Beim Sprayen besser die Luft anhalten
Viele Haarsprays geben der Frisur tatsächlich Halt. Doch der Griff zur Spraydose kann auch Gefahren für die Lunge bergen.
Inhalt
K-Tipp 17/2009
10.10.2009
Letzte Aktualisierung:
13.10.2009
Susanne Rufer
Die gute Nachricht vorweg: Neun der zwölf getesteten Sprays fixieren die Haare «gut» oder «sehr gut». Hingegen enthält die Hälfte der Produkte einen hohen Anteil kleiner Spraypartikel, sogenannter Filmbildner. Sie können sich in der Lunge einlagern und deren Selbstreinigung stören. Zudem hat es in einigen Sprays Spuren bedenklicher Inhaltsstoffe. Der K-Tipp wollte nun wissen, welche Sprays der Frisur über längere Zeit den besten Halt ...
Die gute Nachricht vorweg: Neun der zwölf getesteten Sprays fixieren die Haare «gut» oder «sehr gut». Hingegen enthält die Hälfte der Produkte einen hohen Anteil kleiner Spraypartikel, sogenannter Filmbildner. Sie können sich in der Lunge einlagern und deren Selbstreinigung stören. Zudem hat es in einigen Sprays Spuren bedenklicher Inhaltsstoffe. Der K-Tipp wollte nun wissen, welche Sprays der Frisur über längere Zeit den besten Halt geben und keine Schadstoffe enthalten.
Untersucht wurden häufg verkaufte Sprays: acht mit Treibmitteln (Aerosol) und vier mit Pumpzerstäubern. Alle versprechen mindestens starken Halt. Doch die Bezeichnungen sind verwirrend: Manche Hersteller nennen ihr Produkt «extra strong», andere «ultra strong», und zusätzlich steht 4 oder 5 drauf. Der Anwendungstest bestand aus zwei Teilen: Das Labor hat die Fixierfähigkeit jedes Sprays an zehn Lockenköpfen während acht Stunden in regelmässigen Abständen gemessen und miteinander verglichen. Gleichzeitig wurde die Ergiebigkeit der Sprays ermittelt (siehe unten «So wurde getestet»).
lFixierfähigkeit: Sie nimmt bei allen Testprodukten im Laufe der Zeit ab. Bei einigen jedoch nur wenig. Fünf Produkte erhielten deshalb ein «sehr gut»: Pantene, Nivea, Garnier, Kaloderma und Hair-Culture. Frisuren, die mit dem Testsieger Pantene Pro-V Style besprüht worden waren, wiesen nach acht Stunden noch eine Haltbarkeit von über 90 Prozent auf. Beim Produkt von Rausch lag dieser Wert nur noch bei 78 Prozent.
- Ergiebigkeit: In diesem Kriterium punktete der Rausch-Spray: Bloss 0,9 Gramm stösst der Zerstäuber bei sieben Pumpstössen aus – halb so viel wie das L’Oréal-Produkt.
- Lungengängige Partikel: Haarsprays, die gut für die Frisur sind, sind oft schädlich für die Lunge. Dabei hängt die Schädlichkeit von der Tröpfchengrösse der Spraypartikel ab. Alle Produkte enthalten Partikel mit einem Durchmesser von weniger als 10 Mikrometern, ein Wert, der für die Lunge als schädlich gilt. Die mit Abstand schlechtesten Resultate erreichten die Aerosol-Sprays der Coop- beziehungsweise Migros-Eigenmarken Beldam und I’am.
Am besten schnitt der Pumpspray von Rausch ab, und alle Pumpzerstäuber erhielten eine mindestens «gute» Note.
Karl Klingler, Facharzt am Lungenzentrum Hirslanden in Zürich, warnt vor Haarsprays: «Partikel mit einem Durchmesser von unter 10 Mikrometern kann das Filtersystem der Lunge nicht abfangen. Solche Partikel dringen bis in die Lunge vor. Das kann Entzündungen auslösen und zu Asthma-Erkrankungen führen.» Seiner Ansicht nach dürften Sprays keine Teilchen versprühen, die in die Lunge eindringen können. Die Zahl der Partikel und ihre Grösse seien durch die Technik, mit der der Spray vernebelt wird, beeinflussbar. «Technisch wäre es möglich, dieses Problem zu lösen», sagt der Lungenspezialist.
Klinger rät Personen mit einem Atemwegsproblem, Sprays mit Treibgas zu meiden und Alternativen wie Gels zu verwenden – oder wenigstens Sprays mit Pumpzerstäuber. Diese versprühen gröbere Teilchen, machen das Haar aber in der Regel auch feuchter als der feine Nebel aus der Dose. Wer nicht auf Sprays mit Treibmittel verzichten möchte, sollte so wenig wie möglich davon einatmen, nach dem Sprayen lüften und den Raum verlassen. Inhaltsstoffe: Einige Haarsprays enthalten Duftstoffe mit hohem Allergiepotenzial. Wo Spuren oder grössere Mengen vorhanden sind, gab es Abzüge bei der Note. Die ebenfalls heiklen Weichmacher (Phthalate) steckten jedoch in keinem Produkt.
So wurde getestet
Die Haarsprays wurden vom Labor Eurofins Consumer Product Testing in Hamburg und von der Ingenieur-Gesellschaft Wori GbR im deutschen Bobritzsch (lungengängige Partikel) auf folgende Kriterien geprüft:
- Fixierfähigkeit: Pro Produkt wurden zehn Kunststoffköpfe mit echtem Haar verwendet. Mittels Messen der Haarlängen wurde geprüft, wie gut und wie lange die Sprays die Frisur fixieren. Dazu wurden die Haare aus 30 cm Distanz eingesprüht und auf Lockenwickler gedreht. Unmittelbar nach dem Entrollen sowie zwei, vier, sechs und acht Stunden später wurde gemessen, wie stark sich das Haar wieder gestreckt hatte.
- Lungengängige Partikel: In einem Abstand von 15 Zentimetern von dem Düsenaustritt wurde bei allen Sprays die Tröpfchengrösse gemessen.
- Ergiebigkeit: Um zu ermitteln, wie ergiebig die Sprays sind, wog das Labor den Sprühausstoss: bei Aerosol-Sprays die Menge während 7 Sekunden, bei Pumpsprays die Menge bei 7 Pumpstössen.
- Duftstoffe mit hohem Allergiepotenzial: Natürliche und synthetische Riechsubstanzen können die Haut reizen. Seit 2007 müssen Hersteller 26 Duftstoffe mit erhöhtem Allergiepotenzial deklarieren, wenn sie 10 mg/kg übersteigen.
- Phthalate (Weichmacher): Die Stoffe greifen in den Hormonhaushalt ein und können so die Fortpflanzungsorgane schädigen. Erwiesenermassen heikel sind diesbezüglich DEHP, DBP und BBP. Deshalb sind die Phthalate in der Schweiz und in der EU in Kosmetika verboten. Einige der zwölf getesteten Sprays enthalten Diethyl-Phthalat (DEP). Dieser Stoff gilt als unproblematisch.