Der künstliche Duftstoff Lyral riecht nach Maiglöckchen. Er löst jedoch bei vielen Leuten Kontaktallergien aus. Trotzdem fand ein vom K-Tipp beauftragtes Labor den aggressiven Stoff im «Klorane Trockenshampoo mit Hafermilch». Auf der Spraydose steht aber «Extra mild». Lyral ist seit vergangenem Jahr in der Schweiz und der EU verboten. Produkte mit diesem aggressiven Stoff dürfen ab August 2021 nicht mehr verkauft werden.
Trockenshampoos sind praktisch – unter anderem für Camper und Outdoorsportler, die ihre Haare ohne Wasser reinigen müssen. Besonders beliebt sind sie aber auch bei Leuten mit kolorierten Haaren. Grund: Die Farbe bleibt länger kräftig, weil sie nicht mit Wasser ausgewaschen wird.
Doch was genau landet auf der Kopfhaut? Der K-Tipp liess 14 Trockenshampoos untersuchen. Ob und wie die Produkte wirken, prüfte das Labor nicht. Das Ergebnis kann je nach Haartyp und Zustand des Haares variieren.
Ergebnis: Nur die Trockenshampoos von H&M und Björn Axén waren frei von heiklen Stoffen. Auch das Trockenshampoo von Rausch schaffte noch eine sehr gute Note – obwohl es Spuren von polyzyklischen Moschusverbindungen und Phthalaten enthielt. Die Mengen lagen aber nur knapp über der Nachweisgrenze.
Das Labor entdeckte in elf Sprays vier oder mehr allergene Duftstoffe. Sie können über die Haut oder beim Atmen in den Körper gelangen und sich mit dem Blut im ganzen Organismus verteilen. Bei sensibler Haut drohen schmerzhafte Entzündungen. Auch Atemprobleme können auftreten. Je häufiger Betroffene Kontakt mit den Stoffen haben, desto schneller und stärker reagieren sie. Die Dose von Tony & Guy enthielt mit zehn allergenen Duftstoffen den riskantesten Cocktail. Auch die Shampoos von Syoss, Quai, Amika und Klorane wiesen mit vier bis fünf stark allergenen Duftstoffen ein sehr hohes Allergiepotenzial auf.
Riskantes Klorane: Für Kinder ab 3 Jahren
Das Klorane-Trockenshampoo mit dem hoch allergenen Duftstoff Lyral kaufte der K-Tipp in einer Coop-Vitality-Apotheke. Bereits 2012 befand der wissenschaftliche Ausschuss für Verbrauchersicherheit der EU-Kommission, dass Lyral von allen allergenen Duftstoffen am häufigsten Kontaktallergien auslöst. Klorane-Hersteller Pierre Fabre dagegen wirbt damit, die «extra-milde Haarpflegelinie» eigne sich bereits für Kinder ab drei Jahren.
Wer das Produkt anwendet, erfährt nichts von dem Risiko. Denn Kosmetikhersteller müssen allergene Duftstoffe in Trockenshampoos erst ab einem Gehalt von 10 Milligramm pro Kilo (mg/kg) auf der Verpackung ausweisen. Das Klorane-Shampoo enthielt knapp unter 10 mg/kg Lyral. Die Herstellerfirma schreibt zum Testergebnis, das Produkt sei «kürzlich überarbeitet worden». Das getestete Shampoo gebe es so nicht mehr.
Die Produkte von Migros, Batiste, Amika und Quai enthielten nebst allergenen Duftstoffen auch polyzyklische Moschusverbindungen. Diese können sich im Fettgewebe anreichern und finden sich auch in der Muttermilch wieder. Die Produkte wiesen zwar nur geringe Mengen solcher Moschusverbindungen auf. Der K-Tipp wertete die Shampoos trotzdem um eine halbe Note ab, da der Test zeigt: Es geht auch ohne solche Substanzen.
Die Shampoos von Migros, Batiste, Amika und Klorane enthielten zudem das hormonell wirksame Diethylphthalat (DEP). Es steht in Verdacht, die Fruchtbarkeit zu beeinträchtigen oder das Kind im Mutterleib zu schädigen. In Trockenshampoos wird DEP eingesetzt, um den verwendeten Alkohol ungeniessbar zu machen – so muss der Shampoohersteller keine Alkoholsteuer bezahlen. Mit 264 mg/kg war das Migros-Produkt am stärksten mit DEP belastet. Das Quai-Shampoo enthielt das hormonaktive Phthalat Diethylhexyladipat.
Die Migros sagt, der Einsatz von DEP und Moschusverbindungen sei «als sicher zu bewerten». Bei letzteren Substanzen seien aber «bei sensiblen Verbrauchergruppen Hautreizungen nicht auszuschliessen». Henkel, Hersteller von Schwarzkopf und Syoss, erklärt, dass «Kontaktallergien mit fast jedem Stoff auftreten können». Denner will die Anzahl und Konzentration allergener Duftstoffe «weiter minimieren». Quai erklärt, bei Anzeichen einer Allergie solle man «sofort den Arzt benachrichtigen». Gemäss Colab ist es möglich, einen Duft ohne Allergene herzustellen. Dieser rieche jedoch nicht so angenehm.
So werden Trockenshampoos angewendet
- Trockenes Haar gründlich durchkämmen, damit sich das Shampoo gleichmässig verteilt.
- Mit einem Handtuch die Schultern abdecken, um die Kleider zu schützen.
- Spraydose gut schütteln.
- Shampoo aus 30 Zentimeter Entfernung sparsam auf den Haaransatz sprühen.
- Das Produkt drei Minuten einwirken lassen.
- Shampoo mit den Fingern oder einem Handtuch sanft in die Kopfhaut einmassieren.
- Haaransatz kurz föhnen, so wird vorhandenes Fett noch besser entfernt.
- Überschüssiges Shampoo auskämmen und das Haar wie gewohnt frisieren.
So wurde getestet
Das Labor Dr. Wirts und Partner in Hannover (D) untersuchte für den K-Tipp 14 Trockenshampoos auf heikle Stoffe.
Allergene Duftstoffe: Die Experten suchten nach insgesamt 26 allergenen Duftstoffen. Diese müssen ab einem Gehalt von 10 Milligramm pro Kilogramm auf der Verpackung deklariert sein. Bei empfindlichen Personen können die Substanzen Kontaktekzeme verursachen: Betroffene leiden unter rauer, geröteter oder schuppender Haut und Juckreiz. Bei längerem Kontakt mit dem Allergen können Bläschen und auch offene Wunden auftreten.
Polyzyklische Moschusverbindungen: Die künstlichen Duftstoffe ersetzen den teureren, natürlichen Moschus und finden sich beispielsweise in Kosmetika sowie Körperpflege- und Reinigungsmitteln. Einige Verbindungen schädigten in Tierversuchen das Nervensystem und waren hormonell wirksam. Die Stoffe landen nach Gebrauch über Abwasser und Kläranlagen in der Umwelt. Sie bauen sich nur langsam ab und sind für Lebewesen im Wasser hochgiftig.
Phthalate: Menschen nehmen diese Substanzen über Nahrungsmittel, Innenraumluft und Hautkontakt auf. Laut dem Bundesamt für Gesundheit können Phthalate die Gesundheit schädigen. Aus Tierversuchen sei bekannt, dass sie die Spermienzahl und die Fruchtbarkeit von männlichen Tieren reduzieren und die Entwicklung der Nachkommen stören. Phthalate würden zudem ähnlich wie weibliche Geschlechtshormone wirken und den Hormonhaushalt der Versuchstiere stören.
Konservierungsmittel: Sie töten unerwünschte Mikroorganismen ab und machen kosmetische Produkte länger haltbar. Das Labor suchte nach den möglicherweise hormonaktiven Parabenen, allergisierenden Thiazolinonen sowie nach Phenoxyethanol. Bei Letzterem vermuten Experten eine schädliche Wirkung auf das Fortpflanzungssystem.