Lieber gut eingecremt als angeschmiert
Einzelne Körperlotionen versprechen zu viel und enthalten heikle Inhaltsstoffe. Doch gesamthaft lassen sich die Testresultate sehen.
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K-Tipp 19/2003
12.11.2003
Rolf Muntwyler - rom@ktipp.ch
Für viele Leute beginnt mit dem Kälteeinbruch im Herbst auch der Kampf gegen Hautprobleme. «Fast ein Drittel der Bevölkerung ist von zu trockener Haut betroffen», sagt die Zürcher Dermatologin Gabriela Senti. Die Haut älterer Menschen leide noch viel stärker am trockenen und kühlen Klima (siehe Interview Seite 21).
Mit Salben und Cremen versuchen die Betroffenen, unangenehme Hautspannungen zu lindern, und sie sind bereit, für die pflegenden Produkte immer tiefer in die T...
Für viele Leute beginnt mit dem Kälteeinbruch im Herbst auch der Kampf gegen Hautprobleme. «Fast ein Drittel der Bevölkerung ist von zu trockener Haut betroffen», sagt die Zürcher Dermatologin Gabriela Senti. Die Haut älterer Menschen leide noch viel stärker am trockenen und kühlen Klima (siehe Interview Seite 21).
Mit Salben und Cremen versuchen die Betroffenen, unangenehme Hautspannungen zu lindern, und sie sind bereit, für die pflegenden Produkte immer tiefer in die Tasche zu greifen: In den letzten 12 Monaten gab die Schweizer Bevölkerung rund 40 Millionen Franken für Bodylotions aus, wie die Marktforscher von AC Nielsen ermittelten. 3 Jahre früher waren es noch 24,6 Millionen Franken gewesen. Die Schweizer kaufen nicht nur deutlich mehr Bodylotions ein, sie bezahlen auch immer mehr für die gleiche Menge.
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen zwei Typen von Pflegeprodukten für die Haut. Der eine besteht hauptsächlich aus Wasser (so genannte Öl-in-Wasser-Emulsionen). In das Wasser werden bei der Herstellung viele Öltröpfchen eingelagert. Diese Emulsionen haben den Vorteil, dass sie schnell einziehen und sich gut verteilen lassen. Die zugeführte Feuchtigkeit verdunstet aber auch schnell wieder.
Der andere Typ besteht ebenfalls aus Wasser und Öl. Dabei wird der Hauptbestandteil Öl mit Wassertröpfchen versetzt (so genannte Wasser-in-Öl-Emulsionen).
Wegen des höheren Ölanteils ist sie fettiger und bietet einen länger anhaltenden Schutz vor dem Austrocknen. In der Regel lässt sie sich aber schlechter verteilen und zieht weniger schnell ein. Viele Hersteller bezeichnen die fettigere Variante der Bodylotion als Bodymilk, wie die Produkte im Test zeigen.
Unerwünschte Stoffe in zwei Produkten
Der K-Tipp hat elf fettreiche Bodymilks und Bodylotions getestet, die sich für den Einsatz auf trockener Haut eignen. Darunter waren die grössten Produktelinien auf dem Schweizer Markt wie Nivea, Dove oder L'Oréal, aber auch weniger umsatzstarke Marken wie Body Shop oder Vichy. Untersucht wurden die weissen Flüssigkeiten sowohl auf ihre Wirkung auf der Haut wie auch auf unerwünschte Inhaltsstoffe (siehe Kasten «So wurde getestet»).
Das analytische Labor fand weder Schwermetalle noch Nitromoschusverbindungen. Bei zwei Lotionen waren aber als Duftstoffe polyzyklische Moschusverbindungen (Galaxolide und Tonalide) in Mengen von über 100 Milligramm pro Kilogramm enthalten.
Für Volker Mersch-Sundermann, Professor am Institut für Innenraum- und Umwelttoxikologie der Universitätsklinik Giessen und Forscher auf dem Gebiet von Moschusverbindungen, ist klar: «Die vorliegenden Werte von 100 oder gar 370 Milligramm Moschusverbindungen pro Kilogramm Körperlotion sollte man sich nicht antun.»
Zu diesem Schluss kommt er «aus präventivmedizinischer Sicht». Palmolive Naturals mit 370 und Garnier mit über 100 mg/kg wurden im K-Tipp-Gesamturteil denn auch abgewertet.
Kleinere Mengen hält Mersch-Sundermann zwar für «tolerabel». Doch könne er für diese Einschätzung keine Garantie geben, weil die verfügbaren Untersuchungen bisher keine klare Risikoabschätzung für den Menschen zuliessen.
Problematische Moschusverbindungen
Polyzyklische und besonders Nitromoschusverbindungen wirken giftig auf Wassertiere. Und Moschusverbindungen werden in grossen Mengen in die Meere gespült. Es konnte nachgewiesen werden, dass einige dieser heiklen Stoffe erbgutverändernd wirken und das Nervensystem schädigen.
Bei polyzyklischen Moschusverbindungen besteht der Verdacht, dass sie die Leber schädigen. Moschusverbindungen sind langlebig und reichern sich im Fett an - auch im Fett des Menschen: Wegen ihres ungezügelten Einsatzes in Kosmetika, Reinigungsmitteln und Textilien werden sie mittlerweile in menschlichem Fettgewebe und in der Muttermilch nachgewiesen.
Zum Test: Die Probandinnen gaben den meisten Produkten gute oder sehr gute Noten. Gar in allen Punkten ein «sehr gut» erhielt die Garnier Intensive Dry Skin Body Milk. Sie wäre Testsiegerin geworden, hätten nicht die unerwünschten Inhaltsstoffe zur Abwertung geführt.
Es bleiben aber zwei «sehr gute» Pflegeemulsionen: L'Oréal Nutrilift und Vichy Lipidiose feuchtigkeitsspendende Körpermilch. Beide haben allerdings auch ihren Preis. Berücksichtigt man das Preis-Leistungs-Verhältnis für den Kaufentscheid, so empfehlen sich vor allem Dove Nutri Care Body Milk mit Aprikosenöl, Jana feuchtigkeitsspendende Körpermilch und Nivea Body Milk. Sie überzeugten in allen Prüfpunkten.
Einig waren sich die Probandinnen bei der Bodymilk von Palmolive: Mit Ergiebigkeit und Verteilbarkeit waren sie nicht zufrieden, auch nicht mit dem Einziehen.
Die Schere zwischen Werbung und Realität
Bei dieser Bodymilk ist denn auch die Schere zwischen den Werbeversprechen und der Anwendung mit Abstand am grössten. Mindestens die Hälfte der Anwenderinnen befand folgende Werbeaussagen als nicht zutreffend: Die Bodymilk bewirke eine samtweiche Haut, ziehe schnell ein und lasse sich gut verteilen. Colgate-Palmolive hat keine Stellung zu den Resultaten bezogen.
Aber auch andere Hersteller versprechen zu viel. So waren 4 von 10 Personen mit der Werbeaussage von Neutrogena nicht einverstanden, dass man sich dank des schnellen Einziehens der Lotion gleich nach dem Eincremen Kleider überstreifen könne. Andere machten zu schwammige oder schwer nachvollziehbare Versprechen. So sollte Vichy Trockenheitsstreifen sichtbar reduzieren, Jana vor sichtbaren Zeichen der vorzeitigen Hautalterung schützen und L'Oréal Spannungsgefühle besänftigen.
So wurde getestet
In einem Anwendertest liess das deutsche Prüflabor Institute Dr. Schrader Probandinnen mit vorwiegend trockener Haut die elf Bodylotions bewerten. Sie beantworteten die Fragen:
Wie beurteilen Sie
- die Konsistenz beim Auftragen?
- die Verteilbarkeit auf der Haut?
- die Ergiebigkeit?
- das Einziehen in Bezug auf die Schnelligkeit?
- die Klebrigkeit?
- die fettende Wirkung?
- die feuchtigkeitsspendende Wirkung?
- das Hautgefühl direkt nach Anwendung, nach drei und nach sechs Stunden?
- das Aussehen und die Beschaffenheit der Haut nach zwei Wochen?
Ausserdem überprüften die Probandinnen, ob Werbeaussagen auf der Verpackung wie «zieht schnell ein» in ihrem Fall zutreffen.
Im Labortest untersuchte das Umweltlabor Wiertz-Egger-Jörissen die Bodylotions auf die Schwermetalle Blei und Quecksilber, auf Nitromoschusverbindungen und auf polyzyklische Moschusverbindungen.
(rom)
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