Rund 60 Prozent der Frauen und 10 Prozent der Männer in der EU lassen sich laut Zahlen der Europäischen Kommission regelmässig die Haare färben. Soll die Farbe möglichst lang halten, geht das nur mit dem Einsatz von Chemie. Davon zeugt der Warnhinweis auf den Verpackungen, wonach Haarfärbemittel schwere allergische Reaktionen hervorrufen können.
Der K-Tipp liess im Labor untersuchen, wie viele kritische Stoffe in den Produkten stecken. Die Experten prüften zwölf permanente braune Haarfärbeprodukte – also Mittel, die sich nicht auswaschen lassen. Alle Produkte stammen aus den Läden der Grossverteiler. Sie bestehen aus einer Colorcreme und einer Flasche mit Entwicklerlotion.
Schädliche Stoffe tiefer dosiert
Die gute Nachricht: Im Vergleich zum letzten K-Tipp-Test vor zwölf Jahren waren in den Produkten viele heikle Stoffe deutlich tiefer dosiert. Ein Beispiel: Im Jahr 2010 enthielten die Haarfarben noch bis zu 3 Prozent Toluylendiamin. Diese Chemikalie gilt als stark allergisierend und gewässerverschmutzend. Im aktuellen Test lagen alle Gehalte unter 0,5 Prozent. Auch die Anteile an hautreizendem Wasserstoffperoxid sind tiefer als früher.
Der wissenschaftliche Ausschuss für Verbrauchersicherheit der EU hat in den letzten Jahren mehr als 180 chemische Bestandteile von Haarfarben verboten. Die Hersteller scheinen auf diese Beschränkungen reagiert zu haben.
Trotzdem: Permanente Haarfärbemittel sind für Mensch und Umwelt weiterhin nicht unbedenklich. Kontaktallergien sind noch immer häufig, schreibt die EU-Kommission in ihrem Merkblatt zu Haarfärbemitteln.
Die wichtigsten Ergebnisse des Tests: Als einziges Produkt schnitt das Mittel «Schwarzkopf Only Love» gut ab. Es enthielt mit Resorcin lediglich einen einzigen allergisierenden Stoff. Ohne Resorcin kommt keine Haarfarbe im Test aus: Diese Substanz sorgt dafür, dass sich die Farbe mit dem Haar verbindet.
Deutlich mehr Chemikalien fanden sich in den drei Produkten mit der Note «ungenügend»: «Schwarzkopf Color Expert» enthielt nicht weniger als neun allergene Stoffe, bei der «Intensive Creme Coloration» aus der Migros waren es sieben und bei «Garnier Belle Color» vier.
Die gesetzlichen Grenzwerte wurden bei allen Produkten eingehalten. Henkel als Hersteller von «Color Expert» sowie die Migros und Aldi argumentieren, dass gewisse Chemikalien nötig seien, um Haare dauerhaft zu färben. Laut der Migros werden einige Stoffe eingesetzt, um den unangenehmen Duft der Färbemittel zu kaschieren. Henkel schreibt zudem, man entwickle die Haarfarben so, dass die Belastung von Mensch und Umwelt möglichst klein sei.
Haarfärbemittel sind nichts für Teenager
Gemäss dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit sind Haarfarben, die sich nicht auswaschen lassen, für Jugendliche nicht geeignet. Das Amt schreibt in seinen Empfehlungen zu Haarfärbemitteln, dass Jüngere nicht mit den enthaltenen allergieauslösenden Stoffen in Kontakt kommen sollten. Mit einer Beschränkung der Konzentration von Reizstoffen lasse sich das Risiko einer allergischen Reaktion bloss begrenzen, aber nicht ausschliessen.
In der Schweiz müssen permanente Haarfärbemittel mit dem Hinweis gekennzeichnet sein, dass die Produkte für Jugendliche unter 16 Jahren nicht geeignet sind. Dabei handelt es sich aber nicht um ein Verbot. Vor fünf Jahren zeigte eine «Saldo»-Stichprobe mit einer 13-jährigen Testkäuferin: Jugendliche können solche Mittel problemlos kaufen. In keiner einzigen Verkaufsstelle wurde die Jugendliche nach ihrem Alter gefragt oder auf allfällige Risiken aufmerksam gemacht («Saldo» 12/2017).
Auf den Verpackungen und in den Gebrauchsanweisungen von permanenten Färbemitteln finden sich wie erwähnt viele Warnhinweise zu möglichen schweren allergischen Reaktionen. Dazu zählen juckende Hautstellen, ein Anschwellen des Gesichtes, Kurzatmigkeit oder Schwindel. Wichtig: Solche allergischen Reaktionen können auch erst Stunden nach dem Färben der Haare auftreten. Laut den Herstellern sollten Anwender bei solchen Anzeichen einen Arzt aufsuchen.
Finger weg von Allergie-Selbsttests
In einigen Gebrauchsanleitungen wird empfohlen, vor der Anwendung der Haarfärbemittel einen Allergieverdachtstest durchzuführen. Benutzer sollen sich dafür ein wenig Colorcreme in die Armbeuge streichen und 45 Minuten lang einwirken lassen. Nach dem Abwaschen solle man 48 Stunden warten und prüfen, ob eine allergische Reaktion eingetreten ist. Das deutsche Bundesamt für Risikobewertung rät von solchen Selbsttests ab: Aufgrund des hohen Allergiepotenzials einiger Stoffe sei es bereits nach einem kurzen Selbsttest möglich, dass sich dauerhaft eine Allergie entwickle.
Hinzu kommt: Es hängt nicht nur von der Konzentration eines Inhaltsstoffes ab, ob Haarfarben oder auch Produkte wie Reinigungsmittel oder Kosmetika eine Allergie auslösen können. Es kommt auch darauf an, wie häufig die Haut mit solchen Stoffen in Kontakt kommt. Das Problem: Niemand weiss, wie oft dies bei der Anwendung solcher Produkte bereits geschehen ist. Der stark allergisierende Farbstoff p-Phenylendiamin zum Beispiel kommt auch in schwarzer Hennafarbe, in Kleidern und gefärbtem Leder vor.
So hat der K-Tipp getestet
Das Kosmetiklabor Eurofins in Hamburg (D) suchte in zwölf braunen permanenten Haarfarben, die sich nicht auswaschen lassen, nach mehr als 40 heiklen Stoffen. Einige davon werden als Duftstoffe zugesetzt, andere wirken konservierend. Auch Farbstoffe und Entwicklersubstanzen in den Mitteln können für Mensch und Umwelt schädlich sein. Im Fokus standen folgende Inhaltsstoffe:
Stoffe, die Allergien auslösen
Dazu zählen 26 bekannte Duft- und Konservierungsstoffe, die nachweislich das Risiko für Allergien erhöhen.
Umweltschädliche Stoffe
Laut der europäischen Chemikaliendatenbank Echa können Stoffe wie Benzylalkohol, Alpha-Isomethyl-Ionon, Resorcin und Limonen langfristig Gewässer verschmutzen und Wasserorganismen schädigen. Laut dem deutschen Umweltbundesamt filtern selbst Abwasserreinigungsanlagen viele dieser Chemikalien nicht komplett heraus.
Wasserstoffperoxid
Diese Chemikalie macht das dauerhafte Färben der Haare erst möglich. Sie öffnet die äussere Schicht der Haare, bleicht und sorgt dafür, dass die Haare die Farbe aufnehmen. Der Stoff kann bei häufiger Anwendung oder in starken Konzentrationen den Haaren schaden und die Haut reizen. Deshalb gilt: Beim Kolorieren immer Handschuhe tragen. Coiffeure arbeiten meist mit niedrigen Konzentrationen des Stoffes von 1 bis 6 Prozent, um Haarschäden zu vermeiden.