Edle Düfte mit Risiken
Viele Parfums enthalten gleich mehrere Arten von Phthalaten. Aber nur ein Testprodukt überschreitet die erlaubten Grenzwerte der heikelsten dieser Substanzen.
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K-Tipp 3/2006
08.02.2006
Rolf Muntwyler - rolf.muntwyler@ktipp.ch
Nicht nur wegen ihrer kaum aussprechbaren Namen geht man Diethylhexylphthalat, Benzylbutylphthalat und Dibutylphthalat besser aus dem Weg. Studien belegen, dass diese drei Phthalate - abgekürzt DEHP, BBP und DBP - im Tierversuch zu Vergrösserungen der Leber führen und krebsauslösend wirken.
Andere Forschungsergebnisse beweisen, dass Phthalate die Fruchtbarkeit beeinträchtigen und das Kind im Mutterleib schädigen können. Wegen ihrer Eigenschaften werden sie von der Industrie...
Nicht nur wegen ihrer kaum aussprechbaren Namen geht man Diethylhexylphthalat, Benzylbutylphthalat und Dibutylphthalat besser aus dem Weg. Studien belegen, dass diese drei Phthalate - abgekürzt DEHP, BBP und DBP - im Tierversuch zu Vergrösserungen der Leber führen und krebsauslösend wirken.
Andere Forschungsergebnisse beweisen, dass Phthalate die Fruchtbarkeit beeinträchtigen und das Kind im Mutterleib schädigen können. Wegen ihrer Eigenschaften werden sie von der Industrie gerne eingesetzt - als Weichmacher in Kunststoffen und Verpackungen, aber auch in Kosmetika. So auch in Parfum: Als Trägersubstanz helfen sie, den Duft zu binden. Dadurch duftet das Parfum auf der Haut auch wesentlich länger.
K-Tipp und Kassensturz wollten deshalb herausfinden, ob sich die Hersteller an die EU-Grenzwerte halten, die seit Anfang Jahr auch in der Schweiz gelten. Im Test waren 30 Frauen- und Männer-Parfums. Diese hat das deutsche Fraunhofer-Institut für Toxikologie in Hannover (D) auf verbotene Phthalate und weitere Substanzen dieser Stoffgruppe untersucht.
Fast alle Produkte erfüllen die gesetzliche Vorgabe: Die bedenklichsten Phthalate kommen nur in geringen Mengen vor und unterschreiten den gesetzlichen Grenzwert für Kosmetika von 2000 Milligramm pro Liter (mg/l) klar.
Grenzwert 20fach überschritten
Eines der Duftwässerchen erspart man sich aber besser: Das Parfum «Sometimes» von Hubert de Montandon enthält über 43 000 mg/l DBP (= 43 Gramm), übersteigt also den Grenzwert um das 20fache.
Michel Donat, Leiter der Sektion Kosmetik beim Bundesamt für Gesundheit (BAG), ist ob diesem DBP-Gehalt entsetzt: «Dieses Produkt sollte aus dem Verkauf genommen werden.» Die Kantonschemiker müssten einschreiten, trotz der Übergangsfrist bis Ende Jahr.
Jürgen Angerer, Professor und Leiter des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universität Erlangen (D), sagt: «Phthalate sollten ersetzt werden, wo dies machbar ist.» So wurden in der K-Tipp-Bewertung denn auch nur Düfte mit geringsten Mengen an verbotenen Phthalaten (weniger als 5 mg/l) als «empfehlenswert» eingestuft. Denn dass es möglich ist, praktisch ohne Phthalate auszukommen, beweist Dior mit seinem Damenparfum «Poison».
Neben den verbotenen Substanzen werden in vielen Düften grössere Mengen DEP (Diethylphthalat, siehe Tabelle: «Summe aller Phthalate») eingesetzt. Diese Substanz gilt zwar als relativ unproblematisch. Dennoch warnt Experte Angerer davor, ein Phthalat einfach durch ein anderes zu ersetzen. «Wir brauchen Stoffe, die erwiesenermassen die Fruchtbarkeit von Mensch und Tier nicht tangieren.»
H&M nimmt gutes Produkt vom Markt
In ihren Stellungnahmen versichern Bulgari, Farfalla und Kenzo, dass nie Phthalate zugesetzt wurden, es sich also um Verunreinigungen handle. Radikal reagiert H&M und nimmt sein «empfehlenswertes» Eau de Toilette «Cotton Blossom» aus dem Verkauf: Derlei Inhaltsstoffe liessen sich nicht mit der Firmenkultur vereinbaren. Ein lobenswertes, aber seltenes Verhalten von Herstellerseite.