Einen Teller mit Kalbskopf, Schweinssehnen und Speck an einer wässrigen Milchsauce, mit ein paar Eiswürfeln garniert: Dieses Menü würden wohl die meisten verschmähen. Wenn die ganze Ware aber fein zerhackt, gekocht, in Darm verpackt, gewürzt und grilliert ist, wird sie als Kalbsbratwurst gern verspeist.
Der K-Tipp hat geprüft, wie es um die Fleischqualität steht und ob die gesetzliche Bestimmung eingehalten wird. Diese schreibt vor, dass bei einer Kalbsbratwurst nur die Hälfte des Fleischanteils vom Kalb sein muss – ein «amtlich bewilligter» Etikettenschwindel. Der Rest ist in der Regel Schweinefleisch.
Im Labor ermittelten die Experten die Anteile an Muskelfleisch, Bindegewebe, Fett, Wasser, Milch und Kalbfleisch (siehe Kasten «So wurde getestet» auf Seite 18). Untersucht wurden 20 Würste von Detailhändlern und Metzgern aus vier Deutschschweizer Städten.
Eine Wurst mit nur 9 Prozent Kalbfleisch
Fazit: Nur sechs Würste schneiden mit dem Gesamturteil gut ab. Die Kalbsbratwurst vom Globus Zürich liegt einsam an der Spitze. Dahinter nah beisammen die Würste von Spar, Manor, Denner, der Metzgerei Schmid und die St. Galler Kalbsbratwurst von Coop.
Vier Bratwürste sind ungenügend, weil sie zu wenig Kalbfleisch enthalten. In der Pico Bio Wurst vom Egli Bioladen in Zürich waren es nur 47 Prozent, in der St. Galler Bratwurst vom Vorderen Sternen Zürich 39 Prozent, in der Künzli-Wurst vom Jelmoli Zürich deren 20 und in der Gourmet Bratwurst der Wettinger Metzgerei Felder nur noch 9 Prozent. Zum Vergleich: Der Kalbfleischanteil der Globus-Wurst lag bei 89 Prozent.
Der K-Tipp hat die Hersteller mit den Ergebnissen konfrontiert: Der Egli Bioladen hüllte sich trotz mehrfacher Aufforderung zur Stellungnahme in Schweigen. Die Metzgerei Künzli stellt die Testresultate in Zweifel. Die Metzgerei Felder betont, ihre Wurst sei nicht als Kalbsbratwurst, sondern als Gourmet Bratwurst deklariert. Allerdings: Der K-Tipp hat im Laden explizit nach einer Kalbsbratwurst gefragt. Konsumenten müssen davon ausgehen können, dass auch mündliche Informationen des Verkaufspersonals korrekt sind. Das sieht auch das Kantonslabor Basel-Stadt so: «Wer in einem Geschäft Kalbsbratwurst verlangt und eine Wurst mit weniger als 50 Prozent Kalbfleischanteil erhält, ist getäuscht worden.»
Auch beim Vorderen Sternen am Zürcher Bellevue hat der K-Tipp eine Kalbsbratwurst bestellt. Verkauft wurde aber eine Wurst mit zu wenig Kalbfleisch. Die Belgrill AG, Betreiberin des Grillstandes, sagt dazu, die Wurst sei nicht als Kalbsbratwurst, sondern als St. Galler Bratwurst angepriesen.
Oft viel Bindegewebe in den Würsten
Nur: Die Wurst erfüllte neben dem Kalbfleischanteil auch andere Testkriterien nicht. Es steckt zu wenig Muskelfleisch und zu viel Bindegewebe drin. Dazu nahm die Belgrill AG nicht Stellung. Unter Bindegewebe verstehen die Metzger Sehnen, Bänder oder Muskelhüllen, das ist qualitativ schlechtere Ware. Am meisten davon fand das Labor in den beiden Migros-Würsten (M-Budget, Terrasuisse), in der Bratwurst Spezial der Metzgerei Horber und in der Bratwurst vom Vorderen Sternen. Schon in zwei früheren Tests von «Saldo» und K-Tipp 2004 und 2007 landete die Wurst vom Vorderen Sternen auf dem letzten Platz.
Beim hochwertigen Muskelfleisch handelt es sich um mageres Fleisch. Einige Produzenten geizten hier: In der Coop-Naturaplan-Wurst, in der Bio-Bratwurst vom Biosfair-Laden, in der Aldi-Kalbsbratwurst und in der St. Galler Kalbsbratwurst vom Vorderen Sternen fand das Labor am wenigsten Qualitätsfleisch.
Erfreulich: Keine der Würste enthielt zu viel Wasser oder Fett. Die Hersteller hielten sich also bei der Zugabe von Speck und Eis oder Wasser zurück. Vier Produkte enthielten aber zu viel Milch oder Milcheiweiss: die Bratwürste von Biosfair, die M-Budget-Würste, die Aldi-Würste und die Bio-Würste vom Egli Bioladen.
So wurde getestet
Der Tiergesundheitsdienst Bayern in Poing (D) hat für den K-Tipp 20 Kalbsbratwürste auf folgende Kriterien untersucht:
Kalbfleischanteil: Ist eine Bratwurst mit «Kalb» angeschrieben oder verlangt der Kunde in der Metzgerei nach einer Kalbsbratwurst, muss in der Wurst mindestens die Hälfte des Fleisches vom Kalb stammen. Sonst darf die Wurst nicht als Kalbsbratwurst verkauft werden. Der K-Tipp hat Kalbsbratwürste eingekauft oder danach verlangt. Lag der Anteil an Kalbfleisch unter 50 Prozent, führte das zum Gesamturteil «ungenügend».
Bindegewebe, Muskelfleisch: Der Fleischanteil besteht aus hochwertigem Muskelfleisch und billigem Bindegewebe. Es gilt: Je mehr Muskelfleisch, desto höher ist die Qualität der Wurst.
Milch, Wasser, Fett: Bei der Herstellung fügen die Produzenten der Wurst Eis und Milchpulver oder Milch bei. Zu viel Milch und Wasser sollte allerdings nicht in der Bratwurst stecken. Auch der Fettanteil der Wurst sollte nicht zu hoch sein.
Der K-Tipp hat die Messungen in Anlehnung an das Pflichtenheft für St. Galler Kalbsbratwürste ausgewertet.