Anti-Falten- oder Anti-Aging-Cremes sollen den Alterungsprozess der Haut hinauszögern und sie möglichst lang jung und straff erhalten. Die Hersteller werben mit Substanzen wie Coenzym Q10, Kollagen, Hyaluronsäure, Kalzium, Vitaminen sowie wissenschaftlich klingenden selbst entwickelten Wirkstoffen. Doch lassen diese vollmundig beworbenen Wundermittel tatsächlich Falten aus dem Gesicht verschwinden – oder nur das Geld aus dem Portemonnaie?
Der K-Tipp liess 14 Anti-Aging-Cremes im Labor untersuchen. Darunter die meistverkauften Produkte bekannter Marken, Eigenmarken der Detailhändler, Apothekenprodukte sowie vier Naturkosmetikartikel. Die Preise lagen zwischen 5 und 46 Franken.
Die Experten testeten, wie gut die Cremes die Gesichtshaut mit Feuchtigkeit versorgen und ob sie heikle Inhaltsstoffe wie stark allergene Duftstoffe, polyzyklische Moschusverbindungen oder gesundheitlich bedenkliche Konservierungsstoffe wie Parabene und Thiazolinone enthalten.
Ergebnis: Die Anti-Falten-Gesichtscreme «Cien» von Lidl befeuchtet die Haut mit Abstand am besten. Auch acht Stunden nach dem Eincremen war der Feuchtigkeitswert noch sehr hoch. Zum Vergleich: Die gemessenen Werte der «Age Perfect Renaissance» von L’Oréal sowie der Creme von Louis Widmer waren zu diesem Zeitpunkt schon sehr tief. «Cien» enthält zudem keine problematischen Stoffe. Diese Creme ist zusammen mit «Ombia» von Aldi mit rund 1 Franken pro 10 Milliliter am günstigsten.
Immer noch gute Befeuchtungswerte erreichten auch «Cadeavera» von der Drogerie Müller sowie die Naturprodukte von Weleda und Coop Naturaline. Doch nicht alle Produkte schnitten gut ab: So landet «Pure & Natural» von Nivea mit der Note «ungenügend» auf dem drittletzten Platz. Ihrem Namen macht sie keine Ehre: Das Labor fand in der Nivea-Creme 60 Milligramm pro Kilogramm des Konservierungsmittels Methylisothiazolinon. In der «Revitalift» von L’Oréal waren es sogar 76 mg/kg. Dies führte in beiden Fällen zum Abzug von einer halben Note.
Heikler Ersatzstoff für Parabene
Methylisothiazolinon (MI) ist eine bei den Herstellern beliebte Ersatzsubstanz für Parabene, die als Konservierungsmittel immer stärker in Verruf geraten sind. MI ist zugelassen und war auf den jeweiligen Verpackungen der Testprodukte korrekt deklariert. Keine der getesteten Cremes überschritt den aktuellen EU-Grenzwert.
«Dieser Stoff sollte nicht enthalten sein»
Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung hat allerdings Anfang letzten Jahres empfohlen, den Einsatz dieser Substanz in Kosmetika neu zu bewerten. Denn aktuelle Studien geben Anlass zur Sorge, dass der Stoff MI mindestens so gesundheitsschädlich ist wie die Parabene. Bei empfindlichen Personen kann der Stoff heftige allergische Reaktionen auslösen. Hautspezialist Joachim Kresken, Vorsitzender der deutschen Gesellschaft für Dermopharmazie, sagt: «Methylisothiazolinon sollte in Gesichtscremes nicht enthalten sein.»
«Pure & Natural» von Nivea enthält diese allergene Substanz. Melanie Keigel von Herstellerin Beiersdorf sagt dazu: «MI ist ein zugelassenes Konservierungsmittel und entspricht den Sicherheitsanforderungen an kosmetische Inhaltsstoffe.» Man werde sich aber an der Empfehlung des deutschen Instituts für Risikobewertung orientieren: «Wir haben beschlossen, MI bis Anfang 2015 in allen Produkten zu ersetzen.»
Zwei kritische Stoffe in L’Oréal-Creme
L’Oréal, Produzentin von «Revitalift Laser X3», wollte sich zur Verwendung des Stoffs in ihrer Creme nicht äussern. In «Revitalift» fand das Labor zudem 56 mg/kg der polyzyklischen Moschusverbindung Galaxolid. Moschusverbindungen sind künstliche Duftstoffe. Das Gesetz nennt keinen Höchstwert. Diese Verbindungen reichern sich aber im Körper an und sind hormonaktiv. Deshalb gab es im Test eine halbe Note Abzug.
Beim Produkt «Anti-Falten Fest & Straff Tagespflege» von Olaz fand das Labor zwei stark allergene Duftstoffe der Kategorie B. Dafür gab es je eine halbe Note Abzug. Hersteller Procter & Gamble Schweiz sieht kein Problem: «Bei den Inhaltsstoffen handelt es sich um offiziell vom Gesetzgeber zugelassene Substanzen. Alle Olaz-Produkte werden umfangreichen Studien und Sicherheitsbewertungen unterzogen, bevor sie auf den Markt gelangen.»
Bleibt die Frage: Hilft die Anreicherung der Haut mit Feuchtigkeit im Kampf gegen Falten? Dermatologin Bettina Rümmelein vom Universitätsspital Zürich hält dazu fest: «Kosmetisch beeinflussen lassen sich durch Cremes in erster Linie die Trockenheitsfalten.» Normale Falten hingegen entstünden durch den Elastizitätsverlust tieferer Hautschichten, vor allem aufgrund von Schädigung durch die Sonne. Ein ganzjähriger Sonnenschutz sei somit die beste Faltenprophylaxe.
Dies gilt laut Bettina Rümmelein nicht nur für Frauen. Männer könnten die Anti-Aging-Cremes ihrer Frauen durchaus auch benutzen. Dies sei vor allem bei Cremes zu empfehlen, die mit UV-Schutz kombiniert sind.
So wurde getestet
Das Labor Eurofins Consumer Product Testing in Hamburg (D) untersuchte für den K-Tipp die Gesichtscremes nach folgenden Kriterien:
- Hautbefeuchtung: Bei zehn Probandinnen zwischen 30 und 50 Jahren wurde beurteilt, wie gut die Cremes die Haut mit Feuchtigkeit versorgen. Die Experten massen die Hautfeuchtigkeit dafür mit einem Corneometer. Dies vor der Anwendung sowie 2, 4 und 8 Stunden danach. Je höher der gemessene Feuchtigkeitswert der eingecremten Haut im Vergleich zur unbehandelten Haut, desto besser die Bewertung.
- Allergene Duftstoffe: 26 Duftstoffe mit erhöhtem Allergiepotenzial müssen ab einer Menge von 10 mg/kg auf der Verpackung des Produkts deklariert sein, wenn sie auf der Haut bleiben. Sie sind nach ihrem Allergiepotenzial in vier Kategorien eingeteilt: Stark allergen sind die Duftstoffe der Kategorien A und B, deren Vorhandensein im Test zu einer Abwertung führte. Duftstoffe der Gruppen C und D führten zu keiner Abwertung.
- Polyzyklische Moschusverbindungen: Dabei handelt es sich um künstliche Duftstoffe, die sich im menschlichen Fettgewebe anreichern und schlecht abbaubar sind. Einige Verbindungen können den Hormonhaushalt beeinflussen und haben im Tierversuch die Fortpflanzung gefährdet. Das Gesetz schreibt keine Höchstmengen vor.
- Thiazolinone: Wie Parabene schützen sie Kosmetika vor Schimmel- und Keimbefall. Die Produkte sind somit länger haltbar. Laut dem deutschen Bundesinstitut für Risikobewertung kommen die Konsumenten in letzter Zeit zunehmend mit Produkten in Berührung, die Methylisothiazolinon enthalten. Somit steige das Risiko einer Sensibilisierung. Der Stoff kann Allergien auslösen. Laut dem Institut ist eine Gesundheitsgefährdung möglich.
- Parabene: Einige dieser Konservierungsmittel werden von der Haut aufgenommen. Laut dem Institut können sie das menschliche Hormonsystem beeinflussen. Es hat für Methyl-, Ethyl-, Butyl- und Propylparaben Höchstkonzentrationen veröffentlicht, die nicht überschritten werden sollten. Auf Isobutyl-, Isopro-pyl-, Pentyl- und Phenylparaben sei zu verzichten, bis eine Bewertung der Stoffe in Bezug auf ihre Gesundheitsgefährdung vorliegt.
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