Die Begriffe «extra vergine» oder «nativ extra» stehen im Zusammenhang mit Olivenöl für die höchste Qualitätsklasse. Gutes Öl sollte möglichst frisch, harmonisch im Geschmack und naturbelassen sein. Ein Spitzenöl enthält zudem viele gesunde Stoffe, zum Beispiel Vitamin E. Die gesetzlichen Mindestanforderungen an Extra-vergine-Öl sind jedoch tief. Dies erklärt auch, warum in den Läden fast nur Olivenöl extra vergine verkauft wird. Die Preisspanne pro Liter reicht von 5 bis 100 Franken und mehr.
Der K-Tipp liess 20 Produkte im Labor auf die chemische Qualität hin analysieren. Zudem hat eine Jury von Öl-Experten die Olivenölproben blind degustiert.
Fehler spürt man durch degustieren auf
Die geschmackliche Beurteilung ist wichtig, weil sich über Geruch und Geschmack Fehler wahrnehmen lassen, die mit chemischen Untersuchungen kaum erkennbar sind (siehe «So wurde getestet»).
Das Ergebnis ist ernüchternd: Die sehr largen gesetzlichen Grenzwerte werden zwar von allen 20 Produkten eingehalten. Die Qualitätsunterschiede sind aber enorm. Gerade mal 3 von 20 Ölen erreichten das Gesamturteil «sehr gut», 13 hingegen nur ein «genügend». Immerhin: Die chemische Analyse lieferte bei drei Vierteln der Produkte mindestens die Note «gut». Punkto Geruch und Geschmack überzeugten aber nur gerade sieben Öle.
Numero Uno landete auf dem ersten Platz
Seinem Namen alle Ehre macht Numero Uno von Comincioli aus der Gardaseeregion. Der Testsieger erzielte hervorragende Werte in der Nase, auf der Zunge, im Gaumen und im Reagenzglas. Das Öl überzeugte die Degustatoren mit der perfekten Harmonie aus grünen frischen Aromen, Schärfe, Fruchtigkeit und der typischen Bitterkeit. Allerdings ist der Preis mit 96 Franken pro Liter sehr hoch.
Etwas weniger teuer sind da die ebenfalls sehr guten Öle Bio Frantoio von Torre Bianca aus der Toskana für Fr. 69.60 pro Liter und das halb so teure Balàt von La Rocca aus Sizilien (siehe Tabelle).
Nur ein gutes Olivenöl für wenig Geld
Preis-Leistungs-Sieger ist das griechische Olivenöl Minos von Aldi: Es erreicht als einziges günstiges Öl im Test eine gute Gesamtnote – und dies bei einem Literpreis von nur Fr. 9.99.
Der Kauftipp schmeckte auch den kritischen Gaumen der Fachjury aus Florenz. Sie gaben dem reinsortigen griechischen Öl in Geschmack und Geruch immerhin die Note 5. Das zeigt: Es ist möglich, gutes Olivenöl günstig zu verkaufen.
Alle anderen Produkte aus den Regalen der Grosshändler konnten nicht annähernd mithalten. Von der chemischen Zusammensetzung her sind diese Extra-vergine-Öle zwar in Ordnung. Geschmacklich fielen sie im Vergleich zu den besten Produkten aber klar ab.
Punkto Geruch und Geschmack die Note «ungenügend» erhielten gleich mehrere Olivenöle: zwei von Lidl sowie die Produkte M-Budget, Monini Classico, Coop Qualité & Prix, Filippo Berio Classico, Bellasan und Bertolli. Die Jury bemängelte schwache grüne und frische Noten, zu schwache Frucht, fehlende Bitterkeit oder grundsätzlich eine ungenügende Harmonie der Aromen.
Qualitätsmerkmale: Bitterkeit und Schärfe
Coop sagt, dass alle verkauften Olivenöle den Coop-Anforderungen und den gesetzlichen Bestimmungen genügten. Jeder Lieferant müsse eine Laboranalyse mitliefern. Die Ware werde erst nach der Überprüfung durch das Coop-Qualitätssicherungs-Team freigegeben.
Bei Aldi ist man erstaunt über die tiefe Geschmacksnote des Bellasan-Öls. Bei internen Verkostungen mit einer deutschen Expertengruppe habe es besser abgeschnitten. Carapelli, der Hersteller von Bertolli, gibt zu bedenken, dass ein sensorisches Urteil stets subjektiv sei.
Gut zu wissen: ein gutes Olivenöl riecht frisch und sollte grünfruchtig-pfeffrig schmecken. Noten von frisch geschnittenem Gras, grünen Oliven oder Artischocken sowie eine spürbare Schärfe in der Kehle und Bitterkeit sind weitere Qualitätsmerkmale.
Wie beim Wein ist auch beim Öl die Harmonie wichtig. Die bittere Note darf den Fruchtgeschmack nicht überdecken und umgekehrt. Übrigens: Von Bitterkeit und Schärfe darf man sich nicht abschrecken lassen: Beides rückt im Zusammenspiel mit anderen Lebensmitteln wieder in den Hintergrund.
Die Zeitschrift Gesundheitstipp hat im März 2012 ebenfalls Olivenöle getestet. Die Resultate von damals weichen zum Teil von den Resultaten des aktuellen K-Tipp-Tests ab. Grund: Der Gesundheitstipp hat nur eine einzige chemische Komponente des Olivenöls gemessen: den Gehalt an Polyphenolen.
Im aktuellen Test hingegen hat der K-Tipp eine Vielzahl Substanzen gemessen, um ein umfassendes Qualitätsurteil abgeben zu können. Zudem wurden die Produkte auch auf Geschmack und Geruch geprüft. Und was bei Olivenölen hinzukommt: Jede Ernte, jede Charge kann eine andere Qualität enthalten.
So wurde getestet
Blinddegustation
- Geschmack/Geruch: Zehn italienische Experten der Vereinigung professioneller Olivenöl-Verkoster (Anapoo) degustierten die Öle. In Anlehnung an die EU-Norm 2568/ 91 benoteten sie das Gesamtbild sowie Harmonie, Schärfe und Geruch. Nebst den gesetzlich vorgeschriebenen wurden weitere sensorische Kriterien berücksichtigt.
Chemische Qualität
Im Auftrag des K-Tipp untersuchte das Labor Metropoli in Florenz (I) die Öle nach chemischen Gesichtspunkten. Die Analyse gibt Aufschluss über Frische, Verarbeitung und Lagerung des Olivenöls.
- Polyphenole: Je mehr davon im Olivenöl stecken, desto schärfer und bitterer ist es. Doch die Stoffe schützen u. a. vor Herzkrankheiten. Je höher der Polyphenolgehalt, desto hochwertiger und länger haltbar das Öl. Wichtig ist auch die Zusammensetzung dieser Stoffe: Viel Vitamin E weist auf ein naturbelassenes Öl hin. Deshalb wurde auch dieser Gehalt gemessen.
- K-Werte: Hohe Werte sind ein Hinweis, dass raffiniertes, also minderwertiges Öl zugesetzt wurde.
- Peroxidzahl, Gehalt an freien Fettsäuren: Beide Werte geben Aufschluss darüber, wie frisch die verwendeten Oliven waren und wie frisch das Öl ist. Gute Öle weisen Peroxidzahlen von unter 10 auf (Grenzwert: 20) und weniger als 0,3 Prozent freie Fettsäuren (Grenzwert: 0,8 Prozent).
- 1,2-Diglyceride: Ein tiefer Gehalt weist auf zu hohe Temperaturen in der Produktion oder überlange Lagerung der Oliven hin.
- Pyropheophytine: Frisches Olivenöl ist frei von diesen Abbaustoffen. Je mehr Wärme, Sauerstoff und Licht bei der Produktion und der Lagerung auf das Öl trifft, desto höher der Gehalt an Pyropheophytinen.