Unter dem Titel «Mehr als Wasser. Natürliches Mineralwasser» wirbt der Verband Schweizerischer Mineralquellen in einem Werbeprospekt für die Vorzüge von naturbelassenem Mineralwasser. Der K-Tipp wollte wissen, ob Mineralwasser zu Recht einen derart guten Ruf geniesst, und liess 20 der meistverkauften Schweizer Abfüllungen mit Kohlensäure in einem spezialisierten Labor untersuchen.
Diese Fragen standen im Zentrum: Findet man in den Flaschen durch Menschen verursachte Verunreinigungen wie Arzneimittel, Pestizide und künstliche Süssstoffe? Lassen sich giftiges Uran und Chrom VI aus dem Boden nachweisen? Geben die Plastikflaschen geschmacksveränderndes Acetaldehyd ins Wasser ab? Zudem untersuchten die Experten den Gehalt an den Mineralien Kalzium und Magnesium.
Die Ergebnisse: Alle getesteten Schweizer Mineralwasser weisen eine hohe bis mittlere Mineralisierung auf. Zudem enthalten die meisten der 20 Abfüllungen kaum Fremd- und Schadstoffe. Die fünf am besten bewerteten Wasser kommen dem Optimum sehr nahe. Auffällig: Sie stammen alle aus den Quellen von Lostorf SO und Eptingen BL, die der Mineralquelle Eptingen gehören.
Unerfreulich: Das Labor fand in allen Wassern Acetaldehyd. Dieser Stoff entsteht bei der PET-Herstellung. Acetaldehyd ist zwar gesundheitlich unbedenklich, kann aber dem Wasser einen süsslichen Geschmack verleihen. Laut Experten wird dieser ab 20 Mikrogramm von vielen Konsumenten wahrgenommen. Der Gehalt in den Flaschen lag bei 13 bis 97 Mikrogramm pro Liter. Wärme und Kohlensäure begünstigen die Abgabe von Acetaldehyd. Der Stoff hat in naturbelassenem Mineralwasser nichts verloren.
Erstmals hat der K-Tipp in den Wassern nach Rückständen von Pestiziden und künstlichen Süssstoffen wie Acesulfam K, Aspartam und Sucralose suchen lassen. Solche Verunreinigungen sind mit dem Anspruch auf Reinheit des Wassers nicht vereinbar. Nicht alle Mineralwasser waren über alle Zweifel erhaben. In 7 Produkten mass das Labor Rückstände von Süssstoffen. Und in 4 Wassern wies es das Abbauprodukt des Pestizids Tolylfluanid nach. Dieses wird etwa im Obstbau eingesetzt. Nur 12 Flaschen waren frei von Süssstoffen oder Pestizidrückständen.
Bei den Süssstoffen ist es möglich, dass der Abfüller das Wasser in seinen Anlagen selber verunreinigt. Werden Limonaden und Mineralwasser auf der gleichen Anlage abgefüllt, können trotz wiederholtem Spülen der Anlage Rückstände aus dem einen Produkt ins andere gelangen.
Den Gehalt an Uran hat der K-Tipp nach den strengen deutschen Richtlinien bewertet. Bei einem Gehalt bis zu 10 Mikrogramm – der deutsche Grenzwert bei Leitungswasser – gelten Wasser im Test noch als genügend. In der Schweiz liegt der gesetzliche Grenzwert bei 30 Mikrogramm pro Liter.
Uran ist heikel, da es Nieren, Hirn und Knochen schädigen kann. Es kommt in Gesteinsschichten vor, gelangt über Düngemittel aber auch in den Boden. Die meisten Wasser enthielten sehr wenig Uran. Kleinste Mengen von Chrom VI fand man in «Henniez». Chrom VI zeigte in Tierversuchen bei hohen Dosen eine krebserzeugende Wirkung und kann Hautekzeme auslösen.
Wer teures Wasser in Flaschen kauft, erwartet auch gesunde Mineralien. Deshalb schneiden Wasser mit hohem Gehalt an Kalzium und Magnesium besser ab als solche mit wenig Mineralien. Kalzium ist gut für Knochen und Zähne, Magnesium für die Muskeln. Besonders viel vom Zweiten steckt in «Eptinger rot», «Cristella» und «Aproz Classic».
Abfüller: «Richtwerte werden eingehalten»
Die Abfüller schreiben, dass die gesetzlichen Richtwerte eingehalten würden. Coop sagt, Acetaldehyd sei unbedenklich. Aufgrund der Messergebnisse will Coop die Reihenfolge der Produktion und die Spülgänge dazwischen überprüfen.
«Selbstverständlich möchten wir in unserem Mineralwasser keine fremden Inhaltsstoffe haben», schreibt Gabriela Manser von der Goba AG, die das Appenzeller Wasser abfüllt. Sie könne sich aber keine separaten Abfüllstrassen für Limonaden und Mineralwasser leisten. Die Mineralquellen Adelboden nahmen Abklärungen vor: Die gefundenen Substanzen sollen eliminiert werden. Die Mineralquelle Bad Knutwil AG erklärt, die gefundene Menge des Tolylfluanid-Abbauprodukts liege weit unter dem Toleranzwert für Trinkwasser. Die Migros sagt, die gemessenen Uranwerte seien nicht gesundheitsgefährdend.
Tipp: Wer sprudelndes Wasser mag, sollte aus Glasflaschen trinken. In PET-Flaschen bleibt Wasser mit Kohlensäure weniger lang frisch.
Gute Noten oft auch für günstige Produkte
Jeder K-Tipp enthält exklusiv mindestens einen Qualitätstest. Im Auftrag prüft ein unabhängiges Labor Lebensmittel und andere Waren nach Kriterien, die für die Konsumenten wichtig sind. Die rund 500 K-Tipp-Tests der letzten 25 Jahre zeigen: Der Preis einer Ware ist in der Regel kein Anhaltspunkt für Qualität. Günstige Produkte schneiden oft gut bis sehr gut ab.