Guter Schutz für kleine Köpfe
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K-Tipp 8/2002
17.04.2002
Kinder- und Jugend-Velohelme im K-Tipp-Test: 3 von 13 Prüflingen bieten zu wenig Schutz
Nur ein guter Kinder-Velohelm schützt zuverlässig. Deshalb reagiert die Migros schnell: Sie zieht ihren im K-Tipp-Test durchgefallenen Helm aus dem Verkauf.
Thomas Vogel tvogel@ktipp.ch
Jeder Schweizer fährt mit dem Velo im Durchschnitt dreimal von Zürich nach Bern - pro Jahr. Fahrradfahren ist hierzulande äusserst beliebt. Kein Wunder, ist es doch gesund, um...
Kinder- und Jugend-Velohelme im K-Tipp-Test: 3 von 13 Prüflingen bieten zu wenig Schutz
Nur ein guter Kinder-Velohelm schützt zuverlässig. Deshalb reagiert die Migros schnell: Sie zieht ihren im K-Tipp-Test durchgefallenen Helm aus dem Verkauf.
Thomas Vogel tvogel@ktipp.ch
Jeder Schweizer fährt mit dem Velo im Durchschnitt dreimal von Zürich nach Bern - pro Jahr. Fahrradfahren ist hierzulande äusserst beliebt. Kein Wunder, ist es doch gesund, umweltfreundlich, günstig und vor allem in Städten sehr praktisch.
Aber es ist auch gefährlich. Radler riskieren bei gleich langer Fahrt fünf- bis achtmal häufiger einen tödlichen Unfall als Autofahrer. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu).
Das bestätigen auch die Unfallzahlen: Im Jahr 2000 verletzten sich rund 27 000 Velofahrer bei Unfällen, 48 starben. Am meisten gefährdet ist dabei der Kopf. Jeder vierte verunfallte Fahrradfahrer zieht sich Kopfverletzungen zu. Das sind rund 7000 Personen pro Jahr.
Dabei liessen sich die meisten dieser zum Teil schweren Verletzungen vermeiden, wenn alle Velofahrer einen Helm tragen würden. Das belegen verschiedene Studien. Sie gehen von 5600 Kopfverletzungen und 27 Todesfällen pro Jahr weniger aus. Heute schützt jedoch erst jeder fünfte Radler seinen Kopf.
Mit 8000 Verunfallten im Jahr 2000 waren Kinder überproportional häufig Opfer. Sei es, weil das Bewusstsein für Gefahren noch schwach ausgeprägt ist oder weil sie grössere Risiken eingehen.
Etwa 1600 Kinder weniger hätten sich am Kopf verletzt, wenn alle einen Helm getragen hätten. Vorausgesetzt natürlich, der Helm schützt tatsächlich. Das ist nämlich nicht immer der Fall: In einem letztjährigen K-Tipp-Test schützte nur jeder zweite Kinderhelm (siehe K-Tipp 7/2001) genügend oder gut.
Der Verschluss ist häufig zu wenig stark
Der K-Tipp wollte deshalb wissen, ob die Velohelme besser geworden sind. Er kaufte 13 Kinder- und Jugendvelohelme und liess sie bei der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt (Empa) nach europäischen Normen untersuchen.
Das Ergebnis ist erfreulich. Nur drei fielen durch:
- High Tech Protection aus dem Jumbo
- Giro Rodeo aus dem Fachhandel
- Crosswave Grepper Veto aus der Migros
Sie alle konnten im so genannten Abstreiftest nicht überzeugen. Bei dieser Prüfung wird der Helm auf einen passenden Prüfkopf gesetzt und der Kinnriemen fest zugezogen. Mit Hilfe eines hinten mit Haken am Helm angebrachten Drahtseils wird der Helm einer plötzlichen Zugkraft nach schräg oben und vorne ausgesetzt, um zu prüfen, ob er in Vorwärtsrichtung vom Kopf abgestreift werden kann.
Dieser Test simuliert einen harten Sturz auf den Hinterkopf. Vor allem Inline-Skater fallen häufig auf den Hinterkopf.
Der Abstreiftest bestätigte eine Aussage, welche die bfu bereits 1999 machte: «Ein Fragezeichen bleibt betreffend der Verschlüsse, die bei den meisten Produkten wenig ausgereift sind.»
Tatsächlich barsten beim High Tech die Schnallen und beim Crosswave rissen die Halterungen aus der Schale.
«Die Sicherheit der Kunden hat bei der Migros höchste Priorität», schreibt der Grossverteiler und zieht den Helm unverzüglich aus dem Verkauf. Jumbo wie auch Migros machen nun eigene Nachtests.
Auch Jumbo verspricht in einer Stellungnahme: «Sollte sich herausstellen, dass das Testergebnis der Empa kein Einzelereignis ist, werden wir uns überlegen müssen, wie wir mit diesem Modell weiterfahren sollen.»
Importeur zweifelt an Seriosität der Tests
Auf eine schlechte Passform führt Prüfleiter Siegfried Derler das Ergebnis des Giro-Helmes zurück. Es war das einzige Produkt, das sich zerstörungsfrei über den Prüfkopf streifen liess.
Keine Probleme mit diesem Ergebnis hat der GiroImporteur Paul Hubacher: «Ich verkaufe meine Helme dennoch.» Hubacher zweifelt grundsätzlich an der Seriosität der Empa und unterstellt der Empa gar, dass sie Tests durchführe, zu denen sie gar nicht berechtigt sei.
Dazu Derler: «Die Empa ist ein akkreditiertes Labor für solche Prüfungen, wenn auch bislang in Europa nicht als Prüfstelle anerkannt.» Mit den bilateralen Verträgen ändert sich das aber.
Um im europäischen Raum nicht ins Abseits zu gelangen, ist die Empa deshalb einen Zusammenarbeitsvertrag mit dem Zentrum für Sicherheitstechnik in Erkrath, Deutschland, eingegangen. «Es übernimmt die Zertifizierung der von uns durchgeführten Prüfungen im Helmsektor», sagt Derler.
So sitzt der Helm
Ein Velohelm schützt bei Stürzen - aber nur, wenn man ihn richtig trägt.
Richtig - Der Helm sitzt gut, der ganze Kopf ist geschützt
Falsch - Nasenbein und Stirn sind nicht geschützt
Einen Fingerbreit über der Augenbraue: Die Helmschale darf weder drücken noch Spiel haben
Ohr liegt zwischen den Riemen: Das Teil zur Einstellung der Riemenlänge liegt unter dem Ohr
Platz für einen Finger: Den Kinnriemen so fest anziehen, dass ein Finger noch knapp Platz hat