Die gute Nachricht: Kein Cola enthält Pestizide. Damit ist bereits alles Positive über die getesteten 16 Produkte gesagt.
Der Bericht des vom K-Tipp beauftragten Labors zeigt, dass alle Hersteller grosszügig Zucker in ihre Getränke kippen. Pro Liter sind es von 93 Gramm im «Organics Simply Cola» von Red Bull bis zu 115 Gramm im «Prix Garantie Cola» von Coop. Selbst ein Liter «Pepsi» enthält trotz künstlicher Süssstoffe noch 73 Gramm Zucker (siehe Tabelle im PDF).
Heikle Zusatzstoffe in fast allen Getränken
14 der 16 getesteten Colas enthielten Phosphorsäure. Der künstliche Zusatzstoff versteckt sich in den Zutatenlisten oft hinter der Bezeichnung «E338». Laut den Herstellern bewirkt Phosphorsäure den für Cola «typischen Geschmack». Diese Substanz greift jedoch den Zahnschmelz an und weicht die Zahnsubstanz auf. Für Phosphorsäure in Cola gilt in der Schweiz und der EU ein Höchstwert von 700 Milligramm pro Liter.
Vivi Kola, Goba Cola und das deutsche Fritz-Kola überschritten diesen Wert. Laut Vivi Kola war der Grund «ein Umrechnungsfehler bei der Anmischung des Sirups». Man habe im Abfüllbetrieb Massnahmen getroffen, damit dies nicht wieder vorkommen könne. Auch Goba Cola aus dem appenzellischen Gonten verspricht: «Wir werden die Phosphorsäure reduzieren.»
Keine Phosphorsäure enthielten die zwei Bio-Getränke «Organics» von Red Bull sowie das Bio-Cola der internationalen Hilfsorganisation Oxfam.
Im Oxfam-Produkt entdeckte das Labor jedoch geringe Mengen Chlorat. Laut der Europäischen Lebensmittelbehörde hemmen die Salze der Chlorsäure die Jodaufnahme in der Schilddrüse. Das kann zu Veränderungen des Schilddrüsenhormonspiegels führen. Laut Oxfam stammt das Chlorat aus dem Produktionswasser aus Limburg, Belgien.
Energieschübe kann man sich von den getesteten Colas nicht erhoffen. Ein 2,5-Deziliter-Glas Cola enthält in der Regel etwa 25 Milligramm Koffein. Zum Vergleich: Ein Espresso enthält etwa 80, eine Tasse Schwarztee 50 Milligramm Koffein. Wer Cola ganz ohne Koffein trinken will, kann zum Bio-Cola von Oxfam greifen. Es enthält kein Koffein.
Problematisch im Cola ist vor allem der sehr hohe Zuckergehalt. Die Weltgesundheitsorganisation rät, nicht mehr als 5 bis 10 Prozent des täglichen Energiebedarfs in Form von Zucker aufzunehmen. Das sind maximal 25 bis 50 Gramm. So viel steckt in 2,5 bis 5 Dezilitern der meisten der getesteten Colas.
Die Europäische Lebensmittelbehörde schlug im Februar Alarm: Zuckerhaltige Getränke können verantwortlich sein für Krankheiten wie Fettleibigkeit, Typ-2-Diabetes, Fettleber, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Gicht.
Laut der Behörde steigt das Risiko solcher Erkrankungen linear mit der Zuckeraufnahme. Sprich: Je grösser die Zuckermenge, desto ungesünder das Getränk.
Hersteller sollen Zuckergehalt senken
Auch das Schweizer Bundesamt für Lebensmittelsicherheit warnt: Der Zuckerkonsum sei einer der Hauptfaktoren, die zu Übergewicht und Fettleibigkeit führen. Laut dem Bundesamt nimmt die Schweizer Bevölkerung rund 40 Prozent des konsumierten Zuckers in Form von zuckerhaltigen Getränken auf.
Das Bundesamt forderte deshalb die Hersteller von Süssgetränken vergangenen Mai auf, den Zuckergehalt bis ins Jahr 2024 über das ganze Sortiment um 10 Prozent zu senken.
Es schrieb den Herstellern: «Die Reduktionsziele verstehen sich als letzter Vorschlag seitens des Bundesamts auf freiwilliger Ebene.» Mit anderen Worten: Reduzieren die Produzenten künftig den Zuckergehalt nicht, drohen staatliche Vorschriften.
Gegenüber dem K-Tipp sagen mehrere Hersteller, sie hätten den Zuckergehalt in ihren Cola-Getränken bereits reduziert oder würden es künftig tun. Vivi Kola verkauft neu eine Bio-Kola mit 82 Gramm Zucker pro Liter.
Auf künstliche Süssstoffe «möglichst verzichten»
Zuckerfreie Colas enthalten künstliche Süssstoffe wie Aspartam, Acesulfam K oder Sucralose. Die Stoffe sind umstritten. Experten warnen vor Risiken wie Herzkrankheiten oder Übergewicht («Gesundheitstipp» 10/2021).
Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit rät Getränkeherstellern von Süssstoffen als Zuckerersatz ab: Man wolle die Bevölkerung an einen weniger süssen Geschmack gewöhnen. Auch für Kinder und Jugendliche können Süssstoffe ein Risiko sein. Die Stiftung Gesundheitsförderung schrieb bereits 2014 in einem Arbeitspapier: Die wissenschaftliche Datenlage reiche nicht aus, um das Gesundheitsrisiko von Süssstoffen bei Kindern und Jugendlichen abschätzen zu können. Sie sollten auf künstlich gesüsste Produkte «möglichst verzichten».
Ärztin: «Zucker ist eine psychoaktive Substanz»
Bettina Wölnerhanssen ist Ärztin und Leiterin der St. Clara Forschung AG in Basel. Sie erklärt, warum Zucker dem Körper schadet. Und dass man die Bevölkerung vermehrt darüber informieren müsse – wie beim Tabak.
Frau Wölnerhanssen, was geschieht im Körper, wenn man Cola trinkt?
Bettina Wölnerhanssen: Der im Cola enthaltene Zucker wird relativ schnell ins Blut aufgenommen, der Blutzucker steigt rasch an. Die Bauchspeicheldrüse schüttet Insulin aus, um den Blutzuckerspiegel wieder zu senken. Bei einem starken Blutzuckeranstieg – also beim schnellen Konsum eines Süssgetränkes – wird so viel Insulin produziert, dass der Blutzucker danach unter den Wert vor dem Cola-Konsum sinkt. Dieses Blutzuckertief führt zu Hunger und erneuter Nahrungsaufnahme. Kommt hinzu: Zucker wird in der Leber rasch zu Fett umgewandelt und führt zu einem Anstieg der Blutfette.
Zucker macht süchtig – stimmt das?
Ja, Zucker ist eine psychoaktive Substanz. Er stimuliert im Gehirn das Belohnungssystem. Es ist dasselbe System, das auch bei Einnahme von verschiedenen Suchtmitteln aktiviert wird. Bei chronisch hohem Zuckerkonsum führt ein plötzliches Absetzen zu vermehrter Lust nach Süssem. Auch Zittern, Kopfschmerzen, Hungerattacken und erhöhte Nervosität können beim plötzlichen Entzug auftreten. Wer den Zuckerkonsum reduzieren will, macht das deshalb am besten schrittweise.
Konsumenten können zwischen Colas mit und ohne Zucker wählen. Was ist die bessere Wahl?
Um einen vernünftigen Entscheid fällen zu können, müssen die Konsumenten erst mal darüber informiert werden, wie schädlich Zucker überhaupt ist – ähnlich wie beim Tabak. Hier besteht eine Informationslücke. Zuckerfreie Varianten sind gemäss dem aktuellen Forschungsstand besser als gezuckerte Getränke. Es gibt aber viele offene Fragen zur langfristigen Wirkung von künstlichen Süssungsmitteln.