Die gute Nachricht: 12 von 20 Tomaten waren frei von Pestiziden, 6 wiesen nur Spuren davon auf. Nur die spanischen Tomaten «Divino» von Denner und die französischen «Tasty Vine» aus dem Warenhaus Jelmoli enthielten erhöhte Mengen Pestizide.
Der K-Tipp kaufte im Mai 20 Proben frische Tomaten und schickte sie in zwei Labors. Der Ladenpreis pro Kilogramm war extrem unterschiedlich: Er lag zwischen Fr. 3.49 und rund 32 Franken.
Insgesamt fand das Labor neun Pestizide. drei Stoffe töten Insekten, fünf sollen Pilze vernichten. Zwei Produkte enthielten zudem Rückstände von Chlorat: die günstigen Schweizer Lidl-«Rispentomaten» und die sehr teuren spanischen Coop- Tomaten «Fine Food Amela». Chlorat war früher als Unkrautvernichter in der Schweiz und der EU erlaubt. Heute ist der Stoff als Pestizid verboten. Er kann die roten Blutkörperchen schädigen. Das Problem: Chlorat kann auch entstehen, wenn Bauern ihre Bewässerungsanlagen mit chlorhaltigem Wasser desinfizieren oder ihre Produkte waschen. In früheren Tests fand man Chlorat in Kokosmilch («Gesundheitstipp» 11/2019), Tiefkühlgemüse («Saldo» 5/2019) und Grüntee («Gesundheitstipp» 5/2018). Interessant: Die mit Pestiziden belasteten Tomaten stammen fast alle aus Hors-Sol-Produktion (siehe Kasten).
Die geprüften Tomaten enthielten höchst unterschiedliche Mengen Lycopin. Das ist ein natürlicher Farbstoff in Tomaten. Er stärkt das menschliche Abwehrsystem, schützt vor Herz-Kreislauf-Krankheiten und kann sogar das Krebsrisiko senken. Tomaten sollten also viel Lycopin enthalten.
Am meisten Lycopin fanden die Experten in den Schweizer «Herzli-Tomaten» von Globus (109 Milligramm pro Kilo, mg/kg), am wenigsten in den italienischen «Camone Sarde» (16 mg/kg), ebenfalls von Globus. Die «Herzli-Tomaten» schafften als einzige eine sehr gute Gesamtnote, weil sie auch keine Pestizide enthielten.
Zwei Bio-Tomaten mit wenig Lycopin
Ein hoher Lycopingehalt deutet darauf hin, dass die Tomaten bei viel Sonne und warmen Temperaturen wachsen konnten und reif geerntet wurden. Noch nicht ausgereifte Tomaten enthalten weniger Lycopin. Die Menge kann auch nach Sorte variieren. Die Tomaten in der Stichprobe hatten im Durchschnitt 62 mg/kg Lycopin.
Der K-Tipp bewertete Proben mit einem Gehalt von unter 50 mg/kg Lycopin mit ungenügenden Noten. Unter den betroffenen sechs Produkten sind auch zwei Bio-Tomaten.
Deutlich mehr Lycopin als in frischen Tomaten stecken in verarbeiteten Tomatenprodukten, wie Passata, Pelati und Ketchup. Ein Labor fand in Passata bis 159 mg/kg Lycopin (K-Tipp 4/2020). Pelati wiesen bis 143 mg/kg des Farbstoffes auf («Saldo» 17/2018).
Am meisten Lycopin steckte in Ketchup: dank dem enthaltenen Tomatenmark bis zu 190 mg/kg (K-Tipp 13/2017).
Tipp: Am besten kann der Körper das Lycopin in Kombination mit Fett verwerten. Tomatensauce beispielsweise sollte man deshalb immer mit etwas Olivenöl oder Butter zubereiten. Die deutschen Verbraucherzentralen raten, täglich einen Esslöffel Tomatenmark zu sich zu nehmen.
Einige Händler erklären die tiefen Lycopingehalte ihrer Tomaten mit den langen Transportwegen. Laut Aldi sind die Tomaten «bis zum gewünschten Reifegrad an der Pflanze gereift». Die Ernte erfolge «kurz vor der Vollreife».
Coop sagt, die Tomaten würden «von den Produzenten reif geerntet». Laut Migros liegt der tiefe Lycopingehalt bei der Demeter-Tomate «vermutlich bei der Sortenwahl».
Hors-Sol: Mehr Pestizide, weniger Deklaration
Sieben der acht Produkte mit Pestizidrückständen stammen aus Hors-Sol-Betrieben. Die pestizidfreien Tomaten wuchsen mehrheitlich in Gewächshäusern mit Erdkultur und im Freiland auf. Bei der Hors-Sol-Produktion im Gewächshaus wurzeln die Pflanzen nicht in der Erde, sondern in Kokosfasern, Steinwolle oder Schaumstoff. Nährstoffe erhalten sie über Schläuche.
Das Ergebnis der Stichprobe überrascht. Das Bundesamt für Landwirtschaft sagt, Hors-Sol-Produkte würden im Vergleich zu anderen Anbauformen nebst weniger Wasser und Dünger auch weniger Pestizide benötigen («Saldo» 3/19). Das Problem bei Hors-Sol: Für die Produktion braucht es deutlich mehr Energie, und auch qualitativ ist das Gemüse nicht gleichwertig (K-Tipp 19/2016).
Händler müssen Hors-Sol-Ware nicht als solche deklarieren. Nur Coop und Globus geben an, bei allen Produkten diese Anbauform anzuzeigen. Der K-Tipp fand hier Tomaten, die mit Hors-Sol deklariert waren. Lidl beschriftet Schweizer Hors-Sol-Ware, bei jener aus dem Ausland sei dies «aufgrund der vielen Produzenten nicht immer möglich». Keine Infos erhalten Konsumenten bei Aldi, Denner, Jelmoli, Migros und Spar. Laut Migros stammen etwa 85 Prozent ihrer Tomaten aus Hors-Sol-Produktion. Wer darauf verzichten will: Im Biolandbau ist Hors-Sol verboten.
So wurde getestet
Der K-Tipp liess 20 frische Tomatenproben durch zwei Labors untersuchen. Die Prüfkriterien:
Pestizide: Die Experten prüften die Tomaten auf rund 600 Pestizide.
Lycopin: Der Pflanzenfarbstoff soll vor Herz-Kreislauf-Krankheiten schützen und das Krebsrisiko senken. Bei Tomaten schützt Lycopin die Zellen vor den Sonnenstrahlen. Das heisst: Je mehr Sonne und Hitze, desto reifer die Tomaten und desto mehr Lycopin.
Solanin: Tomaten bilden diesen giftigen und hitzestabilen Bitterstoff. Er findet sich vor allem im grünen Stielansatz. Viel davon enthalten unreife, grüne Tomaten. Bei einer leichten Vergiftung leiden Betroffene an Kopfweh, Durchfall und Erbrechen. Das Labor fand bei keiner Probe Solanin.