Geschädigte Haarspitzen können mit einer Haarkur repariert werden – so das Versprechen der Hersteller. Die Kur von Pantene Pro-V zum Beispiel repariert laut Verpackung «Schäden von sechs Monaten» in nur zwei Minuten.
Doch stimmt das? Der K-Tipp schickte acht Haarkuren ins Labor. Jedes Produkt kostete weniger als 10 Franken und reicht für mehrere Anwendungen. Gemäss Verpackung trägt man die Kuren nach der Haarwäsche auf und lässt sie für wenige Minuten einwirken, bevor man sie wieder ausspült.
Die gute Nachricht: Alle der getesteten Kuren reduzierten den Haarbruch. Bei Strähnen, die zuvor mit einer Haarkur behandelt wurden, brachen weniger Haarspitzen als bei unbehandelten Strähnen. Allerdings war der Unterschied zwischen den Produkten gross.
Den besten Schutz boten die Kuren von Syoss, Elseve und der Lidl-Marke Cien. Nach der Anwendung dieser Haarkuren brachen beim Kämmen im Labor rund 90 Prozent weniger Spitzen als bei den unbehandelten Strähnen.
Im Vergleich zu diesen drei Produkten fielen nach der Kur von Pantene Pro-V rund neun Mal mehr Haarspitzen dem Kamm zum Opfer. Das Produkt ist damit kaum in der Lage, «Schäden von sechs Monaten» zu beheben, wie die Werbung verspricht.
Den geringsten Schutz im Test bot die Haarkur von Hersteller Garnier Fructis: Bei den behandelten Strähnen rieselten fast so viele Spitzen wie bei den unbehandelten Haarsträhnen.
Längere Einwirkzeit bringt nichts
Die Hersteller empfehlen je nach Produkt, die Kuren zwischen zwei und fünf Minuten einwirken zu lassen, bevor man sie ausspült. Der K-Tipp-Test zeigt: Eine längere Einwirkzeit schützt das Haar nicht besser. Beispiel: Mit dem Lidl-Produkt brachen nach der empfohlenen Einwirkzeit von zwei Minuten nur wenige Haarspitzen. Die Kur von Garnier Fructis schützte das Haar trotz einer Einwirkzeit von drei Minuten deutlich schlechter.
In den Produkten von Elseve und Pantene Pro-V fand das Labor polyzyklische Moschusverbindungen. Dank diesen halten Düfte länger auf der Haut. Doch die künstlichen Stoffe gelangen durch die Haut und die Atmung ins Blut und reichern sich im menschlichen Fettgewebe an. Eine in beiden Kuren nachgewiesene Moschusverbindung heisst Galaxolid. Laut der US-amerikanischen Umweltschutzbehörde EPA ist die Substanz «eine potenzielle Gefahr für die Umwelt und die menschliche Gesundheit». Unter anderem könnte Galaxolid die Entwicklung von Kindern beeinträchtigen. Der Stoff gelange ins Grund- und Trinkwasser – dadurch sei die ganze Bevölkerung gesundheitlichen Risiken ausgesetzt. Trotzdem müssen Hersteller den Stoff auf Verpackungen nicht deklarieren.
Auch allergene Stoffe nachgewiesen
Wenn es während oder nach einer Haarkur auf dem Kopf zu jucken beginnt, könnte dies eine Reaktion auf allergene Duftstoffe sein. Das wissenschaftliche Beratungskomitee der EU stuft 26 solche Stoffe als besonders häufig Allergien auslösend ein. Kosmetikhersteller müssen diese Substanzen auf ihren Produkten angeben, wenn sie eine gewisse Konzentration überschreiten.
Der K-Tipp bewertete diese Stoffe streng, da die Kuren ins Haar und damit in die Kopfhaut einmassiert werden. Zudem öffnet das warme Wasser die Poren, und die Produkte verbleiben während der Einwirkzeit mehrere Minuten auf dem Kopf.
Procter & Gamble, Hersteller von Pantene Pro-V, bemängelt das Testverfahren. Nach der Anwendung würden normalerweise keine 20 000 Kammzüge getätigt: «Die erhobenen Messwerte zeigen nicht die reale Produktleistung unserer Haarkur in der Praxis.»
Auch Hersteller L’Oréal übt Kritik. Der Test zeige nicht, ob die Produkte das Haar entwirren oder beschweren und es rasch nachfetten lassen. Die L’Oréal-Kur Garnier Fructis sei auf «verschiedene Verwendungszwecke» abgestimmt. Sie sei selbst für trockenes Haar geeignet und müsse nicht zwingend ausgespült werden.
Der Hersteller Henkel schreibt dem K-Tipp, der grosse Unterschied zwischen dem Schwarzkopf- und dem Syoss-Produkt bei der Haarbruchmessung sei «nicht nachvollziehbar».
So wurde getestet
Ein spezialisiertes Labor in Deutschland prüfte für den K-Tipp acht Haarkuren. Die Kriterien:
Wirksamkeit: Wie viel Haar bricht mit welcher Kur? Zuerst wurden Haarsträhnen durch eine chemische Reinigung und Blondierung geschädigt. 48 Stunden später trugen die Experten das jeweilige Produkt auf je fünf Strähnen auf und massierten es ein. Nach der auf der Verpackung vorgegebenen Einwirkzeit wuschen sie die Kur wieder aus und liessen die Strähnen trocknen. Dann wurden die Haare 20 000 Mal maschinell gekämmt. Abgebrochene Haarstücke wurden gewogen. Parallel liessen die Experten unbehandelte Strähnen kämmen. Das Gewicht der dabei abgebrochenen Haare diente als Vergleichswert.
Problematische Stoffe: 26 Duftstoffe mit erhöhtem Allergiepotenzial müssen über 100 Milligramm pro Kilo deklariert sein. Enthielt ein Produkt drei oder mehr allergene Duftstoffe in dieser Menge, gab es eine halbe Note Abzug. Fand das Labor stark allergene Duftstoffe, gab es zusätzlich einen Abzug von 1,5 Noten.
Polyzyklische Moschusverbindungen, Cashmeran: Diese Stoffe gelten als gesundheitlich problematisch. Für Moschusverbindungen gab es eine ganze Note Abzug. Die getesteten Produkte enthielten kein Cashmeran.
«Repair»-Haarkuren reparieren nicht
Gute Kuren glätten die Schuppenschicht des Haars. Der Effekt hält allerdings nicht sehr lange.
Ein Haar gleicht – stark vergrössert – mit seiner Schuppenschicht einem Tannenzapfen. Diese Schicht schützt das Haar. Liegen die Schuppen an, wirkt das Haar gesund. Kämmen, Föhnen, Färben, Sonne, Chlor- und Salzwasser oder Stylingprodukte strapazieren das Haar jedoch und trocknen es aus. Die schützende Schuppenschicht raut auf. Die Faserstränge darunter liegen frei und spalten sich nach oben hin auf. Sogenannter Spliss entsteht.
Gute Haarkuren befeuchten das Haar, glätten die Schuppenschicht und verschliessen sie. Das schützt die Spitzen und verhindert, dass sie beim nachträglichen Frisieren brechen. Das Haar wird entwirrt, es sieht gesünder aus und fühlt sich besser an. Der glättende Effekt hält allerdings selbst laut Hersteller Procter & Gamble nur «bis zur nächsten Haarwäsche». Trotz den vollmundigen Versprechen der Produzenten reparieren die Kuren also geschädigtes Haar nicht. Wer gesunde Spitzen will, muss sie schneiden lassen.