Keine Wohltat für Haut und Lunge
Deo-Sprays enthalten viele gesundheitlich bedenkliche Substanzen und Sprühnebel, der in die Lunge eindringt. Von 14 untersuchten Deos sind nur 5 empfehlenswert.
Inhalt
K-Tipp 5/2006
08.03.2006
Rolf Muntwyler - rolf.muntwyler@ktipp.ch
Körpergerüche sind verpönt. Um sicherzugehen, dass unangenehmen Ausdünstungen gar nicht erst entstehen, beugen viele Schweissgeplagte vor: Sie rollen, schmieren und sprayen gleich nach der Dusche ein Deodorant unter die Arme. Mit Deos werden in der Schweiz jährlich 64 Millionen Franken umgesetzt - in Form von Sticks, Rollern und Sprays. Die Sprays sind auf dem Vormarsch und haben Sticks und Roller umsatzmässig überholt.
Deos haben aber auch weniger dufte Seiten: Sie enthalt...
Körpergerüche sind verpönt. Um sicherzugehen, dass unangenehmen Ausdünstungen gar nicht erst entstehen, beugen viele Schweissgeplagte vor: Sie rollen, schmieren und sprayen gleich nach der Dusche ein Deodorant unter die Arme. Mit Deos werden in der Schweiz jährlich 64 Millionen Franken umgesetzt - in Form von Sticks, Rollern und Sprays. Die Sprays sind auf dem Vormarsch und haben Sticks und Roller umsatzmässig überholt.
Deos haben aber auch weniger dufte Seiten: Sie enthalten Inhaltsstoffe, die man seiner Haut nicht unbedingt zumuten sollte. Grund für den K-Tipp, Deodorant- und Antitranspirant-Sprays auf gesundheitsgefährdende Substanzen prüfen zu lassen. Das Labor WEJ Eurofins in Hamburg (D) untersuchte für den K-Tipp je sieben Frauen- und Männer-Deos auf sechs Stoffgruppen. Zu den Produkten gehörten neben den meistverkauften Sprays auch drei von Naturkosmetik-Herstellern.
Da von der Migros beim Einkauf kein vergleichbarer Spray für Männer erhältlich war, sind nur Migros-Deos für Frauen im Test.
Weil es sich bei der Anwendung von Sprays kaum vermeiden lässt, den versprühten Nebel einzuatmen, untersuchte das Prüflabor Wori in Bobritzsch (D), welcher Anteil der versprühten Teilchen in die Lunge - kleiner als 10 Mikrometer (µm) - oder gar in die Lungenbläschen (2,5 µm) vordringen kann. Die lungengängigen Kleinpartikel, so genannte PM10, sind wegen der Überschreitung der Feinstaub-Grenzwerte diesen Winter in die Schlagzeilen geraten.
Wer viel sprayt, hat höheres Asthmarisiko
Natürlich lässt sich die konstante Belastung durch Feinstaub in der Aussenluft oder in belasteten Innenräumen wie verrauchten Bars nicht mit dem Sprühnebel eines Sprays vergleichen, den man nur gerade bei der Anwendung einatmet. Dennoch führen die Teilchen zu einer zusätzlichen Belastung der Atemorgane. «Wer im Haushalt häufig Sprays verwendet, hat ein erhöhtes Asthmarisiko», erklärt Roger Waeber vom Bundesamt für Gesundheit (BAG). Das sei erwiesen. «Generell sind viele kleinere Teilchen problematischer als wenige grosse.»
Die Resultate der Labortests sind bedenklich: Im Sprühnebel von zehn der getesteten Sprays ermittelte das Labor mehr als 20 Prozent PM10-Anteil, bei vier Sprays gar über 40 Prozent.
Am extremsten aber sind Adidas und Nivea Dry for Men mit rund 50 Prozent PM10-Gehalt. Nivea-Herstellerin Beiersdorf schreibt dem K-Tipp als Reaktion auf den hohen Wert, die hauseigenen Messungen ergäben 31 Prozent PM10.
Besser als die Aerosol-Deos - Sprays mit Treibmitteln - schneiden die drei Pumpsprays im Test ab: Lavera Men, Weleda Citrus Deo und Alva Deo-Kristall enthalten deutlich weniger lungengängige Partikel.
Ungesunde Duftstoffe in mehreren Sprays
Beiersdorf zeigt, dass es auch bei Aerosolen anders geht: Mit 8 Prozent lungengängigen Teilchen erreicht das Frauen-Deo Nivea Pure einen tiefen Wert. Nivea stellt damit die Spraydosen mit dem höchsten und dem geringsten Anteil an PM10.
Der Sprühnebel der meisten Sprays enthält einen relativ geringen Anteil an PM2,5. Im schlechtesten Fall, bei Adidas Fresh, liegt er bei 3 Prozent. Aber das ist noch immer genug, um den Atem anzuhalten.
Auch mit den Inhaltsstoffen steht es bei den meisten Sprays nicht zum Besten. Und hier sieht Otto Brändli, Lungenarzt und Präsident der Lungenliga des Kantons Zürich, ein Problem: «Die Kombination von lungengängigen Tröpfchen und gesundheitlich bedenklichen Stoffen ist ungünstig.»
So enthält das Gros der Sprays gleich mehrere Duftstoffe, die wegen ihres Allergierisikos deklariert werden müssen.
- Von den Substanzen mit dem höchsten Allergiepotenzial, der Kategorie A, enthielt Tabac Original 240 mg/kg Isoeugenol.
- Von den ebenfalls stark allergenen Duftstoffen der Kategorie B war Lyral in den drei Sprays Nivea Dry for Men, Axe Africa sowie Denim enthalten, Hydroxycitronellal in den Deo-Sprays Denim und Tabac, Cinnamylalkohol ebenfalls in Tabac.
Tabac bildete das Test-Schlusslicht
- Halogenorganische Verbindungen sind in geringen Mengen in zwei (Denim und Explonic) Test-Produkten vorhanden.
- Polyzyklische Moschusverbindungen konnte das Labor in drei der untersuchten Sprays nachweisen: Rexona Men Cobalt Blue, Axe Africa und Tabac Original.
Tabac enthält damit klar am meisten gesundheitlich umstrittene Stoffe.
- Wenn die Deodorant-Hersteller zu Aluminiumsalzen als Schweisshemmer greifen, schöpfen sie aus dem Vollen. Den höchsten Wert mass das Labor bei Dove Fresh: 156 Gramm/ Kilo oder 15 Prozent. Ebenfalls bedenkliche Mengen Aluminiumsalze enthalten Nivea Dry for Men (100 g/kg), Nivea Pure (83 g/kg) und Rexona Men (60 g/kg).
Als einziger Naturkosmetik-Spray enthält Alva Deo-Kristall Aluminiumsalze. Allerdings ist der Gehalt mit 2 g/kg im Verhältnis sehr gering.
Wie zu erwarten war, geben die drei Naturkosmetik-Labels Lavera, Weleda und Alva kaum Anlass zu Kritik. Sie produzieren im Test die sanftesten Deos für Männer und für Frauen.
Auffällig sind die insgesamt besseren Resultate der Deos für Frauen. Schneiden bei den Männer-Sprays alle bis auf den «sehr guten» Lavera mit «ungenügend» ab, können auch Migros und andere Grossverteiler mit empfehlenswerten Frauen-Deos aufwarten: Magic Oriental Pleasure und Nivea Pure kann man ohne Bedenken aufsprühen.
Noch ein Wort zur Deklaration von allergenen Duftstoffen: Kein einziger war auf der Explonic-Spraydose der Migros aufgeführt, obwohl acht Substanzen deklarationspflichtig wären. Belangt werden kann die Migros aber nicht, da eine Übergangsfrist bis Ende Jahr gilt, damit ältere Produkte noch verkauft werden können.
Die bedenklichen Inhaltsstoffe
Diethylphthalat (DEP) ist in der Umwelt schlecht abbaubar und steht in Verdacht, Fortpflanzungs- und andere Organe zu schädigen. DEP ist aber nach heutigem Wissen deutlich weniger problematisch als seine Verwandten DEHP, BBP, DMEP und DBP, deren Einsatz in Kosmetika seit Anfang Jahr gesetzlich beschränkt ist.
Allergene Duftstoffe: Seit Anfang Jahr sind 26 Duftstoffe (EU-Richtlinie 2003/ 15) deklarationspflichtig, weil sie ein hohes Allergiepotenzial bergen.
Zur Kategorie A, sehr hohes Allergierisiko, gehören Eichen- und Baummoos, Isoeugenol und Cinnamal.
Zur Kategorie B, hohes Allergierisiko, gehören Cinnamylalkohol, Hydroxycitronnelal und Lyral (HMPCC).
Die weiteren 19 Stoffe sind deutlich weniger problematisch und führen deshalb nicht zur Abwertung.
Polyzyklische Moschusverbindungen reichern sich im Gewebe an und stehen in Verdacht, Organe zu schädigen.
Halogenorganische Verbindungen reichern sich in der Umwelt an. Einige davon können Krebs und Allergien auslösen.
Aluminiumsalze vermindern die Schweissabgabe. Die Schweissdrüsen können durch zu häufige Anwendung der Alu-Salze geschädigt werden. Solche Kosmetika höchstens einmal täglich verwenden.
(rom)
Unklare Angaben vernebeln den Unterschied
Die Deodorants überdecken mit Parfum unangenehme Körpergerüche und hemmen die - für strenge Düfte verantwortliche - Bakterienbildung.
Antitranspirants sind Deodorants mit einem Zusatznutzen: Sie verengen die Kanäle der Schweissdrüsen und vermindern dadurch die Schweissabsonderung - ein Segen für starke Schwitzer.
Um den Schweissfluss zu stoppen, müssen die Hersteller aber Aluminiumsalze einsetzen. 7 der 14 Sprays im Test enthalten Aluminiumsalze als Schweissblocker. Weil diese Salze jedoch nicht unbedenklich sind, sollten Antitranspirants höchstens einmal pro Tag verwendet werden.
Die Wahl wird dem Konsumenten aber erschwert. In fünf der sieben Deos muss man nach der Angabe suchen, dass es sich beim Spray um ein Antitranspirant handelt:
- Bei Rexona Men steht die Angabe auf der Rückseite - und erst noch rechtwinkling zum Produktnamen.
- Der Hinweis «reguliert die Transpiration» auf der Dose von Nivea Dry macht den Käufern nicht klar, dass sie kein reines Deo kaufen.
- Dass die Sprays auch schweisshemmend wirken, haben einzelne Hersteller in kleine Rätsel verpackt - nämlich Axe mit «24h-Bodyspray» und Nivea mit der Bezeichnung «24h-Schutz». Die wenigsten Konsumenten dürften daraus folgern, dass die Deos Schweisshemmer enthalten. Nur zwei deklarieren eindeutig: Adidas Fresh (Männer) und Explonic Sensitive (Frauen).
- Die Bezeichnung Explonic «Sensitive» suggeriert, der Spray sei besonders mild - trotz Aluminiumsalzen. Migros schreibt, bei internen Tests seien keine Hautreizungen aufgetreten. Andere Sensitive-Produkte enthielten ebenfalls Aluminiumsalze.
Das Bayrische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, ein Pendant zu Schweizer Kantonslabors, kritisiert die unklaren Bezeichnungen. Häufiger Kontakt mit Aluminiumsalzen könne zu Hautproblemen führen -etwa zum Verschluss der Schweissdrüsen.
«Viele Leute kennen den Unterschied zwischen Deo und Antitranspirant gar nicht», erklärten Hersteller dem K-Tipp. Kein Wunder: Sie tun alles, um den Unterschied zu vernebeln.
Archiv im Netz
Unter www.ktipp.ch finden Sie sämtliche Tests aus dem K-Tipp seit Januar 2000. Der Bezug eines Tests im PDF-Format (inkl. Tabellen) kostet 3 Franken.