Nur einer schwingt obenaus
«Sehr gute» Skis sind auch im obersten Preissegment rar. Das zeigt der aktuelle K-Tipp-Test. Vor allem im Praxistest auf der Piste hätte man mehr erwartet.
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K-Tipp 17/2004
20.10.2004
Rolf Muntwyler - rom@ktipp.ch
Waren früher sportliche Skis für mittelmässige Fahrer schwer zu steuern, finden heute auch Durchschnittsfahrer mit Race-Skis den richtigen Dreh. «Jeder kann mit Race-Skis fahren», bestätigt Reto Furrer von Völkl Schweiz. Das ändert natürlich nichts daran, dass Rennskis besonders für gute und schnelle Fahrer geeignet sind.
Allround-, Race-, Freeride- oder Cross-Ski? Die unterschiedlichen Skitypen voneinander abzugrenzen, ist nicht einfach. «Man unterscheidet immer wenige...
Waren früher sportliche Skis für mittelmässige Fahrer schwer zu steuern, finden heute auch Durchschnittsfahrer mit Race-Skis den richtigen Dreh. «Jeder kann mit Race-Skis fahren», bestätigt Reto Furrer von Völkl Schweiz. Das ändert natürlich nichts daran, dass Rennskis besonders für gute und schnelle Fahrer geeignet sind.
Allround-, Race-, Freeride- oder Cross-Ski? Die unterschiedlichen Skitypen voneinander abzugrenzen, ist nicht einfach. «Man unterscheidet immer weniger zwischen Skis für Anfänger und Fortgeschrittene», sagt Silvan Nideröst, Marketingleiter bei Stöckli, dem einzigen noch existierenden Schweizer Hersteller. «Der Trend geht dahin, dass Skis vielseitig einsetzbar sein müssen.»
Während sich Freeride-Skis dank ihrer Breite vor allem fürs Fahren neben der Piste eignen, sind Cross-Skis gute Allround-Bretter.
Eine Gemeinsamkeit von Race- und Cross-Skis ist, dass sie in der obersten Preisklasse angesiedelt sind. Ob die teuren Latten ihren Preis wert sind, haben der österreichische Verein für Konsumenteninformation (VKI) und der K-Tipp in einem Test ermittelt. Geprüft wurden 11 Cross- und 13 Race-Skis.
Auffällig sind die überzeugenden Resultate bei den technischen Tests: Fast alle Modelle erreichten über 80 Punkte, waren damit «sehr gut». Somit gibt es für die hohen Preise gutes Material.
Gutes Abschneiden beim Materialtest
Hier zeigt sich ein Unterschied zu billigeren Skis. «In früheren Tests fielen immer wieder einzelne Modelle bei der technischen Prüfung durch», vergleicht Prüfleiter Rudolf Heintzl die jetzigen Ergebnisse mit seinen Erfahrungen.
Die Kanten sind so gut verarbeitet, dass es bei der «Ausreissfestigkeit der Kante» nichts auszusetzen gab. In diesem Punkt prüften die Tester die Festigkeit der Kanten mit Schlägen, um das Fahren über einen Stein zu simulieren. Auch beim Aufpralltest - Simulation eines starken Schlages auf die Skis - gab es wenig Anlass zur Kritik. Die entstandenen Haarrisse bezeichnet Prüfleiter Heintzl als «Schönheitsfehler». Gute Bilanz auch für die Laufflächen: Die Oberflächen waren sauber verarbeitet, eben und glatt.
Die schlechtesten Noten verteilten die Prüfer im Punkt Kantenstärke. Die Materialstärke der Metallkanten ist ein wichtiger Faktor für die Langlebigkeit: Bei jedem Skiservice wird nämlich ein Teil der Kante abgeschliffen. Im schlechtesten Fall, beim Blizzard Sigma RS Magnesium betrug die Kantenhöhe nur 1,4 Millimeter. Dies erachten die Ski-Spezialisten des VKI als mangelhaft. Vor allem in der Kategorie Race gab es weitere Skis, die mit Material geizten: Völkl, Head und Rossignol wurden bei der Kantenstärke ebenfalls mit «mangelhaft» bewertet. Nur bei einem Cross-Ski, dem Rossignol RPM 90, waren die Kanten dermassen knapp bemessen.
Deutlichere Unterschiede traten bei der praktischen Prüfung zutage. Auch insgesamt waren die Noten nicht so überzeugend wie in der technischen Prüfung. Im Praxistest - und damit im Gesamturteil - war nur ein einziger Ski knapp «sehr gut»: Fischer RC4 Worldcup RC. Dieser Ski kommt von seinen Abmessungen her, das heisst bei der Taillierung, einem Cross-Ski sehr nahe.
Im Praxistest sind die meisten Skis «gut»
Dem Cross-Ski Rossignol RPM 90 hingegen reichte es nur für ein «genügend». Im Praxistest bewerteten zehn erfahrene Ski-Testerinnen und -Tester verschiedener Leistungsgruppen folgende Kriterien (Gewichtung für das Zwischentotal «Praktische Prüfung»):
- Fahreigenschaften. Lassen sich enge und weite Kurven gut fahren? Drehen die Skis ohne Kraftaufwand? Sind sie nach dem Schwung einfach unter Kontrolle zu halten? (40 %)
- Skidynamik. Greifen die Kanten und lassen sich Rutschphasen auf hartem Schnee vermeiden? Lässt sich der Übergang von Kurve zu Kurve gut kontrollieren? (40 %)
- Fahrkomfort und Toleranz. Sind die Skis bei der Fahrt einfach unter Kontrolle zu halten? Halten sie Spur beim Geradeausfahren? Dämpft der Ski Schläge ab? (20 %)
Die Testfahrerinnen und -fahrer attestierten den meisten Skis, dass sie sich «gut» fahren lassen.
Günstige Skis müssen nicht schlechter sein
Dieses Resultat ist zwar ordentlich, aber trotzdem etwas enttäuschend. «Ich hätte erwartet, dass in dieser Preisklasse mehr Modelle das Gesamturteil "sehr gut" erreichen würden», sagt Rudolf Heintzl. «Denn schon vor einem Jahr bewertete der VKI die Mehrzahl der damals getesteten Skis mit "gut".» Dabei wurden aber deutlich günstigere Allround-Skis geprüft. Der aktuelle Test belegt: Die Skis in der teuersten Klasse rechtfertigen ihren hohen Preis nur beschränkt.
Wachsen schont den Belag
Auch wenn die Skitechnologie laufend Fortschritte macht: Ein gewachster Ski fährt besser als ein ungewachster. Wachs schliesst die mikrofeinen Poren; so bildet sich zwischen Skibelag und Piste ein gleichmässiger Wasserfilm, der das Gleitvermögen verbessert. Vor allem aber schont Wachsen den Belag: Ohne oder mit wenig Wachs wird die Lauffläche rau. Besser als Sprays und andere Fertigprodukte ist die Behandlung mit richtigem Wachs, der heiss aufgetragen wird - sei es im Fachgeschäft oder im eigenen Keller. Ausführliche Tipps zur Skipflege finden Sie im K-Tipp-Spezial «Fit im Winter» (Bezug siehe Seite 13).
Nur bei 10 Prozent der Skis kann die Bindung frei gewählt werden
Keine 20 Jahre ist es her, da gab es nur drei bedeutende Anbieter von Skibindungen: Salomon, Tyrolia und Marker. Inzwischen ist die Zahl der Anbieter gewachsen. Doch die Auswahl für den Skifahrer ist dennoch eher kleiner geworden.
Etliche Skihersteller montieren Schienen oder Platten auf ihre Latten. Diese gewährleisten zwar eine gleichmässige Biegung der Skis. Aber sie schränken die Auswahl an Bindungen ein.
Denn meist passen nur die Produkte aus dem gleichen Konzern auf die Skis. Das heisst: Wer einen Salomon-Ski kauft, muss sich auch für eine Salomon-Bindung entscheiden.
Andere Hersteller locken mit grossen Rabatten, damit sie zusammen mit dem Ski auch gleich noch die Bindung aus dem eigenen Haus verkaufen können. Beispiel Rossignol: Den Race-Carver 9X Oversize gibts für 990 Franken ohne Bindung oder für 1099 Franken mit Bindung. Separat würde diese 300 Franken kosten. Logisch, dass die Sporthändler das letztlich günstigere Set ins Regal stellen. (Welche der getesteten Skis auch ohne Bindung angeboten werden, lässt sich in der Tabelle unten nachlesen.)
«Nur noch bei etwa 10 Prozent der Skis ist der Kunde bei der Wahl der Bindung wirklich frei», schätzt Annamarie Vaucher vom gleichnamigen Sportgeschäft in Bern. Dazu gehören beispielsweise Skis der Marken Olin und Volant, aber auch jene des Schweizer Herstellers Stöckli.
Für den Konsumenten sind Preisvergleiche manchmal schwierig. Denn ein Ski kann zwar günstig sein, die passende Bindung aber teuer. Oder umgekehrt. Deshalb:
- Fragen Sie immer, ob die Bindung im Preis inbegriffen ist.
- Wenn nicht: Erkundigen Sie sich nach den passenden Bindungen.
- Addieren Sie den entsprechenden Preis. Denn ein Preisvergleich macht nur Sinn, wenn Sie den Gesamtpreis von Skis und Bindungen kennen. (mdb)
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