Bei zwei Bällen war die Luft schnell raus
Europass für 170 Franken – knapp vor dem Nike-Uefa-Cup-Ball. Doch auch für 65 Franken gibt es einen Ball, der was aushält.
Inhalt
K-Tipp 04/2008
25.02.2008
Beat Camenzind
Scheidet die Schweizer Nationalmannschaft an der Europameisterschaft bereits nach der Vorrunde aus, beginnt das Suchen nach den Gründen. Ist die Equipe zu wenig engagiert ans Werk gegangen? Oder stand die falsche Elf auf dem Platz? Eines ist aber schon jetzt sicher: Der Ball wird nicht schuld sein.
Am offiziellen EM-Ball gibt es kaum etwas auszusetzen. Das zeigt der Test von K-Tipp und Kassensturz. Zehn Bälle – bekannte Marken und Exklusivprodukte von Gross- vert...
Scheidet die Schweizer Nationalmannschaft an der Europameisterschaft bereits nach der Vorrunde aus, beginnt das Suchen nach den Gründen. Ist die Equipe zu wenig engagiert ans Werk gegangen? Oder stand die falsche Elf auf dem Platz? Eines ist aber schon jetzt sicher: Der Ball wird nicht schuld sein.
Am offiziellen EM-Ball gibt es kaum etwas auszusetzen. Das zeigt der Test von K-Tipp und Kassensturz. Zehn Bälle – bekannte Marken und Exklusivprodukte von Gross- verteilern – wurden vom Prüf- und Forschungsinstitut Pirmasens (D) geprüft. Der günstigste Ball ist für Fr. 15.90 zu haben. Den Testsieger Europass von Adidas gibt es für Fr. 169.–.
Die Bälle mussten einen Dauertest durchlaufen und einen Scheuertest bestehen. Ob und wie stark sie sich mit Wasser vollsaugen, wurde ebenso gemessen wie der Druckverlust nach dem Dauertest. Der Aufprall der Bälle und ob sie die Kugelform behalten, waren weitere Kriterien (siehe «So wurde getestet» unten). All dies sollte zeigen, ob die preisgünstigen Modelle mit den teuren Matchbällen mithalten können.
Keiner der geprüften Bälle verformte sich
Zumindest punkto Verformung und Aufprall – Teilkriterien im Dauertest – gibt es wenig Unterschiede. Offenbar haben die Hersteller beides im Griff. Ob der Käufer nun 16 oder 160 Franken ausgibt: Ein «Ei», das unkontrollierbare Sprünge macht, erhält er bei keinem der getesteten Bälle. Auch nach dem Dauertest gab es an den Bällen diesbezüglich nichts zu bemängeln.
Es lohnt sich trotzdem, genau hinzuschauen. So gleichen sich etwa die beiden getesteten Adidas-Bälle farblich wie ein Ei dem anderen. Beim näheren Vergleich zeigt sich: Der günstige Europass Replique (Fr. 39.90) besteht aus 32 von Hand vernähten Teilen. Der Europass – der offizielle EM-Ball – besteht aus 14 maschinell geformten und verklebten Teilen.
Mit dieser Technologie ist der Europass allein auf weiter Flur. Das Verkleben des Balles sorgt für eine geringe Wasseraufnahme sowie gute Noten im Dauertest und beim Druckverlust. Einzig beim Scheuertest schneidet das Adidas-Produkt nur durchschnittlich ab. Für harte Unterlagen wie Sandplätze ist er weniger geeignet.
Knapp hinter dem EM-Ball ist der Nike Mercurial Veloci platziert, der offizielle Uefa-Cup-Ball, mit dem auch in der Schweizer Fussballmeisterschaft gespielt wird. Die Bälle von Puma, Erima und der etwas günstigere Umbro schneiden «gut» ab.
Knapp an der Note «gut» vorbei schrammt der Striker von Athleticum. Der Ball für nur 19 Franken hat alle Tests bestanden.
Der Europass Replique versagte beim Scheuertest: Nach weniger als 500 Scheuerbewegungen war die Aussenhaut durch. Dasselbe passierte bei den Bällen Extend (Sport XX), Team Suisse (Coop) und Euro 03 (Intersport).
Bei Adidas heisst es, der Europass Replique entspreche den Prüfkriterien des Weltfussballverbands (Fifa). «Darüber hinaus werden unsere Bälle intern unter noch strengeren Vorgaben getestet.» Die eigenen Testresultate will Adidas aber nicht offenlegen.
Die Bälle von Sport XX, Coop und Intersport schneiden im Dauertest mit tiefen und ungenügenden Noten ab: Ein Extend-Ball (Sport XX) platzte, ein zweiter überstand den Test mit geringen Schäden, aber zu hohem Druckverlust. Die zwei Bälle von Coop und Intersport platzten im Dauertest, Letzterer bereits nach rund 550 von 10 000 vorgesehenen Quetschungen. Deshalb war auch keine Bewertung des Druckverlusts möglich. Der Ball von Intersport nimmt zudem zu viel Wasser auf.
Intersport will die «Qualitätskontrollen weiter verschärfen». Coop und Sport XX verweisen auf den Hersteller, die Firma Tramondi in Hägendorf SO. Deren CEO Peter Mucha bemängelt die Testanlage. Es sei unfair, teure Modelle mit «Bällen in der Preislage zwischen 15 und 25 Franken» zu vergleichen.
Allerdings: Auch die Exklusivbälle von Sport XX (Extend) und Athleticum (Striker) werden von Tramondi hergestellt. Die beiden günstigsten Bälle im Test sind «genügend», der Striker beinahe «gut».
So wurde getestet
Das auf Verschleissuntersuchungen spezialisierte Prüf- und Forschungsinstitut Pirmasens (D) hat die zehn Bälle auf sechs Kriterien untersucht.
Kugelform, Rückprall und Wasseraufnahmeentsprechen den Prüfkriterien des internationalen Fussballverbands (Fifa). Die anderen simulieren Belastungen für die Bälle im Freizeitsport:
Kugelform: Der Ball wird bei der Messung vor und nach dem Dauertest an 16 Punkten und beim Ventil vermessen. Internationale Matchbälle dürfen maximal 1,5 Prozent von der idealen Kugelform abweichen.
Rückprall: Ein guter Fussball muss nach freiem Fall aus 2 m mindestens 1,25 m zurückspringen, höchstens 1,55 m. Das stellt eine Maschine nach, bei der eine Kamera die Höhe des Rückpralls festhält. Auch diese Prüfung hatten die Bälle vor und nach dem Dauertest zu bestehen.
Wasseraufnahme: Der Ball wird im Wasserbad 250-mal um 25 Prozent zusammengequetscht und dabei gedreht. So werden Spiele bei Regen simuliert. Messungen des Gewichts vor und nach der Prozedur zeigen, ob und wie viel Wasser der Ball aufnimmt. Der Ball darf nicht mehr als
20 Prozent zulegen.
Dauertest: Eine Bolzenmaschine simuliert die Tritte gegen das Leder. 10 000-mal drückt sie den Ball um 25 Prozent zusammen. Dabei zeigt sich, wie gut die Nähte und die Blase halten.
Druckverlust: Nach dem Dauertest haben die Prüfer gemessen: Wie viel Druck ist von den ursprünglichen 0,8 Bar aus dem Ball entwichen? Mehr als 25 Prozent sollten es nicht sein.
Scheuertest: Die Bälle wurden zerschnitten. Ein Teil der Aussenhaut wurde mit Druck auf einem Schmirgelpapier mit 400er-Körnung hin und her gerieben, bis die Aussenhaut aus Kunststoff durchgescheuert war. So stellen die Prüfer die Belastungen für einen Ball nach, mit dem auf Asphalt-, Kunststoff- und Sandplätzen gekickt wird.