Für Hersteller von Rasiergels scheint eine Zielgruppe besonders lukrativ zu sein: Männer mit empfindlicher Haut. Das Wort «sensitive» steht auf fast allen Dosen. Auch die Verwendung von Aloe Vera wird auffällig oft beworben. Die viel gepriesene Pflanze soll die Männerhaut pflegen. Doch tun Männer ihrer Haut tatsächlich etwas Gutes, wenn sie Rasiergel verwenden?
Der K-Tipp schickte zwölf der meistverkauften Rasiergels in ein spezialisiertes Labor. Die Experten analysierten die Produkte auf 26 heikle Duftstoffe, polyzyklische Moschusverbindungen, Formaldehyd und den Weichmacher Diethylphthalat. Zudem prüfte das Labor die Handhabung der Produkte – etwa wie gut sich die Gels dosieren, aufschäumen und abspülen lassen. Auch wurde ermittelt, wie viel Gel man maximal entnehmen kann (siehe «So wurde getestet»).
Resultat: Die Hälfte der Rasiergels schneidet gut ab. Testsieger sind die Eigenmarken von Denner und Landi. Mit Fr. 1.25 pro Deziliter gehört das Denner-Produkt zu den günstigeren Rasiergels im Test. Auffallend: Auf den ersten sechs Plätzen landen fünf Eigenmarken-Gels. Ein einziges Markenprodukt kann knapp mithalten: das Nivea-Gel. Mit Fr. 2.10 pro Deziliter ist es jedoch deutlich teurer als die besser bewertete Konkurrenz. Es enthält zudem den Duftstoff Linalool, der ein geringes Allergiepotenzial aufweist.
Jedes zweite Gel mit Duftstoffen belastet
Rasiergel-Hersteller greifen gerne zu allergenen Duftstoffen. Die Hälfte der getesteten Produkte enthält grösseren Mengen (mehr als 100 Milligramm pro Kilo Gel). Der K-Tipp hat diese Gels entsprechend abgewertet.
Vier weitere Produkte weisen allergene Duftstoffe in geringen Mengen auf. Einzig in den Gels von Coop und Müller Drogeriemarkt fand das Labor keine heiklen Duftstoffe.
In «Gillette Empfindliche Haut», einem der bestverkauften Rasiergels in der Schweiz, stiessen die Experten auf Isoeugenol. Dieser Duftstoff birgt laut dem deutschen Informationsverbund dermatologischer Kliniken ein «sehr hohes Allergierisiko». Das Gillette-Produkt enthält noch acht weitere allergene Duftstoffe.
Im Gillette-Gel «Series Sensitive Empfindliche Haut» fand das Labor nebst zehn allergenen Duftstoffen auch polyzyklische Moschusverbindungen. In einem früheren Rasiergel-Test von «Saldo» landeten diese Gillette-Produkte ebenfalls auf den hintersten Rängen («Saldo» 15/2007).
Ungenügend waren das Gel von Wilkinson und die Eigenmarke von Spar: Sie weisen einen Cocktail heikler Substanzen auf, in dem selbst Formaldehyd nicht fehlt. Zudem fand das Labor im Spar-Produkt grössere Mengen Benzylalkohol. Dieser Duftstoff kann Allergien auslösen und muss daher auf der Verpackung deklariert sein. Auf der Dose fehlte der Hinweis. Auch punkto Handhabung schnitt das Produkt schlechter ab als die Konkurrenz.
14 Prozent des Inhalts blieben in der Dose
Bei zwei Rasiergels gab die Entleerung der Dose Anlass zur Kritik: Beim Aldi-Gel bleibt eine Restmenge von fast 10 Prozent zurück, beim Lidl-Produkt sind es 14 Prozent. Bei den anderen Gels liessen sich mindestens 92 Prozent des Inhalts nutzen. Mit fast 98 Prozent gab die Denner-Dose am meisten her.
Der K-Tipp hat die Hersteller mit den Testresultaten konfrontiert. Procter & Gamble hält fest, dass beide Gillette-Rasiergels «umfangreichen klinischen und dermatologischen Studien sowie ausführlichen Sicherheitsbewertungen unterzogen» wurden. Die verwendeten Inhaltsstoffe entsprächen den gesetzlichen Bestimmungen in der Schweiz.
Das Aldi-Gel enthält zehn allergene Duftstoffe. Der Discounter schreibt, alle Inhaltsstoffe seien gesetzeskonform deklariert. Sprecher Alain Bollschweiler: «Wir werden allerdings versuchen, ein Sensitiv-Rasiergel zu entwickeln, das keine deklarationspflichtigen Duftstoffe enthält.»
Aus der Lidl-Dose konnten die Experten – wie erwähnt – gerade mal 86 Prozent des Gels entnehmen. Der Lieferant gibt an, die Dosen bis auf 2 Prozent entleeren zu können.
Wilkinson erklärt, alle Vorschriften einzuhalten und «höchste Standards zu gewährleisten». Zudem teste man Rasiermittel, bevor sie auf den Markt kommen.
Spar hat seinen Lieferanten kontaktiert. «Sobald uns die Untersuchungsresultate vorliegen, werden wir entsprechende Massnahmen ergreifen», sagt Sprecherin Silvia Manser.
Gels besser als Schaum
Kontaktallergien durch Duftstoffe in Rasiergels sind keine Seltenheit, sagt Peter Schmid von der Allergiestation der Uni Zürich: «Patienten leiden unter Rötungen im Gesicht oder am Hals. Oft haben sich bereits Ekzeme entwickelt.» Ob eine Allergie vorliegt, sollte man durch einen Pflastertest beim Arzt klären.
Tipps von Hautarzt Schmid: Bei einer Duftstoff-Allergie sollte man sich elektrisch rasieren. Ansonsten eher ein Rasiergel wählen als einen Schaum. Grund: Gels wirken länger ein, da man sie auf dem Gesicht aufschäumt und gleichzeitig die Haut massiert. So werde das Barthaar besser befeuchtet und aufgeweicht, was die Rasur schonender macht.
So wurde getestet
Das Spezialabor SGS Institut Fresenius GmbH im deutschen Taunusstein untersuchte für den K-Tipp zwölf Rasiergels auf folgende Kriterien:
- Handhabung: Zehn Fachleute bewerteten die Produkte unter anderem auf Handlichkeit und Standfestigkeit der Dose, Öffnen und Schliessen des Verschlusses, Entnahme des Gels, Dosierbarkeit und Konsistenz. Zudem wurde geprüft, wie gut es sich auf der Haut verteilen und abspülen lässt.
- Restmenge: Wie viel Rasiergel kann man maximal aus einem Behälter entnehmen? Welche Restmenge bleibt zurück?
Das Labor prüfte die Rasiergels auch auf kritische Substanzen:
- Allergene Duftstoffe: 26 Duftstoffe müssen ab einer bestimmten Menge auf der Verpackung angegeben sein. Bei Rasiergel gilt eine Deklarationspflicht ab 100 Milligramm pro Kilo. Der Informationsverbund dermatologischer Kliniken (IVDK) in Göttingen (D) hat anhand von Allergietests bei mehreren Tausend Patienten die 26 Duftstoffe in Kategorien unterteilt: Substanzen mit hohem Allergiepotenzial finden sich in den Kategorien A und B. Wurden solche Stoffe entdeckt, hat der K-Tipp das Produkt um eine halbe Note abgewertet. Für Duftstoffe mit geringerem Allergierisiko gab es einen Notenabzug von 0,2, sofern das Labor mehr als 100 mg des Stoffs pro Kilo nachweisen konnte.
- Polyzyklische Moschusverbindungen: Sie sollen dafür sorgen, dass Düfte auf der Haut länger haften. Laut dem deutschen Umweltbundesamt haben sich verschiedene Verbindungen in Tierversuchen als nervenschädigend und hormonell wirksam erwiesen. Einige stehen auch im Verdacht, krebserregend zu sein. Es gibt keinen gesetzlichen Grenzwert. Rasiergels, die solche Verbindungen enthalten, wurden abgewertet.
- Formaldehyd und -abspalter: Der Konservierungsstoff kann Atemwege, Haut und Augen reizen sowie starke allergische Reaktionen und Krebs auslösen. In Kosmetika ist eine Konzentration von 0,2 Prozent (200 mg/kg) erlaubt.
- Diethylphthalat (DEP): Der Weichmacher kann über die Haut in den Körper gelangen und sich dort anreichern. Er zählt zu den Stoffen, die im Körper wie natürliche Hormone wirken und mit Gesundheitsproblemen in Verbindung gebracht werden. Dazu zählen hormonbedingte Krebsarten und eine Verschlechterung der Spermienqualität. Das Labor fand in keinem der zwölf getesteten Rasiergels Diethylphthalat.