Kopfschutz für Pistenflitzer
Auf der Piste sind die Köpfe von Kindern und Jugendlichen besonders gefährdet. Ein Test zeigt: Zwei von sechs Helmen schützen zu wenig.
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K-Tipp 1/2003
15.01.2003
Rolf Muntwyler - rom@ktipp.ch
Beim Skifahren und Snowboarden gibt es viele Unfälle: 42 000 verletzte Skifahrer hat die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU) in der letzten Saison gezählt. Dazu kommen 25 000 verletzte Snowboarder. Das ergibt 67 000 Verletzte. Die beiden Sportarten sind damit für mehr Unfälle verantwortlich als Fussball mit 51 000 Opfern.
Bei 15 Prozent der Unfälle ist ein besonders sensibler Körperteil betroffen: der Kopf. Bei Kindern sieht die Bilanz noch schlechter aus. «Der Ante...
Beim Skifahren und Snowboarden gibt es viele Unfälle: 42 000 verletzte Skifahrer hat die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU) in der letzten Saison gezählt. Dazu kommen 25 000 verletzte Snowboarder. Das ergibt 67 000 Verletzte. Die beiden Sportarten sind damit für mehr Unfälle verantwortlich als Fussball mit 51 000 Opfern.
Bei 15 Prozent der Unfälle ist ein besonders sensibler Körperteil betroffen: der Kopf. Bei Kindern sieht die Bilanz noch schlechter aus. «Der Anteil an Kopfverletzungen liegt bei den 5- bis 16-Jährigen deutlich höher», sagt Othmar Brügger von der BfU. Viele Verletzungen könnten bei Kindern und Jugendlichen vermieden werden, wenn sie einen Helm tragen würden.
Der Unfallexperte und ETH-Professor Felix Walz doppelt nach: «In diesem Alter sollten Skifahrer und Snowboarder unbedingt einen Helm tragen.» Er empfiehlt, dass die Eltern mit gutem Beispiel vorangehen. Schwierig sei es vor allem, Jugendliche zu überzeugen.
Der K-Tipp liess bereits vor zwei Jahren Kinderskihelme bei der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) in St. Gallen testen. Die Resultate der Sicherheitstests waren ernüchternd, ja beunruhigend: Vier von sieben Kinderskihelmen erfüllten die Anforderungen der europäischen Normen nicht (siehe K-Tipp 1/01).
Seit der Veröffentlichung des letzten Tests Anfang 2001 ist viel Schnee geschmolzen. Zeit genug für die Hersteller, ihre Kinderhelme weiterzuentwickeln und Schwachstellen auszumerzen. Und Zeit für den K-Tipp nachzuprüfen, ob die Helme in den vergangenen zwei Jahren tatsächlich verbessert wurden.
Jeder Helm muss drei Tests bestehen
Auch im aktuellen Test sind die Resultate durchzogen. Die Helme der Marken Profi und Briko haben den Test wieder nicht bestanden, nachdem sie bereits vor einem Jahr durchgefallen waren.
Der aktuelle Test bestand aus drei Sicherheitsprüfungen, welche die europäische Norm EN 1077 vorschreibt. Jedes in der Schweiz verkaufte Helmmodell muss diese Prüfung bestanden haben.
- Die Stossdämpfungsprüfung simuliert einen Aufprall auf eine Wand oder einen Sturz auf den gefrorenen Boden mit einem Tempo von rund 20 Kilometern pro Stunde. Das Tempo ist tief angesetzt: Auf der Piste ist man häufig mit 50, bei Abfahrten auch mit mehr als 70 Stundenkilometern unterwegs.
- Der Penetrationstest entspricht dem Aufprall des Helmes auf eine Ski- oder Skistockspitze.
- Im Abstreiftest wird geprüft, ob der Helm auch bei einem starken Ruck oder Schlag auf dem Kopf sitzen bleibt.
Den Abstreiftest bestanden alle Helme problemlos. Das Modell Briko WS2 Flames fiel aber bei der Stossdämpfungsprüfung durch. Der Helm konnte den Aufprall im Test nur ungenügend abfedern.
Wäre genau dieses von der Empa getestete Exemplar auch bei der offiziellen Zertifizierungsprüfung, die jedes Helmmodell vor der Zulassung durchlaufen muss, getestet worden, wäre WS2 Flames durchgefallen. Als Folge dürfte der Helm weder in der Schweiz noch in der EU verkauft werden.
Die Herstellerfirma Type 20 zweifelt die Testergebnisse der Empa an. Sie hat nach Erhalt der K-Tipp-Resultate WS2 im italienischen Prüflabor CSI nachtesten lassen. In diesem Test erfüllte der Helm die Norm.
Beim Penetrationstest versagte das Modell Profi Funny klar. Der Helm wurde durchstochen. Nach dem Test waren Spuren der Stockspitze auf dem Prüfkopf aus Aluminium sichtbar. Prüfleiter Siegfried Derler von der Empa: «Die Aussenschale aus Kunststoff ist bei diesem Helm eindeutig zu dünn.»
Da kann man sich schon fast freuen, dass die betreffende Firma keine Helme mehr herstellt. Profi hat nämlich Konkurs gemacht. Der Sport-Grossmarkt Athleticum hat die Helme dieser Marke laut Einkäuferin Sandra Borner deshalb verbilligt. Athleticum zieht aber keine Konsequenzen aus dem Resultat des K-Tipp-Tests: Die Profi-Helme bleiben im Verkauf.
Mit den besten Werten bei den Prüfungen Stossdämpfung und Penetration abgeschnitten haben der Carrera Explorer 22 und der Alpina Leader. Während sich der Carrera-Helm im mittleren Preissegment bewegt, ist das Alpina-Modell relativ teuer.
Alpina begründet den Preis des silbrigen Helms mit dem aufwändigen Design, mit der Möglichkeit, einen Kinnschutz zu montieren, und mit dem zusätzlichen Verstellmechanismus, der einen besseren Halt auf dem Kopf ermöglichen soll.
Kein Helm dämpft Stösse sehr gut
Cébé Alpine und Uvex Race haben zwar im Penetrationstest tadellos abgeschnitten, konnten aber bei der Stossdämpfung nur halbwegs überzeugen. Vor allem das Modell von Cébé hat die Normanforderung in diesem Teilkriterium nur knapp erfüllt.
Generell zeigte sich bei der Stossdämpfung, dass keiner der Helme die Bestnote erreichte. In diesem Punkt stösst die Technik an Grenzen. Die Fähigkeit der Helme, einen Aufprall zu mindern, wird durch die Dicke und Materialeigenschaften der Styroporschicht unter der Hartschale bestimmt. Diese Schicht kann nicht dicker als zwei bis drei Zentimeter gemacht werden - die Helme würden sonst enorm voluminös.
Nicht bewertet wurden in diesem Test die ungenauen Gewichtsangaben. Der Testsieger Carrera war rund 10 Prozent leichter als deklariert, der Helm von Cébé 25 Prozent schwerer als angegeben. Die Abweichungen kommen zustande, weil die Hersteller das Gewicht einer Helmgrösse auch für die anderen Grössen angeben. Beim Kauf kann man sich deshalb nicht auf das angegebene Gewicht verlassen.
Nur Helme mit harter Schale sind sicher
Beachten Sie beim Kauf eines Kinder- oder auch Erwachsenenhelms folgende Punkte:
- Kaufen Sie einen Hartschalenhelm, auch wenn er teurer ist. Helme mit weicher Schale bieten einen ungleich geringeren Schutz.
- Kaufen Sie nur einen Helm mit der Aufschrift EN 1077.
- Der Träger muss den Helm vor dem Kauf unbedingt anprobieren.
- Stellen Sie beim Kauf die Riemen passend ein und überprüfen Sie, ob der Helm gut sitzt.
- Der Helm sollte nicht nur gut sitzen, sondern auch bequem sein. Sonst ist das Tragen unangenehm.