Die günstigste Pizza schnitt am besten ab
Pizzas aus der Tiefkühltruhe oder dem Kühlschrank sind nur selten ein wirklicher Genuss. Und sie enthalten oft mehr Kilokalorien, als für eine Hauptmahlzeit gut ist.
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K-Tipp 19/2011
12.11.2011
Letzte Aktualisierung:
02.12.2011
Andreas Schildknecht, Leiter Testredaktion
Die Packung aufreissen, und ab in den Backofen! Eine Fertigpizza ist in wenigen Minuten zubereitet und soll schmecken wie vom Italiener.
Schweizer mögen laut Coop und Migros vor allem Pizza Margherita und Pizza Prosciutto. Am häufigsten greifen die Konsumenten zu frischen Pizzas, die man im Kühlschrank aufbewahren kann. Rund 38 Prozent bevorzugen tiefgekühlte Produkte.
Der K-Tipp wollte wissen, wie es um die Qualität der Klassiker aus ...
Die Packung aufreissen, und ab in den Backofen! Eine Fertigpizza ist in wenigen Minuten zubereitet und soll schmecken wie vom Italiener.
Schweizer mögen laut Coop und Migros vor allem Pizza Margherita und Pizza Prosciutto. Am häufigsten greifen die Konsumenten zu frischen Pizzas, die man im Kühlschrank aufbewahren kann. Rund 38 Prozent bevorzugen tiefgekühlte Produkte.
Der K-Tipp wollte wissen, wie es um die Qualität der Klassiker aus der Kälte bestellt ist, und schickte sieben tiefgekühlte und acht gekühlte Schinken-Pizzas zum Test ins deutsche Labor Dr. Graner & Partner.
Die Tester überprüften nicht nur Geschmack, Aussehen und Geruch, sondern verglichen auch die Nährwertangaben auf der Verpackung mit den gemessenen Werten. Zudem wurde der Schinken auf den Pizzas chemisch untersucht, um die Qualität zu beurteilen. Des Weiteren suchten die Experten nach Krankheitskeimen und massen, wie viel Salz, Fett, Kohlehydrate und Eiweiss in den Fertigpizzas steckt (siehe auch Kasten «So wurde getestet» auf Seite 17).
Keine Pizza erreichte ein «sehr gut»
Das Fazit: Von den 15 untersuchten Fertigpizzas erreichte kein einziges Produkt das Gesamturteil «sehr gut». 11 Produkte erhielten die Gesamtnote «gut». Drei sind nur genügend, eine sogar ungenügend.
Die Testresultate im Detail: In allen Punkten gut bis sehr gut war die tiefgekühlte Riggano Steinofen Familienpizza von Aldi. Sie erreichte die Gesamtnote 5,4. Mit 60 Rappen pro 100 Gramm ist sie die weitaus günstigste Fertigpizza im Test.
Am zweitbesten schnitt die gekühlte Pizza Prosciutto von Denner ab. Sie erreichte die Gesamtnote 5,3. Sie schmeckte den Testern zwar deutlich weniger gut als die Aldi-Pizza, enthält aber weniger Fett.
Eine Gesamtnote von über 5 erreichten auch die tiefgekühlte Cucina Nobile Knusperpizza sowie die gekühlte Cucina Nobile Premium Steinofen Pizza – beide von Aldi –, die gekühlte Anna’s Best Della Casa von der Migros, die tiefgekühlte Finizza Prosciutto von der Migros und die tiefgekühlte Trattoria Alfredo von Lidl. Insgesamt gut sind auch die Pizzas von Volg, Naturaplan, Weight Watchers und Dr. Oetker. Nur genügend sind die Bio Pizza Prosciutto von der Migros, das Hilcona-Produkt von Spar und die Betty Bossi Prosciutto von Coop.
Ein «ungenügend» erhielt als einzige die Pizza Mantua von Denner. Grund: Die Qualität des Fleisches war schlecht.
Klebrig, gummig und verbrannt
Rein geschmacklich sieht das Bild wenig appetitlich aus: Unter dem mit 40 Prozent am stärksten gewichteten Prüfpunkt Aussehen/Geschmack/Geruch erhielten nur sieben Pizzas ein «gut». Fünf sind «genügend». Dreimal gaben die Testesser ein «ungenügend».
Der Frust der Testesser begann beim vorgebackenen Boden. Dieser sollte knusprig und dünn sein. Bei der Lidl-Pizza war er aber gummiartig beschaffen. Und nach dem Backen war der Boden hart und mehlig. Den Boden der Weight-Watchers-Pizza beurteilten die Testesser als fad und klebrig. Gleich lautete das Urteil für den Boden der Pizza von Betty Bossi. Zudem schmeckte er auch noch säuerlich. Bereits im Rohzustand verbrannte Ränder und dunkle Böden wiesen drei Pizzas auf.
Die auf dem letzten Platz rangierte Mantua Prosciutto fiel durch einen unangenehmen Schinkengeruch auf – «inakzeptabel», lautete der Kommentar. Ähnlich negativ fiel die chemische Analyse des Schinkens aus. Er enthielt deutlich mehr Wasser als die Schinken der anderen Pizzas.
In Sachen Geschmack lagen alle drei günstigen Aldi-Pizzas im Test mit Noten von 5,6 bis 5,3 vor den Mitkonkurrenten. Die Kommentare fielen entsprechend positiv aus: «Würzig, viel Belag, guter Schinken, mit Oliven, aromatisch, saftig.»
Für einen Mann mit normalem Körpergewicht, einem Alter von 25 bis 50 Jahren und geringer körperlicher Aktivität ist eine ganze Fertigpizza als Hauptmahlzeit bereits zu viel: Pro Essen sollte er nicht mehr als 720 Kilokalorien (kcal) aufnehmen. Die getesteten Fertigpizzas enthalten aber zwischen 583 kcal (Weight Watchers) und 884 kcal (Betty Bossi). Ein Salat und ein Süssgetränk zur Pizza liegen da nicht mehr drin. Die fettreichste Pizza im Test war die Finizza Prosciutto von der Migros.
Viele Pizzas waren nicht nur fettig, sondern enthielten auch viel Salz: Acht Produkte überschritten die empfohlene tägliche Menge. Die Ernährungsgesellschaften von Deutschland, Österreich und der Schweiz haben sich auf einen Wert von maximal 6 Gramm Kochsalz pro Tag geeinigt. Die eidgenössische Ernährungskommission empfiehlt maximal 5 Gramm pro Tag.
Mit 7,3 Gramm am meisten Salz enthielt die Pizza von Betty Bossi. Keine Salz- und Fettbomben sind nur die Pizzas Mantua von Denner, Weight Watchers und die Prosciutto von Lidl. Alle drei konnten dafür geschmacklich nicht überzeugen.
Bei Zutaten wird oft gespart
Der K-Tipp wollte auch wissen, ob die Hersteller ihre Pizzas tatsächlich mit der Menge an Zutaten belegen, die sie auf der Verpackung angeben. Dabei fiel vor allem der zu geringe Schinkenanteil auf. Bei sechs Produkten war deutlich weniger Schinken auf der Pizza als angegeben. Bei der Lidl-Pizza waren es über 33 Prozent weniger Schinken als deklariert.
Positiv: Keine Pizza enthielt gefährliche Keime, nach denen das Labor ebenfalls gesucht hatte.
Zu wenig Schinken sei «ein Ausreisser»
Lidl schreibt zu den Ergebnissen, dass man bei internen Tests bei den Zutatenmengen keine Abweichungen festgestellt habe. Es handle sich beim zu geringen Schinkenanteil wohl um einen Ausreisser. Trotzdem will Lidl die Pizzas mit dem Lieferanten auf Abweichungen überprüfen. Auch Coop-Sprecherin Sabine Vulic spricht hinsichtlich des zu geringen Schinkenanteils von einem Einzelfall: «Um das in Zukunft zu verhindern, wurden die Kontrollen per sofort verdoppelt.» Die geschmackliche Bewertung nehme man ebenfalls sehr ernst. Laut Vulic haben die Coop-Pizzas in internen Degustationen gut bis sehr gut abgeschnitten. Gemäss Migros-Sprecherin Monika Weibel kann der gemessene Schinkenanteil tiefer ausfallen als angegeben, weil das Fleisch Wasser an den Boden abgebe.
Denner-Sprecherin Grazia Grassi verteidigt den Geschmack der Mantua-Pizza: «Die sensorischen Fehler können wir nicht nachvollziehen. Der verwendete Schinken weist eine typisch italienische Würzung auf.» Dunkel gebackene Stellen gebe es am Rand tatsächlich. Dies entspreche aber einer authentischen Pizza aus dem Holzofen, was die Konsumenten schätzten.
Andreas Schildknecht
So wurde getestet
Das deutsche Labor Dr. Graner & Partner testete die 15 Fertigpizzas im Auftrag des K-Tipp nach den folgenden Kriterien:
- Schmecken und riechen die Pizzas wie beim Italiener? Sechs Experten bereiteten die Pizzas nach Herstellerangaben zu und beurteilten Aussehen, Geruch sowie Geschmack des Bodens und der Zutaten. Den Pizzaboden, die Verteilung der Zutaten und den Geruch überprüften die Tester zusätzlich im Rohzustand.
- Wie verwässert ist der Schinken? Das Labor bestimmte den Bindegewebeanteil im Fleisch, das Gesamteiweiss und das Wasser-Fleisch-Verhältnis. Diese Daten geben Aufschluss über die Qualität des verwendeten Schinkens. Zu viel Wasser und Bindegewebe führten zu Abwertungen.
- Hats Krankheitskeime? Alle Pizzas wurden auf eine breite Palette von gesundheitsschädlichen Keimen wie Schimmelpilzen, Salmonellen, Listerien und Fäkalbakterien untersucht.
- Stimmen die Verpackungsangaben? Das Labor wog den Anteil von einzelnen Zutaten und verglich die Werte mit den Angaben der Hersteller auf der Verpackung. Abweichungen über 20 Prozent führten zu einer Abwertung.
- Wie hoch ist der Fett- und Salzgehalt? Das Labor bestimmte, wie viel Fett, Eiweiss und Salz eine Pizza enthält. Angelehnt an die Nährwert-Referenzangaben der deutschen, östereichischen und schweizerischen Gesellschaften für Ernährungsforschung und Ernährung sowie die Empfehlungen der Eidgenössischen Ernährungskommission, wurde die ernährungsphysiologische Qualität der Pizza beurteilt.