Kleine Pistenflitzer: Helm auf - Start frei!
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K-Tipp 1/2001
17.01.2001
Sieben Kinder-Skihelme im K-Tipp-Test: Drei Produkte überzeugen
Viele Unfälle mit Kopfverletzungen passieren, weil Skifahrer keinen Helm tragen. Vor allem bei Kindern liesse sich die Hälfte aller Verletzungen vermeiden. Doch: Nur ein guter Helm schützt zuverlässig.
Thomas Vogel tvogel@ktipp.ch
Hätte der Sänger Sonny Bono - in den 60er-Jahren mit Duo-Partnerin Cher weltberühmt geworden - einen Skihelm getragen, könnte er noch leben. Denn er ve...
Sieben Kinder-Skihelme im K-Tipp-Test: Drei Produkte überzeugen
Viele Unfälle mit Kopfverletzungen passieren, weil Skifahrer keinen Helm tragen. Vor allem bei Kindern liesse sich die Hälfte aller Verletzungen vermeiden. Doch: Nur ein guter Helm schützt zuverlässig.
Thomas Vogel tvogel@ktipp.ch
Hätte der Sänger Sonny Bono - in den 60er-Jahren mit Duo-Partnerin Cher weltberühmt geworden - einen Skihelm getragen, könnte er noch leben. Denn er verunfallte vor knapp drei Jahren tödlich, weil er beim Skifahren mit einem tief hängenden Ast kollidierte.
Dasselbe Schicksal ereilte auch Michael Kennedy, Sohn des ehemaligen US-Senators Robert Kennedy.
Das war Grund genug für den amerikanischen Kongress, sich mit der Helmtragpflicht für Skifahrer zu befassen. Einzelne Bundesstaaten reagierten und verlangen nun, dass Kinder beim Skifahren einen Helm aufsetzen.
In der Schweiz steht ein Helm-Obligatorium nicht zur Debatte. «Dafür ist es noch zu früh», glaubt Edith Müller, Kampagnenleiterin bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva). Und Monique Walter, Mitarbeiterin bei der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu), findet eine Helmtragpflicht übertrieben.
Jedoch: Nicht nur die Unfälle der beiden Prominenten, sondern auch eine Studie der amerikanischen Product Safety Commission sprechen für eine Helmtragpflicht auf der Piste.
Gemäss dieser Untersuchung liessen sich so beim Skifahren oder Snowboarden rund 44 Prozent aller Kopf- und Halsverletzungen vermeiden. Voraussetzung: Die Hobbysportler tragen einen Sturzhelm. Bei Kindern seien gar 53 Prozent der Kopfverletzungen vermeidbar.
Die Zahlen sprechen auch in der Schweiz eine klare Sprache: Von den jährlichen 76000 Ski- und Snowboardverletzten erleiden 13 Prozent oder rund 10000 Personen Verletzungen am Kopf und im Halsbereich. «Nur auf Kinder bezogen sind es gar 20 Prozent der Verunfallten, die sich Kopf-Verletzungen zuziehen», weiss Monique Walter. Deshalb empfehlen sowohl die Suva als auch die bfu einhellig: Kinder sollten auf der Piste einen Helm aufsetzen.
Wenn man bedenkt, dass bereits kleine Knirpse mit über 30 Stundenkilometern die Piste runterfahren, stellt sich schnell einmal die Frage, welche Helme denn den enormen Belastungen bei einem Sturz gewachsen sind.
Der K-Tipp machte die Probe aufs Exempel und liess sieben sehr gut verkaufte Produkte bei der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt (Empa) in St. Gallen untersuchen.
Die Ergebnisse sind ernüchternd. Vier der geprüften Helme schützen zu wenig. Urteil: «Ungenügend».
Im Test simulierte die Empa mit dem Helm alltägliche Skiunfälle:
- einen Sturz auf gefrorenen Boden
- eine Kollision mit spitzen Ästen
- einen wilden Salto in den Schnee
Besonders bei einem Sturz auf gefrorenen Boden muss ein Helm gut dämpfen: «Rund 95 Prozent aller Verletzungen entstehen bei einfachen Stürzen und nicht bei Kollisionen», sagt Walter von der bfu. Doch in diesem wichtigen Kriterium versagten zwei Produkte: Briko Spike und Uvex V24 Kid. Weder Briko noch Uvex haben zu den schlechten Ergebnissen Stellung genommen.
Zur Prüfung der Stossdämpfung schnallte Empa-Prüfleiter Raduolf Bivetti die Helme auf einen metallenen Kunstkopf, in dem drei Sensoren die Belastung messen. Mit einer Geschwindigkeit von knapp 20 Stundenkilometern prallte der behelmte Kopf auf einen Amboss aus Stahl.
Dabei musste die Polsterung des Helms so viel Energie absorbieren, dass möglichst wenig Belastung auf den Kopf einwirkt.
Wichtig bei Kollisionen mit Eiszapfen, Ästen oder spitzen Steinen ist der zweite Prüfpunkt: die Durchschlagsfestigkeit. Bei diesem Kriterium traf ein spitziger Gegenstand mit etwas mehr als 20 Kilometer pro Stunde auf den Helm auf; er durfte ihn nicht durchbohren. Ausser dem Profi-Helm meisterten alle Produkte diese Prüfung mit Bravour.
Beim letzten Test-Kriterium ging es darum, dass sich der Helm selbst bei einem heftigen Sturz nicht vom Kopf lösen darf. Bei diesem Prüfpunkt fiel ein Produkt durch: Cébé 1156/0238. Weder Cébé noch Profi haben auf die Ergebnisse reagiert.
Die Anforderungen an einen Schneesporthelm sind in der Norm EN 1077 geregelt. Ausser auf dem Profi-Helm fand sich auf sämtlichen Helmen die Norm-Kennzeichnung.
Doch nur drei Produkte tragen das Qualitätszertifikat zu Recht:
- Vega V50 X-Boarder
- Alpina Sprint
- Carrera 5949 Caimano R
Auch Suva und bfu verlassen sich bei ihren Empfehlungen auf diese Norm. Deshalb war René Jacomet von der Suva überrascht, dass selbst Helme mit Zertifikat die Empa-Prüfung nicht bestanden hatten. «Der Konsument muss sich auf diese Norm verlassen können.»
Dieser Ansicht ist auch Siegfried Derler, Kopfschutz-Experte bei der Empa, der die Untersuchung genau nach Vorgaben der EN 1077 durchführte: «Wir hätten keine negativen Resultate erhalten dürfen.»
Kleinere Mängel hatten auch die guten Modelle. Doch sie betreffen lediglich die Deklaration und nicht die Sicherheit des Produktes.
So stimmte vielfach das deklarierte Gewicht des Helms nicht mit dem tatsächlichen überein. Nur gerade Cébé nennt das korrekte Gewicht. Alpina, Uvex, Vega und Profi machen ihren Helm rund zehn Prozent leichter, als er ist.
Briko und Carrera hingegen legen einige Gramm drauf. Sie sprechen ihren Helmen gemäss Deklaration zwischen fünf und zehn Prozent mehr Gewicht zu, als sie tatsächlich auf die Waage bringen.
Alpina will in Zukunft das richtige Gewicht deklarieren und schreibt: «Die Gewichtsangabe entstammt dem Grundmodell. Das Modell Sprint ist aber mit sechs Farbschichten beschichtet, um den Helm attraktiver zu gestalten. Das macht ihn schwerer.» Das habe Alpina bei der Deklaration übersehen.
Im gleichen Zeitraum wie der K-Tipp liess auch die bfu Skihelme untersuchen. Ihr Ergebnis deckt sich mit demjenigen des K-Tipp.
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Helme immer persönlich anprobieren
Beim Einkauf eines Skihelmes sowie im Einsatz gilt es, einige wichtige Punkte zu beachten:
- Kaufen Sie nur Hartschalenhelme aus stabilem Kunststoff. Weiche Helme sind den Belastungen beim Skisport nicht gewachsen.
- Achten Sie darauf, dass der Helm auch mit Ski- oder Sonnenbrille bequem zu tragen ist.
- Messen Sie vor dem Kauf den Kopfumfang Ihres Kindes, damit Sie die richtige Grösse wissen. Legen Sie dazu das Messband über die Stirne und oberhalb der Ohren an.
- Setzen Sie beim Anprobieren im Laden den Helm richtig auf, ziehen Sie den Kinnriemen fest und versuchen Sie, den Helm mit einer Rollbewegung nach vorne auszuziehen. Er darf sich nicht abstreifen lassen.
- Achten Sie vor allem bei Kindern auf guten Sitz und Komfort. Ist der Helm unbequem, tragen ihn die kleinen Renn-Asse nicht.
- Kontrollieren Sie das Fabrikationsdatum. Es muss auf dem Helm deutlich sichtbar angebracht sein. Ein veralteter Helm bietet eventuell nicht genügend Schutz.
- Benutzen Sie zum Reinigen eines Helmes nie Lösungsmittel wie beispielsweise Verdünner oder Benzin. Das kann den Helm beschädigen und unwirksam machen.
- Schneesporthelme haben auf der Strasse nichts verloren. Sie sind weder fürs Velo- noch für das Motorradfahren geeignet.