Hemden bügeln kann man sich sparen, wenn man der Werbung glaubt. «Nie mehr bügeln!», verspricht etwa der Hemden-Versandhändler Walbusch im Prospekt, «einfach waschen, trocknen, anziehen – ohne Bügeln glatt!» Die angeblich so pflegeleichten Hemden machen gemäss Angaben mehrerer Läden bereits mehr als 50 Prozent des Hemden-Verkaufs aus. Laut Bundesamt für Statistik verbringen Frauen im Durchschnitt noch immer 2,7 Stunden wöchentlich mit Waschen und Bügeln, Männer eine halbe Stunde.
Ob das Bügeleisen wirklich überflüssig ist, wollten K-Tipp und «Kassensturz» wissen. Sie kauften bei Detaillisten und in grossen Modehäusern weisse «bügelfreie» Business-Hemden zwischen Fr. 24.90 und Fr. 129.–. Diese liessen sie im Textilforschungsinstitut Hohenstein im deutschen Bönnigheim untersuchen (Kriterien siehe unten).
Die Resultate sind ernüchternd: Bloss vier der zehn Hemden bestehen den Test, und auch sie nur mit Mühe. Die Hürde im wichtigsten Prüfpunkt «Bügelfrei?» haben gar nur Einhorn und Maddison genommen. Neben diesen beiden Hemden erreichten jene von Kauf und Walbusch das Gesamturteil «genügend», obwohl sie dem Kriterium «Bügelfrei?» nicht ganz genügten. Alle anderen Stoffe waren deutlich stärker zerknittert. Am schlimmsten war das Migros-Hemd. «Von bügelfrei kann bei ‹Supreme› keine Rede sein», sagt Florian Girmond, Prüfleiter am Institut Hohenstein. «Wir bekamen ein faltiges und zerknittertes Hemd zu Gesicht.» Neben Laborexperten hat auch ein Laienteam bewertet, wie glatt die Hemden nach dem Waschen waren.
Die Migros hat erst aufgrund der völlig unzureichenden Resultate des K-Tipp-Tests herausgefunden, dass «der Lieferant dieses Hemdes das Produktionsverfahren geändert hat», ohne die Migros darüber zu informieren. Der Grossverteiler zieht die Konsequenzen: «Wir werden die Zusammenarbeit mit diesem Schweizer Lieferanten einstellen.» Die Testresultate sorgen auch bei anderen Vertreibern und Läden für Aufsehen. Schild und PKZ gaben sich «sehr überrascht», Vögele «befremdet». Bei Coop, Schild und PKZ heisst es, man habe kaum oder keine Reklamationen bekommen.
Andere Firmen berufen sich auf Tests, bei denen ihre Hemden die Bewertungen erreicht hätten, die in der Textilienbranche für «bügelfreie» Stoffe gelten würden (C&A, Vögele, PKZ). Die Läden C&A, Migros, PKZ und Schild haben dem K-Tipp ausserdem versichert, sie würden ihre Hemden nachprüfen lassen. Hat der K-Tipp den Massstab zu streng angelegt? Prüfleiter Girmond verneint: «Wir haben die Bewertung gemäss aktueller EU-Norm durchgeführt, wie wir das bei diesem Test immer tun.»
«Zutreffender wäre der Begriff bügelleicht»
Doch bei weissen Hemden – wie im Test – seien Falten und Unebenheiten besonders gut sichtbar. Das Versprechen «bügelfrei» könnten die meisten Hersteller aber klar nicht einhalten. «Zutreffender für solche Hemden wäre der Begriff ‹bügelleicht›.» Solche Hemden liessen sich «deutlich leichter und somit schneller bügeln als normale». Übrigens: Auch nach 25-maligem Waschen war der Stoff ähnlich glatt oder knitterig wie nach drei Wäschen.
Was unterscheidet ein bügelfreies von einem normalen Hemd? Mit einem aufwendigen, rund 20-stündigen Verfahren, der sogenannten Feuchtvernetzung, werden die Baumwollfasern miteinander vernetzt. Dadurch wird der Stoff weniger saugfähig und stabiler in der Form. Bei Feuchtigkeit glättet sich der Stoff automatisch. Offenbar bescherrschen nur wenige Stoffveredler dieses Verfahren, wie der Test belegt.
Schlechte Noten gab es vereinzelt im Prüfkriterium Waschbeständigkeit: Nach 25-maligem Waschen beanstandete das Prüflabor beginnende Schäden an den Kragen. Ausgerechnet bei Maddison, dem Hemd mit der besten Note bei der Bügelfreiheit, begann die Absteppnaht auf der linken Seite aufzugehen. Bei Supreme, Sergio und etwas schwächer beim Hemd von Paul Kehl waren die Kragenspitzen ansatzweise durchgescheuert. Eine Abnutzung, die vom Waschen herrührt, denn die getesteten Hemden waren nie getragen worden. Zu diesen Noten erhielt der K-Tipp keine Stellungnahmen.
So wurde getestet
Das Textilprüflabor Hohenstein hat für K-Tipp und «Kassensturz» zehn Hemden getestet, die als «bügelfrei» oder englisch «non-iron» verkauft werden.
- Bügelfrei? Die Laborexperten bewerteten nach 3- und 25-maligem Waschen unter Haushaltsbedingungen das «Knitterbild». Als Massstab für das Urteil verglichen sie die Hemden im Test mit Referenztextilien gemäss der breit akzeptierten EU-Norm. Zudem liess Hohenstein den Gesamteindruck von sechs Laien bewerten.
- Waschbeständigkeit: Ein bügelfreies Hemd nützt nichts, wenn es schnell kaputtgeht. Deshalb wusch das Labor die Hemden 25-mal und beurteilte danach Zustand und Schäden an Hemd und Kragen.
- Scheuerfestigkeit: Schliesslich bewertete das Labor auch noch die Scheuerfestigkeit des Stoffes. Bei diesem Test reibt eine Maschine über den Hemdenstoff. Sobald Schä-den sichtbar werden, wird die Anzahl Scheuertouren notiert.
Hemdenpflege optimal
Wie bleibt das teure Lieblingsstück lange schön? Tipps für eine lange Lebensdauer.
Neue Hemden vor dem ersten Tragen waschen, um chemische Stoffe auszuwaschen.
Ist die Waschmaschine schwer beladen, knittert der Stoff stärker. Kragen und Manschetten lassen sich schonen, indem man sie gegen innen schlägt.
- Knitterfreie Hemden: sofort nach dem Waschen aufhängen, wenn möglich feucht. Nähte, Manschetten, Kragen und Knopfleiste glatt streichen.
- Der Stoff bügelfreier Hemden kann sich sogar durch Körperfeuchtigkeit nachträglich glätten.
- Kragen, Manschetten und Nähte sollten kurz gebügelt werden. Sie sind in keinem Fall «bügelfrei». Optimal: Hemd noch feucht bügeln.
- Um die Lebensdauer zu verlängern: Scheuerstellen vermeiden, zum Beispiel durch Bartstoppeln, Schmuck, Uhren oder permanentes Scheuern an der gleichen Stelle (Computermaus).
- Beim Kauf: Weil der Kragen beim ersten Waschen eingeht, die Kragengrösse etwas zu weit wählen.