Die Testredaktion des K-Tipp griff immer wieder gern zu Mais-Chips – bis sie den Laborbericht las: Die beauftragten Experten fanden in zehn von zwölf Packungen Gifte von verschiedenen Schimmelpilzen. Auch das Acrylamid und die Pestizidrückstände können dem Mais-Chips-Fan den Appetit verderben. Immerhin hält sich der Fettgehalt im Vergleich zu anderen Chipssorten in Grenzen.
Insgesamt erhielt nur ein Produkt eine gute Gesamtnote. Die Mais-Chips von Alnatura enthielten kaum Acrylamid, vergleichsweise wenig Fett, keine Pestizide und nur geringe Mengen von Schimmelpilzgiften. Jedes zweite getestete Produkt schnitt ungenügend oder schlecht ab. Darunter waren Chips der Migros, von Aldi, Coop, Lidl und Globus.
Die Laborexperten erkannten bereits bei der Begutachtung des Inhalts der Packungen ein Problem. Diverse Mais-Chips wiesen verkohlte Stellen auf. Das heisst: Die Snacks wurden beim Herstellen zu stark erhitzt. Dies erhöht den Gehalt an Acrylamid. Der Stoff entsteht beim Rösten stärkehaltiger Lebensmittel. Die europäische Lebensmittelbehörde Efsa kam 2015 zum Schluss, dass Acrylamid «das Krebsrisiko für Verbraucher aller Altersgruppen potenziell erhöht». Bei Labortieren schädigte Acrylamid die Nerven.
Am stärksten belastet waren die Mais-Chips von Maria Dolores aus dem Globus: Sie enthielten 770 Mikrogramm Acrylamid pro Kilo (μg/kg). Zum Vergleich: Das Aldi-Produkt wies nur 45 μg/kg auf. Bei Mais-Chips besteht kein gesetzlicher Grenzwert für Acrylamid. Der K-Tipp stützte sich bei der Bewertung auf den EU-Grenzwert für crackerähnliche Erzeugnisse. Dieser beträgt 300 μg/kg. Mehr Acrylamid steckte in den Mais-Chips aus dem Globus und in den Produkten von Migros M-Classic, Pancho Villa und Coop Fine Food.
Positiv: Mais-Chips enthalten deutlich weniger Fett als andere Snacks. In Kartoffel-Chips etwa fand das Labor in einem früheren Test bis zu 37 Gramm Fett pro 100 Gramm (K-Tipp 15/2020). Die gleiche Menge Gemüsechips enthielt teils sogar über 41 Gramm Fett («Saldo» 10/2018).
Das fettigste Produkt im Test waren die mit Palmöl hergestellten Zweifel-Mais-Chips. 100 Gramm davon enthalten 28 Gramm Fett. Am wenigsten Fett fand das Labor in den mit Sonnenblumenöl frittierten Mais-Chips von M-Classic und Coop Naturaplan. Sie enthielten beide 21 Gramm Fett pro 100 Gramm.
Trotz wenig Fett für Diäten nicht geeignet
Wahrscheinlicher Grund für den vergleichsweise niedrigen Fettgehalt: Mais-Chips werden vor dem Frittieren im Ofen vorgebacken. Dadurch nehmen sie in der Fritteuse weniger Fett auf als Kartoffel-Chips. Trotzdem sind auch Mais-Chips kein Diät-Produkt. Laut der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit sollte ein Erwachsener in der Regel nicht mehr als 65 Gramm Fett pro Tag zu sich nehmen. 100 Gramm Mais-Chips enthalten je nach Produkt bereits knapp ein Drittel bis nahezu die Hälfte dieser Menge.
Bedenklich: In fast allen Mais-Chips fand man Gifte von Schimmelpilzen. Sie entstehen, wenn Schimmel wächst, und können auch nach Entfernung des Pilzes im Lebensmittel verbleiben. Sie sind hitzeresistent und werden daher weder beim Kochen noch beim Braten oder Backen zerstört. Selbst stark verarbeitete Lebensmittel können Schimmelpilzgifte enthalten. Solche Gifte können laut dem Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit akut toxisch wirken, die regelmässige Aufnahme kann schwere Gesundheitsschäden verursachen. Die Schäden hängen von der Art des Schimmelpilzes ab.
Nur die Snacks der Marke Maria Dolores aus dem Globus und von Coop Naturaplan waren frei von Schimmelpilzgiften. In den restlichen zehn Produkten fand das Labor insgesamt sechs verschiedene Gifte. Der K-Tipp berücksichtigte bei der Bewertung nur Gehalte, die für die Gesundheit der Konsumenten relevant sein könnten. Beispiel: Die Mais-Chips aus dem Lidl enthielten mehr vom krebserzeugenden Schimmelpilzgift Ochratoxin A, als die EU erlaubt (siehe Box). Dafür gab es vom K-Tipp eine Note Abzug.
Eine halbe Note Abzug erhielten Mais-Chips, wenn 100 Gramm davon mindestens ein Drittel der täglichen Höchstmenge für das jeweilige Schimmelpilzgift aufwiesen. Das war bei fünf Produkten der Fall. Im Lidl-Snack fand das Labor neben Ochratoxin A eine erhöhte Menge HT-2. Dieses Gift schwächt laut der Gesundheitsdirektion Basel-Landschaft das Immunsystem. Laut Lidl gab es bisher keine Auffälligkeiten bezüglich Ochratoxin A. Man werde die Ergebnisse mit dem Lieferanten besprechen.
Das Aldi-Produkt enthielt Deoxynivalenol. Laut dem deutschen Bundesinstitut für Risikobewertung kann das Schimmelpilzgift Erbrechen, Durchfall und Fieber verursachen. Bei den Chips von M-Classic, Pancho Villa und Old El Paso entdeckte das Labor Fumonisine. Sie wirken laut dem deutschen Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zellschädigend. Im Tierversuch waren sie krebserzeugend.
Auch Spuren von Pestiziden entdeckt
Das Labor fand in den Mais-Chips auch Pestizide oder Pestizidbestandteile: Die Snacks von Denner, Coop Qualité & Prix und Aldi enthielten Spritzmittelrückstände wie den Wirkstoffverstärker Piperonylbutoxid oder das Insektizid Cypermethrin. Laut der europäischen Chemikalienagentur Echa sind diese Substanzen «langfristig gewässerverschmutzend und giftig für Wasserlebewesen».
Piperonylbutoxid kann auch für Menschen problematisch sein: Tierversuche weisen darauf hin, dass diese Substanz Krebs erzeugen kann.
Cypermethrin kann den Hormonhaushalt stören. Das EU-Forschungsprojekt Contamed zeigte ausserdem, dass Cypermethrin bei männlichen Föten das Risiko von Fehlbildungen erhöht.
Nervengift Ochratoxin A: In der EU müsste Lidl seine Chips zurückziehen
Glück für Lidl, Pech für Schweizer Konsumenten: Würde in der Schweiz für das Schimmelpilzgift Ochratoxin A der gleiche Grenzwert wie in der EU gelten, müsste Lidl seine Mais-Chips «Snack Day» aus dem Verkauf nehmen und bereits verkaufte Produkte zurückrufen. Grund: Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung. Das von K-Tipp beauftragte Labor fand im Produkt von Lidl 2,25 Mikrogramm pro Kilogramm Ochratoxin A (μg/kg). In der EU sind in Getreidesnacks maximal 2 μg/kg des Gifts erlaubt – in der Schweiz sind es hingegen 3 μg/kg.
Ochratoxin A ist ein von Schimmelpilzen gebildetes Gift: Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit Efsa stuft den Stoff als krebserzeugend und erbgutschädigend ein. Zudem ist Ochratoxin A ein Nervengift und greift das Immunsystem an. In der EU gelten deshalb seit Anfang Jahr zum Schutz der Konsumenten für diverse Lebensmittel tiefere Grenzwerte für Ochratoxin A. Laut dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit will die Schweiz die EU-Grenzwerte übernehmen – allerdings würden sie «voraussichtlich» erst 2024 in Kraft treten.