Verbände, Behörden, Hersteller und Händler warnen seit Jahren: Auch wenn äusserlich keine Schäden feststellbar seien, würden Velohelme mit der Zeit weniger schützen. Sonneneinstrahlung, Schweiss und Witterung würden dazu führen, dass das im Helm verwendete Styropor porös werde. Damit lasse seine Dämpfungseigenschaft nach. Der Helm müsse deshalb nach drei bis fünf Jahren ersetzt werden.
Doch stimmt das tatsächlich? Der K-Tipp schickte alte, gebrauchte Helme ins Labor. Dort wurden alle Produkte auf die Stossdämpfung hin geprüft. Sie ist für den Schutz vor Kopfverletzungen entscheidend. Im Labor wurde jeder Helm mit Stössen an mehreren Stellen geprüft (siehe Unten «So wurde getestet).
«Mindestnorm von allen Helmen erfüllt»
Das Resultat: Die Schutzwirkung der Velohelme lässt auch nach längerer Zeit nicht nach. Nicht einmal beim Scatto-Modell des italienischen Herstellers Met, das an einer Werbeveranstaltung vor 21 Jahren verbilligt verkauft wurde. Die Tester stellen in ihrem Fazit fest: «Ein signifikantes Nachlassen der Schutzwirkung ist bei der üblichen Bauweise von Velohelmen nicht feststellbar. Die Mindestanforderung der Norm wurde von allen im Test befindlichen Helmen erfüllt.»
Bemerkenswert: Beim Helm Echelon der Marke Specialized schnitt das acht Jahre alte Modell leicht besser ab als das aktuelle Nachfolgemodell Echelon II. Auch die zwei andern neuen Modelle erreichten im Test zum Teil schlechtere Messwerte als alte Helme.
Das Labor untersuchte zudem, ob die Kinnriemen bei alten Helmen noch immer reissfest sind. Auch hier gab es grundsätzlich keine Probleme. Ausnahme: Bei zwei alten Modellen brachen die Gurtschlösser bei einer ruckartigen Zugbelastung. Bei einem dieser beiden Helme war das Gurtschloss schon vor dem Test fehlerhaft. Das hätte der Benutzer selbst bemerkt.
Suva hält an ihrer Empfehlung fest
Der US-Hersteller Bell wollte die Testergebnisse nicht kommentieren. Er empfiehlt einen Helmwechsel bereits nach drei Jahren Gebrauch. Die italienische Firma Met gibt zu, auch schon acht Jahre alte Helme aus dem eigenen Lager getestet zu haben. Sie hätten keine schlechtere Schutzwirkung gezeigt.
Die Suva rät, den Helm «nach etwa fünf Jahren» zu ersetzen. Auch nach dem K-Tipp-Testresultat hält sie an dieser Empfehlung fest. Man habe sich dabei «auf die Angaben der Helmlieferanten abgestützt». Die Beratungsstelle für Unfallverhütung hält fest, aufgrund des K-Tipp-Tests sehe man «keinen Mehrwert für die Sicherheit».
Fakt ist: Eine letztes Jahr im «Journal of Biomechanical Engineering» publizierte US-Studie bestätigt die K-Tipp-Testergebnisse: Die Dämpfungseigenschaften des bei Velohelmen verwendeten Styropors lassen auch nach längerer Zeit nicht nach.
Gute aktuelle Modelle
Im jüngsten ADAC-Test schnitten folgende Velohelmmodelle gut ab: Casco Activ 2 (Fr. 99.90, Shop.m-way.ch), Lazer Beam Helm Mips (Fr. 75.10, Bikester.ch), Alpina Mythos 3.0 (Fr. 95.90, Bikester.ch), Bell Annex Mips Helmet (Fr. 109.–, Bikester.ch) und Uvex City E Helmet (Fr. 62.90, Bikester.ch).
Die Beratungsstelle für Unfallverhütung hat ein Merkblatt zum richtigen Tragen von Velohelmen zusammengestellt. Download unter www.ktipp.ch/eW69dd.
So wurde getestet
Der K-Tipp schickte 16 gebrauchte, mehrere Jahre alte Velohelme für Erwachsene und Kinder ins Labor. Zum Vergleich mitgetestet wurden zusätzlich ein extrem stark benutzter, zwei Jahre alter Helm sowie drei neu gekaufte Helme. Der älteste Helm war 21 Jahre alt. Die Prüfpunkte:
Stossdämpfung: In Anlehnung an die Norm DIN EN 1078 setzten die Experten den Helm auf einen Prüfkopf. Diesen liessen sie aus 1,5 m Höhe auf einen flachen und aus 1,1 m auf einen kantigen Stahlsockel fallen – von der Ober- und Unterseite sowie seitlich. Ein Sensor mass beim Aufprall, wie stark die Belastung für den Kopf war.
Festigkeit der Trageeinrichtung: Die Tester prüften die Reissfestigkeit von Riemen und Verschlüssen. Dabei wurde der Kinnriemen ruckartig nach unten gezogen.