Powerpakete und Schwächlinge
Die Akku-Leistungen von Handys unterscheiden sich stark. Den Angaben der Hersteller kann man meist keinen Glauben schenken.
Inhalt
K-Tipp 19/2005
16.11.2005
Rolf Muntwyler - rolf.muntwyler@ktipp.ch
Handy-Akkus werden immer stärker beansprucht: Spiele, grosse Displays und Vibrations-alarm sind Stromfresser. Mobiltelefone profitieren aber auch von der laufenden Verbesserung der Akku-Technik. Die Energielieferanten werden kleiner - leisten aber trotzdem mehr.
In Prospekten und auf Schildern im Laden versprechen Hersteller und Händler denn auch fantastisch hohe Werte: Sprechdauer bis zu 9 Stunden, Standby-Zeiten gar bis 400 Stunden.
Standby: Zwei Akkus s...
Handy-Akkus werden immer stärker beansprucht: Spiele, grosse Displays und Vibrations-alarm sind Stromfresser. Mobiltelefone profitieren aber auch von der laufenden Verbesserung der Akku-Technik. Die Energielieferanten werden kleiner - leisten aber trotzdem mehr.
In Prospekten und auf Schildern im Laden versprechen Hersteller und Händler denn auch fantastisch hohe Werte: Sprechdauer bis zu 9 Stunden, Standby-Zeiten gar bis 400 Stunden.
Standby: Zwei Akkus sind sehr gut
Kassensturz und K-Tipp wollten wissen, ob diese Versprechen gehalten werden. Zehn häufig verkaufte Modelle von Nokia, Motorola, Samsung, Siemens, Sharp und Sony Ericsson wurden vom ipi (Institut für Produktforschung und Information) auf ihre Akku-Leistung geprüft. Diese Handys werden alle von Lithium-Ionen-Akkus gespiesen.
Das Labor in Esslingen (D) mass den Stromverbrauch im Standby-Betrieb und beim Telefonieren. Da die Handys je nach Verbindungsqualität mehr oder weniger «arbeiten» müssen, wurden verschiedene Leistungsstufen berücksichtigt. Sämtliche Tests wurden im GSM900-Netz durchgeführt, das von den Schweizer Mobilfunkanbietern hauptsächlich genutzt wird. Zudem fanden alle Tests unter identischen Bedingungen statt. Aus dem gemessenen Stromverbrauch und der tatsächlichen Kapazität in Milliampere-Stunden (mAh) wurden die nutzbaren Stunden berechnet. Und diese unterscheiden sich stark:
Standby
- Nokia 5140i (362 h) und Sony Ericsson 750i (330 h) halten mit Abstand am längsten durch.
- Überdurchschnittlich ist auch das Resultat des Motorola RAZR V3 mit immerhin 258 Stunden.
- Alle anderen Modelle erreichen keine 200 Stunden Standby-Dauer.
- Sharp Gx25 (150 h) und Samsung SGH-E720 (168 h) schaffen nicht einmal die Hälfte der besten Standby-Resultate.
Im Vergleich zu den von den Herstellern angegebenen Höchstwerten scheiterten die meisten Handys - vor allem im Standby-Betrieb. Im extremsten Fall - Sharp Gx25 - erreichte der Akku bloss 60 Prozent des versprochenen Maximalwerts (150 statt 250 h). Sony Ericsson 700i, Samsung SGH-D500 und Nokia 6230i lagen nur unwesentlich darüber. Als einziges Handy schaffte das Nokia 5140i den angegebenen Höchstwert (362 statt versprochener 300 h), die weiteren Geräte erreichten zwischen 80 und 90 Prozent.
Sprechzeit: Fünf sind besser als deklariert
Besser siehts bei der Sprechzeit aus. Immerhin die Hälfte der Handys übertrifft die Deklaration der Firmen: Alle Nokia-Modelle, Samsung SG-E720 und Sharp Gx25. Bei der überprüften Sprechzeit gabs trotzdem grosse Unterschiede:
Sprechzeit
- Klar überlegen ist das Sony Ericsson 750i mit über 7 Stunden Sprechzeit.
- Am schlechtesten in diesem Kriterium schneidet das Siemens A65 (4,5 h) ab.
- Ebenfalls schwach ist das zweite Modell aus dem Hause des Testsiegers - das Sony Ericsson 700i (5,2 h).
Für den Kunden sind die übertriebenen Angaben ein Ärgernis. Doch diverse Hersteller wehren sich gegen den Vorwurf, sie würden viel zu hohe Sprech- und Standby-Zeiten deklarieren. Es handle sich immer um «Bis zu»-Angaben, die nur im Idealfall erreicht würden, reden sich einige Hersteller heraus.
Da das Labor nicht nur mit der geringsten Belastung - also der optimalen Verbindungsstufe - mass, sind Abweichungen gegen unten zwar logisch. Doch zeigen gerade die Handys, deren Resultate über 80 Prozent der deklarierten Standby-Zeit erreichten, dass die Angaben bei den schlechteren Handys übertrieben sind.
Neben den Standby- und Sprechzeiten wurde der Stromverbrauch für SMS gemessen. Meist bestätigten sich die Resultate, welche die Handys bei den anderen Kriterien erreicht haben:
- Unschlagbar ist das Sony Ericsson 750i mit über 10 Stunden.
- Zu den schwächsten gehört neben den zwei Samsung-Handys auch das Motorola RAZR V3 (knapp 5 h).
Das Labor hat eine Reihe weiterer Anwendungen geprüft. So kann man mit den Sony-Ericsson-Handys 18 Stunden Musik hören, während Samsung-Geräte schon nach rund 7,5 Stunden den Geist aufgeben. Beim Spielen mit angeschlossenem Ohrhörer stellt das Nokia 2600 (8 h) die Konkurrenz deutlich in den Schatten: Üblich sind 3 bis 5 Stunden.
Ein teureres Handy bedeutet nicht zwingend bessere Akku-Leistung. Zwar verbrauchen Handys mit grossen, farbigen Displays mehr Strom. Die grösseren Abmessungen ermöglichen es aber, leistungsfähigere Akkus einzubauen. Tendenziell schnitten denn auch Handys mit mehr Kapazität - im Test zwischen 700 und 900 mAh - besser ab.
Dass das nicht in jedem Fall zutrifft, beweist das Nokia 5140i mit relativ geringer Kapazität von 760 mAh, aber gutem Testresultat. Hier dürfte die optimale Grundeinstellung entscheidend sein: Ist ein Handy so eingestellt, dass es den Verbrauch im Ruhezustand auf ein Minimum beschränken kann, hält der Akku länger.
Stromfressende Funktionen sparsam nutzen
Jeder Akku übersteht eine gewisse Anzahl Ladezyklen. Je seltener er geladen wird, desto länger ist seine Lebensdauer. Wie lange ein Akku hält, hängt auch stark vom sachgerechten Umgang ab.
Tipps zum Stromverbrauch
- Energiefressende Funktionen sparsam nutzen - also Display-Beleuchtung, Tastentöne, Vibrations-alarm und Handyspiele.
- Kleine Displays benötigen deutlich weniger Strom als grosse.
- Wird das Handy während mehrerer Stunden nicht benötigt: Gerät abschalten. Das ist auch wegen der Strahlenbelastung sinnvoll.
- Häufiges Ein- und Ausschalten belastet den Handy-Akku.
- Je schlechter der Empfang, desto höher sind Sendeleistung und Stromverbrauch. Deshalb: Bei längerem Aufenthalt in Kellerräumen und auf Berg- wanderungen Handy ausschalten. Generell: Eingeschaltetes Telefon nicht in Taschen oder anderen Behältern aufbewahren, sondern offen und nahe am Fenster positionieren.
- Störungen durch andere strombetriebene Geräte wie Computer erhöhen die Sendeleistung - und damit den Stromverbrauch.
Pflege und Kauf
- Ist der Akku total entladen, sollte er möglichst schnell ans Ladegerät! Mehrmaliges Unterschreiten der Mindestspannung kann den Akku zerstören.
- Akkus können bei Temperaturen über 50 Grad Schaden nehmen. Handy deshalb nie an der Sonne oder in Autos liegen lassen (im Sommer wirds bis zu 100 Grad heiss!).
- Zeigt das Handy beim Laden «Akku voll» an, ist der Akku oft erst zu 80 Prozent geladen. Noch zwei Stunden weiterladen, dann ist das Optimum erreicht. Ein Überladen ist bei modernen Akkus unmöglich.
- Akkus in teilgeladenem Zustand nicht nachladen, besser erst entladen.
- Wird der Akku länger nicht gebraucht: Halb voll bei 16 bis 18 Grad lagern. Vor dem nächsten Einsatz vollständig laden.
- Macht der Akku nach 500 bis 1000 Ladezyklen (bei Lithium-Ionen-Akkus) schlapp, kann man einen neuen vom Handy-Hersteller oder günstiger - - von Drittanbietern kaufen.
- Neuer Akku oder neues Handy? Obwohl ökologischer Unsinn, ist ein neues Telefon unter Umständen günstiger als ein neuer Akku. Fragen Sie im Geschäft nach einer Vergünstigung durch Ihren aktuellen Mobilfunk-Anbieter.
- Beim Kauf ein Handy mit hoher Akku-Kapazität (900 mAh) vorziehen.
- Ausgediente Akkus immer im Laden oder an einer Batterie-Sammelstelle zurückgeben.
Archiv im Netz
Unter www.ktipp.ch finden Sie sämtliche Tests aus dem K-Tipp seit Januar 2000. Der Bezug eines Tests im PDF-Format (inkl. Tabellen) kostet 3 Franken.