Öle der höchsten Güteklasse extra vergine sind aufwendig in der Produktion. Die Oliven müssen frisch geerntet und einwandfrei sein. Das Öl darf nur durch mechanische Verfahren gewonnen werden, die Erwärmung des Öls zur Beseitigung von Mängeln ist verboten. Zudem müssen die Öle in Geschmack und Geruch fehlerfrei sein und eine gewisse Fruchtigkeit aufweisen.
Der K-Tipp wollte wissen, wie es um die Qualität der Extra-vergine-Öle bestellt ist, und liess 14 Öle von einer geschulten, trainierten und offiziell anerkannten Olivenöl-Expertenrunde (Panel) beurteilen. Ausserdem hat das auf Olivenöl spezialisierte Chemische Untersuchungsamt der Stadt Hagen (D) die Öle im Labor untersucht.
Analysiert wurden Herkunft, Alter, Behandlungsverfahren und ob den Produkten Fremdöle beigemischt wurden (siehe «So wurde getestet»). Neben den meistverkauften Ölen der Grossverteiler sind auch teure Edelöle, Bio-Produkte und Eigenmarken im Test vertreten. Positive Seite der Untersuchungen: Keines der Olivenöle enthielt Fremdöle.
Wo Olivenöl draufsteht, ist also auch Olivenöl drin. Weit weniger erfreulich sind jedoch die Beurteilungen von Geschmack und Geruch: Nur gerade zwei Öle sind von den Testpersonen für «gut ausgewogen» befunden worden: Novella di Macina von Globus, mit Fr. 29.80 pro Liter eines der teuren Öle im Test, und das griechische Bio-Produkt aus der Migros (Fr. 24.40 pro Liter).
Bei vier Produkten erwiesen sich Geschmack und Geruch als genügend, zwei Öle bekamen ungenügende Noten. Immerhin verdienen alle diese Öle die Bezeichnung der höchsten Güteklasse.
Coop-Öl wird gar als Lampantöl bezeichnet
Sechs Olivenöle fielen bei der sensorischen Prüfung durch. Sie erfüllten die strengen Kriterien, die für die Klassifizierung extra vergine nötig sind, nicht. Bei den Ölen M-Budget, Coop Olivenöl extra vergine, Bellasan, Filippo Berio, Morga und Crudigno stellten die Experten sensorische Mängel fest: Sie sind «stichig», «schlammig», «muffig» oder «ranzig» (siehe Tabelle im pdf-Artikel).
Solche Fehler können zum Beispiel entstehen, wenn die Früchte vor dem Pressen überreif waren, zu lange falsch gelagert wurden, das Öl nach der Pressung zu lange dem Sauerstoff ausgesetzt war oder alte mit neuer Ernte vermischt wurde.
Alle sechs Öle erhielten deshalb bei der sensorischen Qualität schlechte Noten und dürften nur als zweitklassiges Vergine-Öl verkauft werden, nicht als extra vergine. Das Coop-Produkt bezeichnete die Expertenrunde gar als «Lampantöl». Das ist kaltgepresstes Öl der niedrigsten Güteklasse, das so nicht in den Handel darf.
Es muss erst raffiniert bzw. durch Erhitzen nachbehandelt werden. Zwei der schlechten Öle, die Coop-Eigenmarke und M-Budget, haben die chemischen Voraussetzungen für ein Extra-vergine-Öl zwar erfüllt, die sensorischen jedoch nicht. Laut dem Chemischen Untersuchungs- amt muss es sich bei beiden um «Verarbeitungsfehler» handeln, die sich «chemisch-analytisch» nicht verifizieren liessen.
Spanisches Öl mit eigenem Geschmack?
Coop schreibt zu seinem Öl aus Spanien: «Diese Klassifizierung ‹Lampante›, basierend auf einer einzigen Panel-Degustation, halten wir für nicht zulässig. Die guten chemischen Werte bestätigen die hochstehende Qualität des Olivenöls.
In diversen Paneltests hat sich gezeigt, dass nicht-spanische Panels den Eigengeschmack dieses Öls als fehlerhaft einstufen.» Eigene Tests hätten zudem bestätigt, dass das Öl fehlerfrei sei. Nichtsdestrotz: Coop habe das Olivenöl erneut von einem spanischen Panel überprüfen lassen.
Das schlechte Abschneiden des Öls der Marke Filippe Berio kommentiert Coop so: «Eine sensorische Prüfung des Öls aus der gleichen Produktion hat keine Fehler ergeben.»
«Keine Anzeichen von Muffigkeit»
Auch die anderen Hersteller berufen sich auf eigene Tests: Migros dokumentiert die Qualität des M-Budget-Öls mit Laborresultaten des Lieferanten und kann sich daher den «stichigen» Befund nicht erklären. Morga legt dar, sie habe dieses Öl als Extra-vergine-Qualität eingekauft.
Gar nicht einverstanden ist die Firma zudem mit der Feststellung der Fachleute, das Öl sei muffig und ranzig. «Wir finden keine Anzeichen von Muffigkeit im Öl dieser Charge», betont Morga. Auch nicht einverstanden mit der Benotung des Öls ist Denner und hat daher eine Neu-beurteilung verlangt.
Ebenfalls mit einem Zertifikat belegt der Hersteller des Crudigno-Öls die Extra-vergine-Qualität. Ausserdem hätten ei-gene Nachtests er- geben, «dass das Produkt den sensorischen Charakter bewahrt hat und in keiner Weise beeinträchtigt ist». Der Produzent vermutet, das Öl sei schlecht gelagert worden.
Zu ähnlichen Resultaten gelangte ein vor drei Jahren durchgeführter «Saldo»-Test. Damals verdienten 5 von 15 getesteten Extra-vergine-Olivenölen diese Bezeichnung nicht. Die neue Untersuchung des Labors ergab weiter, dass die Herkunft der Ölivenöle Sabo und Crudigno mit «grosser Wahrscheinlichkeit» falsch deklariert ist.
Beide Hersteller versichern, dass ihre Öle ausschliesslich – wie deklariert – aus Italien stammen. Und nicht wie das Labor vermutet aus Griechenland bzw. Spanien. Dies könne mit Zertifikaten bewiesen werden. Die vom K-Tipp-Labor angewandte Methode zur Herkunftsbestimmung sei nicht offiziell anerkannt, kritisiert Sabo.
Tipps: Darauf sollten Sie achten
- Kaufen Sie Öl in lichtgeschützen Behältern wie getönten Flaschen und Kanistern.
- Lagern Sie den verschlossenen Behälter an einem kühlen und dunklen Ort. Wärme und Licht beschleunigen die Oxidation.
- Öl kann schnell ranzig werden. Angebrochene Flaschen nach Möglichkeit innerhalb von zwei Monaten verbrauchen.
- Kaufen Sie möglichst frisches Öl – am besten von der letzten Ernte.
So wurde getestet
K-Tipp liess 14 Olivenöle mit der Bezeichnung extra vergine von einem zertifizierten Olivenöl-Gremium in Deutschland beurteilen. Gleichzeitig wurden die Öle durch das Chemische Untersuchungsamt der Stadt Hagen (D) chemisch analysiert.
- Sensorische Qualität: Das deutsche Olivenöl-Panel – bestehend aus mindestens acht, maximal zwölf vorschriftsgemäss geschulten Personen – bewertete jedes Öl. Der Test zur Festlegung der Güteklasse der Öle erfolgte nach VO (EG) 640/2008. Dabei galt es zu prüfen, ob die Mindestanforderungen für die beste Güteklasse erfüllt sind.
Extra-vergine-Öle dürfen weder «ranzig» noch «stichig» noch «schlammig» noch «muffig» sein und müssen ein Mindestmass an Fruchtigkeit aufweisen. Bei der Beurteilung des sensorischen Gesamteindrucks bewerteten die Experten die Komplexität und die Harmonie des aromatischen Profils. Das geschah nach einer genormten Methode.
- Chemische Qualität: Im Labor wurden nebst der Verteilung der Fettsäuren und Triglyceride der Gehalt an 1,2-Diglyceriden, Pyropheophytin, K232 und K270 untersucht. Aus diesen Werten können Rückschlüsse auf Herkunft, Qualität, Alter, Behandlungsverfahren und die Beimischung von Fremdölen gezogen werden.