Ein guter Bürostuhl für nur 79 Franken
Von acht Bürostühlen zum Selber-Zusammensetzen gingen sieben vorzeitig kaputt. Der beste Stuhl ist «gut» und kostet nur 79 Franken.
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K-Tipp 9/2007
09.05.2007
Rolf Muntwyler
K-Tipp und Kassensturz haben acht der meistverkauften Bürodrehstühle mit Rollen für den Heimgebrauch eingekauft und sie umfassend auf Sitzkomfort, Robustheit und Standfestigkeit testen lassen. Die Modelle kosteten zwischen rund 70 und 149 Franken.
Die schlechte Botschaft: Die meisten Stühle sind lotterig gebaut. Die gute Botschaft: Zwei Modelle heben sich von der Massenware ab.
Das gilt vor allem für Bonny von Ikea für 79 Franken. Der Stuhl schneidet in allen Punkten ...
K-Tipp und Kassensturz haben acht der meistverkauften Bürodrehstühle mit Rollen für den Heimgebrauch eingekauft und sie umfassend auf Sitzkomfort, Robustheit und Standfestigkeit testen lassen. Die Modelle kosteten zwischen rund 70 und 149 Franken.
Die schlechte Botschaft: Die meisten Stühle sind lotterig gebaut. Die gute Botschaft: Zwei Modelle heben sich von der Massenware ab.
Das gilt vor allem für Bonny von Ikea für 79 Franken. Der Stuhl schneidet in allen Punkten am besten ab. Zwar kritisierte das Prü?nstitut LGA eine scharfe Kante, die theoretisch zu verfrühtem Bruch des Stuhls führen könnte. Dieser Mangel kostete ihn das Gesamturteil «sehr gut» (Abwertung zu «gut»). Doch zeigte der Belastungstest, dass die mangelhafte Fassung in der Praxis wenig problematisch ist: Als einziges Modell blieb Bonny unversehrt und könnte sogar als Arbeitsstuhl (täglicher Gebrauch, acht Stunden am Tag) eingesetzt werden. Dennoch will Ikea den Mangel sofort beheben.
Im Kriterium Sitzkomfort bemängelte das zweite, auf Ergonomie spezialisierte Labor EIM beim Ikea-Stuhl zwar einige Punkte. EIM-Mitinhaber Florian Heidinger stuft aber keinen der kritisierten Bereiche als gravierend ein.
Die «geringen Abweichungen» vom ergonomischen Ideal betreffen die eher kurze Sitzfläche, die Polsterung und den «Hemdschiebeeffekt»: Beim Zurücklehnen verschiebt sich die Rücklehne und zieht so das Hemd nach oben.
Sechs Modelle mit vielen Mängeln
Beim zweiten noch passablen Stuhl, dem «genügenden» Modell Siena, stellte EIM folgende Mängel fest:
- Die höchstmögliche Höheneinstellung ist zu tief,
- die Federung bei tiefer Einstellung der Sitzfläche ist mangelhaft, und
- es kommt ebenfalls zum Hemdschiebeeffekt.
Vor allem aber teilt Siena eine positive Eigenschaft mit dem Testsieger: Er ist das zweite Modell neben Bonny, das ein langes Leben verspricht. Siena ist zwar kurz vor dem erforderlichen Normwert von 80 000 Belastungen kaputtgegangen, hat die übrige Konkurrenz damit aber meilenweit hinter sich gelassen.
Ein Minus hat Siena bei der Standsicherheit eingefangen. Ausser Bonny kippen jedoch alle Drehstühle im Test zu leicht.
Multistar-2 von P?ster hätte ein «genügendes» Gesamturteil erreicht. Doch ging der Stuhl im Belastungstest bei 50 000 Zyklen kaputt. Folge: Abwertung zu einem «ungenügend».
Die Mängelliste der übrigen Bürostühle ist lang. Positiv anzuführen sind die immerhin knapp genügenden Bewertungen der meisten Modelle beim Sitzkomfort. Feria von Conforama und Basic (Micasa) schafften nicht einmal das.
Feria ?el im Belastungstest schon nach 16 000 Zyklen auseinander. Conforama ist der Meinung, man hätte die Stühle nach Hausmöbel-Normen testen müssen statt nach der strengen Norm für Bürostühle. Dem widerspricht LGA-Prüfleiter Franz Rackl: «Nach unserer Einschätzung sind die Hausmöbel-Normen für Bürodrehstühle nicht geeignet.»
Toptip: Geld zurück für «ungenügende» Stühle
Wie Conforama verteidigt auch die Migros ihr Micasa-Modell Basic mit dem Argument, der Test sei zu streng. Interio will mit dem Lieferanten «mögliche Verbesserungsmassnahmen» für Jutta besprechen. Of?ce World und Interio weisen darauf hin, ihre Stühle seien für einen täglichen Gebrauch von höchstens drei Stunden konzipiert.
Toptip und Fly hingegen suchen keine Ausflüchte und handeln: Sie ziehen ihre ungenügenden Modelle zurück. Fly will dies nur vorläu?g tun, um weitere Abklärungen zu treffen. Toptip hat seinen Stuhl sogar «sofort aus dem Verkauf genommen und an den Lieferanten retourniert». Und: «Kunden, die den getesteten Stuhl zurückbringen, erstatten wir den vollen Gegenwert in bar zurück.»
Weitere Infos und Kauftipps zu Bürostühlen ?nden Sie im nächsten K-Tipp.
So wurde getestet
Das Ergonomie-Institut München (EIM) hat die acht getesteten Stühle darauf untersucht, ob kleine, leichte sowie durchschnittlich schwere und grosse, schwere Personen gesund und komfortabel sitzen. Beurteilt wurde, ob
- Sitzfläche und Lehne richtig dimensioniert, gut gepolstert und optimal geformt sind,
- die Sitzhöhe sinnvoll einstellbar ist,
- der Stuhl auch bei tief gestellter Sitzfläche federt,
- die Neigung der Sitzfläche gerades Sitzen erlaubt (Neigung bei keinem Stuhl im Test verstellbar).
Ausserdem bewertete EIM, wie einfach sich die Stühle zusammenbauen lassen, ob die Bauteile passen und die Anleitung brauchbar ist.
LGA Qualitest in Nürnberg (D) überprüfte die Robustheit. Mit «genügend» bewertet wurden Stühle, die 60 000 Belastungszyklen (entspricht Absitzen und Anlehnen) überstanden. Für Bürostühle im Geschäftsbereich schreibt die Norm 80 000 Zyklen vor. Ebenfalls getestet wurden die Standfestigkeit des Stuhls und der Widerstand der Rollen.
Weitere Belastungstests konnten nur mit Bonny durchgeführt werden. Alle anderen Stühle waren zu diesem Zeitpunkt bereits auseinandergebrochen.
(rom)
Archiv im Netz
Unter www.ktipp.ch finden Sie sämtliche Tests aus dem K-Tipp seit Januar 2000. Der Bezug eines Tests im PDF-Format (inkl. Tabellen) kostet 3 Franken.