Pestizide können Mensch und Umwelt schaden. Trotzdem greifen viele Hobbygärtner schnell einmal zur Chemiekeule, um Unkraut in Rasen, Blumen- und Gemüsebeeten zu beseitigen. 2017 verkauften die Grossverteiler gemäss einer Umfrage des Bundesamts für Umwelt rund 35 000 Liter Unkrautvernichter.
Doch wie gut wirken solche Mittel überhaupt? Der K-Tipp liess zwölf Pestizide aus dem freien Handel in einem Feldversuch testen. Die Experten eines auf Unkrautvernichter spezialisierten Labors in England untersuchten auf mehreren Rasenflächen, ob die Pestizide Unkräuter effizient abtöten und ob der Rasen dabei Schaden nimmt (siehe unten «So wurde getestet»).
Die meisten Unkrautvernichter im Test enthalten Wirkstoffe wie Glyphosat, Dicamba oder Mecoprop. Insbesondere Glyphosat ist in der Fachwelt umstritten. Denn der Wirkstoff steht im Verdacht, Krebs auszulösen. Diese Gifte werden weltweit grossflächig in der Landwirtschaft eingesetzt.
«Roundup» blieb wirkungslos
Trotzdem schaffen es diese Chemikalien nicht immer, Unkräuter im kleinen Privatrasen in Schach zu halten. Das zeigt der K-Tipp-Test: Neun Produkte schafften nur die Gesamtnote «genügend», der Rest war ungenügend. Auf dem letzten Platz landete das umstrittene «Roundup», das Glyphosat enthält. Bei diesem Produkt stellten die Fachleute keine abtötende Wirkung fest. Im Gegenteil: Nach dem 14 Tage dauernden Test wuchsen auf den mit «Roundup» behandelten Rasenflächen sogar noch deutlich mehr Unkräuter als zuvor im unbehandelten Zustand.
Ebenfalls ungenügend schnitten die Pestizid-Produkte «Maag Gegen Rasen-Unkräuter Erpax Quattro» und «Capito Rasen Unkrautfrei» in Spray-form ab. Die beiden Mittel zeigten erst nach zwei Wochen eine sichtbare Wirkung – nach drei Tagen war noch nichts festzustellen. Insbesondere der Kriechende Hahnenfuss zeigte sich unbeeindruckt von den Mitteln.
Mittel können dem Rasen schaden
Noch am besten in Schach halten liessen sich die Rasenunkräuter mit den Produkten «Gesal Loredo», «Mioplant Rasen-Unkrautvertilger» und «Andermatt Tural» – trotzdem gabs nur das Gesamturteil «genügend». Die mit Unkraut bewachsene Testfläche liess sich damit lediglich um bis zu 40 Prozent verkleinern. Kein einziges Produkt schaffte es, alle Unkräuterarten abzutöten. «Andermatt Tural» war zwar vergleichsweise wirksam. Es griff aber gleichzeitig den Rasen an.
Fazit des Tests: Um die Wirkung der Unkrautvernichter zu erhöhen, müssten sie wiederholt eingesetzt werden. Das kann jedoch den Rasen selber schädigen und die Umwelt unnötig belasten.
Hersteller: Wirkung abhängig vom Wetter
Die Firma Stähler vertreibt in der Schweiz das Glyphosat-Mittel «Roundup». Sie bezeichnet die Ergebnisse des Tests als «nachvollziehbar». Grund für die schwache Wirkung seien die eher tiefen Temperaturen während der Testphase gewesen. Bei unter 15 Grad müsse man drei bis vier Wochen warten, bis eine Wirkung sichtbar werde. Bei einer Behandlung im Spätsommer sei dies anders: In der Gebrauchsanweisung verspricht der Hersteller eine sichtbare Wirkung nach fünf bis zehn Tagen, abhängig von den Witterungsbedingungen.
Ein Sprecher von Eric Schweizer – Hersteller von «Break Royal» und Selectox Royal P» – bemängelt, dass der K-Tipp-Test bereits nach 14 Tagen beendet worden sei. Eigene Feldversuche würden jeweils bis zu sechs Wochen dauern. Zudem sei das Klima in England nicht mit den Witterungsbedingungen in der Schweiz vergleichbar. Ähnlich argumentiert der Gesal-Produzent Compo. Auf der Packung werde eine Anwendung in den Monaten Mai bis September empfohlen.
Die Migros weist darauf hin, dass die Wirkung ihres Unkrautvernichters bei 15 bis 25 Grad Celsius am besten sei. Der Kriechende Hahnenfuss ist laut der Migros ein besonders «hartnäckiges Unkraut». Wenn es schon grosse Flächen erobert habe, sei eine Bekämpfung mit chemischen Mitteln schwierig.
Viele Hobbygärtner versprühen illegal Pestizide
Seit fast 20 Jahren dürfen Profis und Privatpersonen in der Schweiz auf Strassen, Wegen, Terrassen und Plätzen keine Unkrautvernichter mehr versprühen. Denn Pestizide können via Regenwasser in Bächen, Flüssen, Seen und im Grundwasser landen.
Erlaubt sind Pestizide nur auf Feldern, Rasen und in Gartenbeeten. Dort sollen die Giftstoffe langsam von Mikroorganismen abgebaut werden – zumindest in der Theorie.
Eine Umfrage des Bundesamts für Umwelt bei 662 Gemeinden und 239 Hobbygärtnern zeigte: Mehr als die Hälfte versprüht Pestizide weiterhin an verbotenen Orten wie an Wegrändern oder auf Kieswegen. Als Begründung wurde angegeben: Alternative Methoden wie Jäten und Abflammen seien zu aufwendig oder zu mühsam. Mehr als die Hälfte der Hobbygärtner gaben zudem an, sie hätten nichts von einem solchen Sprühverbot gewusst. In den Gemeinden spielt auch der Kostendruck eine zentrale Rolle: Dort wird illegal gespritzt, um die Ausgaben für den Unterhalt von Strassen und Wegen zu senken.
So wurde getestet
Töten die Pestizide aus dem Baumarkt Unkräuter im Rasen effizient ab? Nimmt der Rasen dabei Schaden? Um diese Fragen zu klären, schickte der K-Tipp zwölf frei erhältliche Unkrautvernichter für Hobbygärtner nach England in ein spezialisiertes Labor.
In allen Testfeldern wuchsen Kriechender Hahnenfuss, Scharbockskraut und Weissklee. Diese Pflanzen sind auch in der Schweiz weit verbreitet. Alle getesteten Produkte wurden zeitgleich einmal auf je drei verschiedenen Flächen angewendet. Beim Versuchsstart war es trocken, bewölkt und die Temperatur betrug 11,2 Grad Celsius. Nach 1, 3, 7, 10 und nach 14 Tagen wurde protokolliert, ob die Mittel wie versprochen die Unkräuter abgetötet hatten und wie stark der Rasen in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Der K-Tipp bewertete, wie stark sich die Fläche der Unkräuter im Rasen nach 3 und nach 14 Tagen reduziert hatte. Stellten die Prüfer keine Wirkung fest oder hatten sich die Unkräuter sogar vermehrt, führte das zu einer ungenügenden Note.