Weiche, intensive Aromen von gekochten roten Beeren und Früchten: Das vermisste die Fachjury des K-Tipp bei den meisten sardischen Rotweinen. Entsprechend fiel das Urteil aus. Keine einzige Flasche schaffte die Note «sehr gut».
Die Weinexperten degustierten blind zwölf Cannonau di Sardegna von Grossverteilern und Fachhändlern mit Preisen bis knapp 20 Franken pro Flasche. Zwei Weine erreichten eine gute Bewertung: der «San Costantino» von Divo für Fr. 14.50 und der «Serenata» von Weibel Weine für Fr. 18.90 (siehe Tabelle im PDF). Die Jury stufte beide als eher einfach, aber angenehm ausgewogen ein.
Die meisten Flaschen waren nach Einschätzung der Experten Durchschnittsware – ohne offensichtliche Fehler produziert, aber ausdruckslos und teils unharmonisch im Geschmack. Mal traten die Gerbstoffe, mal die Säure oder die Süsse zu stark hervor.
Ein Produkt schnitt ungenügend ab: Der Wein aus der Vinothek Brancaia für Fr. 18.50 hatte einen stechenden und unangenehm muffigen Geruch, der Geschmack war bitter. Die zweite Flasche roch ebenfalls deutlich nach Essigsäure. Bei einem kräftigen Wein kann diese flüchtige Säure durchaus zur Fruchtigkeit beitragen. Ab einer gewissen Konzentration wirkt sie aber störend und verdirbt das Aroma. Weinhändler Brancaia kann die Einschätzung des «Melis Horreum» durch die Jury verstehen. Sardinien sei in Sachen Qualität ein schwieriges Weinbaugebiet. Viele negative Attribute wie bittere Gerbstoffe, flüchtige Säure oder hoher Alkoholgehalt seien von den Winzern beabsichtigt und würden als traditionelle Weinbaukunst ausgelegt.
Globus verteidigt seinen nur genügenden Wein: Der «Olianas» habe in internen Verkostungen jeweils gut abgeschnitten. Ähnlich argumentiert Caratello: Der «Nostranu» habe Charakter und sei authentisch – das sei das wohl wichtigste Kriterium bei einem solchen Wein.
Aus einer einzigen Rebsorte gekeltert
Die rote Weintraube Cannonau ist auf Sardinien weit verbreitet. Sie gehört zu den ältesten Rebsorten des Mittelmeerraums. In Frankreich heisst sie Grenache, in Spanien Garnacha. Die grössten Anbaugebiete liegen im Osten der Insel. Sardinien ist geprägt von heissen Sommern. Frühling und Herbst sind ebenfalls meist warm, die Winter kalt und stürmisch. In diesem Klima können körperreiche Weine mit fruchtig-würzigem Aroma entstehen. Der Rotwein Cannonau di Sardegna wird sortenrein gekeltert.
Die Fachjury
Die Jury hat die Weine wie immer blind degustiert und nach der gebräuchlichen 20-Punkte-Skala benotet. Für den K-Tipp degustierten folgende Experten:
Hans Georg Babits:Weinakademiker, Académie du vin
Ursula Geiger: Wein- und Genussjournalistin
Ruedi Trefzer: Experte für Ess- und Trinkkultur bei Radio SRF 1
Andrin Willi: Gastro- und Weinjournalist
Eva Zwahlen:Weinjournalistin