Giftige Weichmacher in Stoppersöckli
Acht von elf Stoppersöckli enthalten grosse Mengen an schädlichen Phthalaten. Und dieFirma Ergee schmückt sich zu Unrecht mit einem Label für schadstofffreie Textilien.
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K-Tipp 6/2003
26.03.2003
Rolf Muntwyler - rom@ktipp.ch
Sobald sich Babys an Stühlen hochziehen und erste Steh- und Gehversuche unternehmen, muss eine rutschfeste Fussbekleidung her. Stoppersöckli oder ABS-Söckli, wie sie auch genannt werden, sind eine praktische Alternative zu Finken und Schuhen: Sie zwängen die Füsschen nicht in eine feste Form.
Die Noppen der Socken sind meistens aus PVC gefertigt. Um das Material weich und griffig zu machen, werden Phthalate eingesetzt. Diese Substanzen stehen in Verdacht, Leber, Nieren und Fo...
Sobald sich Babys an Stühlen hochziehen und erste Steh- und Gehversuche unternehmen, muss eine rutschfeste Fussbekleidung her. Stoppersöckli oder ABS-Söckli, wie sie auch genannt werden, sind eine praktische Alternative zu Finken und Schuhen: Sie zwängen die Füsschen nicht in eine feste Form.
Die Noppen der Socken sind meistens aus PVC gefertigt. Um das Material weich und griffig zu machen, werden Phthalate eingesetzt. Diese Substanzen stehen in Verdacht, Leber, Nieren und Fortpflanzungsorgane zu schädigen. Über die Haut gelangen sie auch in den Organismus. Phthalate könnten längerfristig noch andere schlimme Folgen haben: Sie gelangen beim Waschen in die Umwelt und werden dort nur schwer abgebaut. Deshalb landen sie früher oder später in der Nahrungskette.
Welche Stoppersöckli bieten auch ohne schädliche Inhaltsstoffe guten Halt? Der K-Tipp liess elf Produkte untersuchen: Das deutsche Institut Hohenstein testete Rutschfestigkeit und Passform. Ob die Socken Phthalate enthalten, prüften Fachleute im Umwelt-Labor Wierz-Eggert-Jörissen.
Unbestritten ist, dass Phthalate nicht in den Kindermund gehören. In der Verordnung über Gebrauchsgegenstände (GebrV) ist denn auch ein Grenzwert festgelegt: 0,1 Massenprozent in «Gebrauchsgegenständen für Kinder», «die bestimmungsgemäss oder vorhersehbar in den Mund genommen werden». Das sind 1 Gramm pro Kilo PVC. Ausdrücklich genannt werden Nuggis, Schoppensauger, Beissringe und Spielzeug.
Der Grenzwert gilt also nicht für andere Gegenstände: Laut Verordnung ist es nicht vorhersehbar, dass Babys an ihren Socken nuckeln. Doch nehmen Kleinkinder so ziemlich alles in den Mund, was ihnen in die Hände gerät. Ein beliebtes Objekt sind ihre eigenen Füsse. Ob die besockt sind oder nicht, kümmert die Kleinen wenig.
Kurt Lüthi vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) nimmt aber die Erwachsenen in die Pflicht: «Wenn Babys ihre Socken immer wieder in den Mund nehmen, müssen die Eltern einschreiten.» Nach dieser Argumentation ist das Gesetz für bedenkliche Inhaltsstoffe im Spielzeug zuständig, für jene in Kinderkleidern die Eltern.
Einer anderen Logik folgt das Textil-Label «Öko-Tex Standard 100». Mit seinen Richtlinien will es für schadstofffreie Kleider garantieren.
«Die Öko-Tex-Richtlinie von 0,1 Prozent Gehalt ist ein faktisches Verbrauchsverbot für Phthalate in Babykleidern mit dem Label», sagt Jean-Pierre Haug vom Schweizer Textilprüflabor Testex, das auch Öko-Tex-Zertifizierungsstelle ist. Denn mit solch geringen Konzentrationen lasse sich PVC nicht weichmachen.
Die Resultate der K-Tipp-Untersuchung zeigen, dass das Verwenden von Phthalaten gang und gäbe ist. Der gravierendste Fall liegt bei den Ergee-Socken vor. Deren Noppen enthielten 20 Prozent dieser Weichmacher. Trotzdem ist das Produkt mit dem Öko-Tex-100-Label gekennzeichnet.
Viele mit rund 20 Prozent Schadstoffen
Jean-Pierre Haug spricht von einer «missbräuchlichen Verwendung des Öko-Tex-Signets». Ergee schreibt, man habe wohl versehentlich eine ältere Ladung Socken mit Öko-Tex-Etiketten versehen, die für neue, schadstofffreie Socken bestimmt gewesen wären. Für Haug ist diese Erklärung nicht akzeptabel.
Die meisten getesteten Noppen haben einen Phthalat-Gehalt im Bereich von 20 Prozent (200 g/kg), im Fall des Falke Catspads sind es gar 39 Prozent.
Die Reaktionen der Hersteller und Detaillisten zeigen, dass sie sich der Problematik bewusst sind. Glaubt man ihren Aussagen, werden die meisten Produkte bald ohne Weichmacher gefertigt.
- Konsequent gehandelt hat die Vertreiberin der Puma-Socken, die deutsche Dobotex: Sie zieht alle Bestände aus den Läden zurück. In Zukunft sollen nur noch Puma-Socken ohne Phthalate auf den Markt gelangen.
- Die Migros schreibt, sie habe im letzten Herbst entschieden, nur noch phthalatfreie Socken herstellen zu lassen. Die Restbestände bleiben aber im Regal. Die neue Generation sei erst ab Mai im Verkauf.
- Auch der zweite Detailhandelsriese stellt um: Laut Coop-Schreiben fiel im Februar der Entscheid, für Naturaline-Produkte keine Phthalate mehr zu verwenden, bei anderen Coop-Artikeln noch maximal 0,1 Prozent, was der Öko-Tex-100-Richtlinie entspricht. Die verbesserten Textilien gibts jedoch erst ab Herbst.
- Falke und Ewers-Hersteller Malerba betonen, Phthalate in Socken seien unbedenklich. Trotzdem habe man die Produktion umgestellt. Der K-Tipp müsse ältere Socken eingekauft haben. (Der Einkauf erfolgte Ende Januar.)
- Etliche Vertreiber - darunter auch der Lollipop-Importeur - betonen, dass es für Stoppersocken keine gesetzlichen Grenzwerte gibt.
- Storlek Nowali hat auf die Testresultate nicht reagiert.
Ohne Weichmacher sind nur die H&M-Söckchen; die «Baby Club» von C&A enthalten Mengen, die unter dem gesetzlichen Wert von 0,1 Prozent liegen. Für Textil-Experte Haug ist klar, dass es sich dabei um eine Verunreinigung handelt: «Phthalate in dieser geringen Menge absichtlich beizumischen wäre unsinnig.» Auch der Gehalt in den Coop-Naturaline-Socken sei zu gering, um als Weichmacher zu wirken.
Verblüffend sind die Preise: Die zwei besten Socken im Test kosten bloss Fr. 3.90 bzw. Fr. 2.25 pro Paar.
Nach fünfmal Waschen waren die Noppen weg
Der K-Tipp hat aber auch testen lassen, ob die Socken rutschfest sind und wie sie passen. Für die Passformprüfung wurden die Socken über die grösste angegebene Fussgrösse gestülpt: bei einer Grössenangabe 21-24 also über eine 24. Diese Tests wurden vor dem Waschen und nach fünf Waschgängen durchgeführt. Bei der Haftung kamen nur Storlek Nowali und Lollipop ins Schlingern. Erstaunlich: Einige Noppen waren nach dem Waschen griffiger, andere verloren an Haftkraft. «Baby Club» von C&A schnitt bei diesem Kriterium und bei der Passform am besten ab.
Durchgefallen beim Passformtest ist das Ewers-Textil: Vor dem Waschen war es knapp genügend gross, danach zu klein. Hersteller Malerba vermutet, dass die Socken mit falschen Grössenangaben etikettiert waren. Er weist aber darauf hin, dass gerade hochwertige Baumwollsocken wie die seinen zum Eingehen neigen.
Eine grosse Schwäche zeigten auch die «Coop Fashion Socks»: Schon nach fünfmal Waschen fielen die Noppen weg! Und dies, obwohl die Waschanleitungen strikte eingehalten wurden.
Gute Hochstühle und Absperrgitter
Die Zeitschriften «Test» und «J'achète mieux» haben Kinderhochsitze respektive Absperrgitter geprüft.
7 der 15 Kinderhochstühle sind nicht sicher. Das ist das Fazit der «Test»-Prüfung. «Gut» in der Kategorie «mitwachsende Stühle» waren:
- Stokke Tripp Trapp (Fr. 219.-)
- Moizi (Fr. 269.-)
Die Stühle der anderen Kategorien erhielten allesamt keine guten Noten.
Quelle: «Test», 3/03, erhältlich bei der SKS, Tel. 031 307 40 40.
Sicherheitsbarrieren: Unmöglich zu öffnen für Kleinkinder, umso einfacher aber für die Erwachsenen: Das müssen Absperrungen für Kleinkinder können. «J'achète mieux» hat 9 Absperrungen von Müttern bewerten lassen. Mit «sehr gut» abgeschnitten haben:
- Bettacare, Auto-Close Gate (Fr. 99.-, Baby 2000)
- Baby Dan, The Premier Pressure Gate (Fr. 137.-, Fachgeschäft)
Quelle: «J'achète mieux», 3/03, Tel. 021 312 80 06.