-Wert, mit dem die Atmungsaktivität von Textilien verglichen wird. Je geringer der Wert, desto schweissdurchlässiger ist die Jacke.
- Wasserabweisend: In dieser Prüfung besprüht man die Jacken mit Wasser. Abweisendes Material lässt Wassertropfen abperlen.
- Lichtecht: Die Textilien wurden mit einer Lampe beleuchtet, die Sonnenlicht imitiert. Begann die Jacke ihre Farbe zu verändern, war der Test beendet.
- Praxistest: Schs Testpersonen prüften, ob sich die Jacken für den täglichen Gebrauch eignen. Die Probanden beantworteten Fragen wie zum Beispiel:
- Bleibt man beim Ein- und Ausziehen nicht an Futter oder Kordeln hängen?
- Läuft der Reissverschluss leicht? Wird kein Stoff eingeklemmt?
- Dreht die Kapuze mit dem Kopf mit? Lässt sie sich abnehmen und im Kragen verstauen?
- Sind die Aussentaschen gut platziert? Haben sie einen Reissverschluss? Schützen sie durch eine Blende vor Regen?
(rom)
Wichtige Details beim Jackenkauf
Regenjacken unterscheiden sich in unzähligen Details und Extras, die aber für die Wahl entscheidend sein können.
- Die Bezeichnungen water-resistant, wasserabstossend oder water-repellent bedeuten nicht, dass eine Jacke wasserdicht ist.
- Unter der Jacke muss Platz für einen Pulli sein.
- Reissverschlüsse: Der Front-Reissverschluss muss mit einer Blende überdeckt sein, am besten von beiden Seiten. Ideal: Durch Klettverschlüsse oder Druckknöpfe fixierbare Blenden.
- Abgedeckte Reissverschlüsse bei Taschen verhindern, dass Wasser eindringt.
- Zweiweg-Reissverschlüsse ermöglichen zusätzliche Beinfreiheit beim Velofahren und bei Aufstiegen.
- Nähte: Kontrollieren, ob auf der Innenseite alle Nähte abgedichtet sind. Am besten ist eine Jacke ohne Schulternähte - vor allem für Rucksackträger.
- Belüftungsschlitze unter den Armen: Zu empfehlen, wenn man stark schwitzt.
- Die Kapuze muss gross genug sein und gut sitzen. Starre Kapuzen sind lästig und im Verkehr gefährlich.
- Wer einen Rucksack mit Hüftgurt trägt, braucht hoch genug platzierte Taschen.
- Der Kragen muss bis oben verschliessbar sein.
- Reissverschluss am Kragen muss abgedeckt sein und darf nicht scheuern.
- Kragen und Ärmelbündchen: Material darf kein Wasser ziehen.
- Ärmelbündchen: Klettverschluss zum Verstellen.
- Gummizüge sollte man einhändig bedienen können.