Seit im Januar eine Studie über Rauchlachs in der Wissenschaftszeitschrift «Science» veröffentlicht wurde, ist der beliebte Festschmaus für Ostern und Weihnachten wieder einmal ins Rampenlicht gerückt. Die Autoren hatten festgestellt, dass die Belastung mit den Umweltgiften PCB und Dioxin bei Zuchtlachsen im Vergleich zu wildem Lachs deutlich höher ist (siehe Kasten «Umweltgifte»).
Der K-Tipp hat 15 Rauchlachsproben untersucht:
- auf die Gesamtkeimzahl,
- auf Enterobakterien (Darmbakterien), die auf ein ernst zu nehmendes Hygieneproblem hindeuten,
- auf Listerien, die für Ältere, Immungeschwächte, Schwangere und Säuglinge lebensbedrohlich sein können,
- auf Staphylokokken, ein Bakterium, das Lebensmittelvergiftungen verursacht,
- auf PCB, das krebserregend ist und darauf hinweist, dass das ebenfalls hoch giftige Dioxin vorhanden sein könnte.
Das Umweltgift PCB überschritt in keiner der Proben die Nachweisgrenze.
Schlecht hingegen siehts mit der Hygiene aus: 6 der 15 getesteten Rauchlachsproben haben die gesetzlichen Höchstwerte überschritten: Entweder war die Gesamtkeimzahl (Höchstwert eine Million pro Gramm) oder die Zahl der Enterobakterien (Grenzwert 1000 pro Gramm) zu hoch - oder gleich beide.
Fünf Produkte fielen bei der Gesamtkeimzahl durch. Zwischen 4,8 und 21-mal zu hoch war sie beim Brötlilachs Atlantik von Coop, beim Mövenpick- und York-Lachs sowie beim Coop-Pacific-Wildlachs Coho und beim Brötlilachs Luxor von der Migros.
Krass waren die Werte der Darmbakterien bei einzelnen Proben. Hier überschritt der Wildräucherlachs York von Carrefour den Toleranzwert gleich 200fach, der Luxor-Brötlilachs 240fach. Enthält ein Lachs zu viele Keime und Enterobakterien, stellt er noch kein gesundheitliches Risiko dar, gilt aber «als im Wert vermindert».
Verbrauchsdaten zu grosszügig festgelegt
Doch für den Berner Kantonschemiker Urs Müller sind die vorliegenden Werte schlicht inakzeptabel: «Wird ein Toleranzwert um mehr als das 100fache überschritten, ist der Lachs verdorben.»
So reagierten die Detaillisten auf die Resultate:
- Laut Migros ist das Ergebnis beim Luxor-Lachs ein Einzelfall: «Wir führen selber viele Stichproben durch.» Einen möglichen Grund für das schlechte Resultat in diesem Fall sieht Migros darin, dass die Keimbelastung bei wild gefangenem Lachs «sehr hoch sein kann». Ein Blick auf die Tabelle bestätigt diese Vermutung: Alle drei Wildlachse im Test lagen über den Toleranzwerten.
- Carrefour erklärt, der «ungenügende» Lachs York werde unabhängig von diesem Resultat aus dem Verkauf gekippt.
- Coop schreibt, man habe alle möglichen Ursachen für die Keimzahlen untersucht, sei aber nicht fündig geworden. Da der K-Tipp die drei zu beanstandenden Muster in der gleichen Filiale eingekauft hat, liegt der Verdacht nahe, dass die Fische in diesem Laden nicht sorgfältig genug gekühlt wurden.
- Globus «bedauert den negativen Befund». Es handle sich um einen renommierten Produzenten. Man habe beide Produkte dieses Lieferanten aus dem Sortiment genommen.
«Es ist schon etwas frustrierend, dass bei einigen Lebensmittelkategorien häufig zu hohe Keimzahlen gemessen werden», sagt Andreas Baumgartner, zuständig für Mikrobiologie und Hygiene beim Bundesamt für Gesundheit.
Auf eine wichtige Ursache von verkeimtem Lachs macht Urs Müller aufmerksam: «Die Verbrauchsdaten werden zu grosszügig festgelegt.» Es ist Aufgabe des Herstellers, die Haltbarkeit seiner Produkte zu ermitteln. «Es macht auch Sinn, dass jeder Hersteller die Datierung an seine eigenen Herstellungsbedingungen anpasst», argumentiert Müller.
Keine Listerien und keine Staphylokokken
«Leider lassen sich Produzenten immer wieder verleiten, sich der längeren Datierung der Konkurrenz anzupassen», fügt Müller an. Die zu lange Datierung ist eine mögliche Erklärung für die hohen Keimzahlen der Lachse York von Carrefour und Cyril of Ireland von Globus. Carrefour datiert das Verzehrdatum auf lange 28 Tage nach dem Abpacken, der Globus auf 21 Tage. Dass eine kurze Datierung aber keine absolute Gewähr bietet, zeigen die Produkte von Coop und Migros, die das Verbrauchsdatum auf 10 Tage nach der Verpackung festlegen.
So schlecht die Bilanz bei den Keimzahlen war: Wenigstens in Bezug auf die gesundheitsgefährdenden Listerien und Staphylokokken gab keine Probe Anlass zur Kritik. Alle waren frei von diesen Bakterien.
PCB und Dioxine: Weit unter dem Grenzwert
Schon der Verzehr einer Mahlzeit Zuchtlachs pro Monat könne das Krebsrisiko erhöhen, warnten die Autoren einer US-Studie über Schadstoffe im Lachs. Sie fanden heraus, dass europäischer Zuchtlachs mehr giftiges Dioxin und PCB enthält als Wildlachs.
Der Schweizer PCB-Grenzwert für Fisch beträgt 1000 Mikrogramm/Kilogramm (µg/kg). Der höchste gemessene Wert in einer Untersuchung der welschen Fernsehsendung «A Bon Entendeur» betrug 60 µg/kg - 16-mal weniger als der Grenzwert. Die Behörden in der Schweiz und im umliegenden Ausland sehen keine Veranlassung, Grenzwerte und Empfehlungen zu ändern.
Doch wie viel Zuchtlachs darf man denn essen, wenn man die höchste akzeptable Dosis der Weltgesundheitsorganisation als Basis nimmt? Vom am stärksten belasteten Zuchtlachs aus der Studie könnte eine 70 Kilo schwere Person monatlich zwei Kilo verspeisen. Da man auch über andere Quellen PCB aufnimmt, müsste man sich auf etwas weniger beschränken.
Tatsache ist: Europäischer Zuchtlachs enthält deutlich mehr Dioxin und PCB. Will man die Einnahme dieser Schadstoffe reduzieren und doch nicht aufs Lachsbrötli verzichten, weicht man am besten auf pazifischen Wildlachs oder südamerikanischen Zuchtlachs aus.
(rom)
Archiv im Netz
Unter www.ktipp.ch finden Sie sämtliche Tests aus dem K-Tipp seit Januar 2000. Der Bezug eines Tests im PDF-Format (inkl. Tabellen) kostet 3 Franken.