Für ein Kilo Rindshackfleisch blätterten Konsumenten vergangenes Jahr durchschnittlich Fr. 18.50 hin. Vor zwanzig Jahren waren es noch Fr. 13.50. Doch heisst teurer auch besser?
Der K-Tipp wollte wissen, wie es um die Qualität steht, und hat zwanzig Packungen Rindshackfleisch ins Labor geschickt. Drei Produkte waren als «mageres Fleisch» gekennzeichnet – sie sollten also nicht mehr als 7 Prozent Fett enthalten. Die Kilogrammpreise lagen zwischen Fr. 12.50 und Fr. 37.80 für mageres Bio-Rindshackfleisch aus dem Reformhaus.
Die Experten analysierten im Labor den Fettanteil sowie den Gehalt an minderwertigem Bindegewebe und hochwertigem Muskelfleisch. Sie prüften zudem die Hygiene und ob die Produkte Fleisch von anderen Tieren enthalten (siehe unten, «So wurde getestet»).
Zwei Bio-Produkte mit Top-Qualität
Die gute Nachricht: Keine Probe enthielt Fleisch einer anderen Tierart oder multiresistente Keime. Bei der Fleischqualität und der Hygiene hingegen unterschieden sich die Produkte deutlich. Die Gesamtnoten reichen von 5,8 («sehr gut») für Léger Rindshackfleisch aus der Migros bis 2,3 («schlecht») für das Familienpreis-Hackfleisch von Volg. Fast jedes zweite Produkt schaffte keine gute Gesamtnote.
Elf Produkte haben eine «gute» bis «sehr gute» Fleischqualität: Das Fleisch wies relativ wenig Fett und Bindegewebe auf, aber viel hochwertiges Muskelfleisch. Zwei Bio-Produkte punkteten mit Top-Qualität: das Bio-Gehackte von der Migros und das magere Hackfleisch des Reformhauses Egli.
Viel Fett in «magerem» Coop-Hackfleisch
Jedes fünfte Hackfleisch jedoch liess qualitativ sehr zu wünschen übrig: Diese Produkte enthielten mehr Bindegewebe – also Haut, Sehnen und Bänder –, als es die Verordnung über Lebensmittel tierischer Herkunft vorgibt. Dazu gehören das «Naturafarm Rinds-Hackfleisch» sowie das Qualité-&-Prix-Rindshackfleisch 3 mm von Coop und das Volg Familienpreis- Hackfleisch. Am meisten Bindegewebe enthielt das Gehackte von M-Budget.
Bessere Resultate erzielten die Proben beim Fettanteil: Laut Verordnung sind bei reinem Rindshackfleisch bis zu 20 Prozent Fett zulässig. Die Produkte wiesen im Durchschnitt 13 Prozent Fett auf. Nur M-Budget schnitt auch hier schlecht ab: Das Gehackte bestand zu knapp einem Viertel aus Fett.
Beim mageren Rindfleisch fiel vor allem Coop ab: Das Qualité-&-Prix- Hackfleisch hat laut Verpackung 6 Prozent Fett – das Labor fand aber fast doppelt so viel. Ärgerlich: Das «magere» Fleisch kostet gesalzene Fr. 22.50 pro Kilo.
Zwei Produkte fallen besonders negativ auf
Abgepacktes Hackfleisch ist meist mit Gas behandelt. So sieht es länger frisch aus (K-Tipp 2/2011). Über die Hygiene sagt das aber nichts aus. Die Hygieneverordnung kennt für Hackfleisch im Verkauf keine Vorschriften. Nur Salmonellen darf es nicht enthalten. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit verweist auf die laxen Kriterien der Fleischbranche. Der K-Tipp bewertete die Proben nach den Richt- und Warnwerten der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) für Hackfleisch im Handel. Demzufolge war nur die Hälfte der getesteten Produkte hygienisch einwandfrei.
Zwei Produkte fielen besonders negativ auf: das Familien-Hackfleisch von Volg und das Lidl-Produkt Bonvalle Bio Organic. Das Volg-Gehackte wies extrem viele Enterobakterien auf. Die Darm- und Umweltkeime können Bauchweh und Durchfall auslösen. Die DGHM setzte den Warnwert bei 100 000 koloniebildenden Einheiten pro Gramm (KBE/g) fest. Das Volg-Hackfleisch erreichte 450 000 KBE/g. Das heisst: Die Hygienerichtlinien wurden massiv verletzt. Das Lidl-Produkt lag mit 90 000 KBE/g nur knapp unter dem Warnwert.
Das Volg-Produkt war dazu auch stark verkeimt – mit 80 Millionen KBE/g. Laut den deutschen Richtlinien sollte die Gesamtkeimzahl 5 Millionen KBE/g nicht überschreiten. Das Lidl-Fleisch lag knapp über diesem Wert.
In allen Produkten stiess das Labor auf Pseudomonaden. Das sind Erreger von Wund-, Haut- und Nagelinfektionen. Das magere Hackfleisch von Qualité & Prix wies auch Staphylokokken auf. Sie können Lebensmittelvergiftungen hervorrufen. Allerdings überschritt keine Probe die deutschen Richtwerte.
Migros will Herstellung überprüfen
Die Migros ist «erstaunt» über die Resultate. In internen Analysen seien alle Werte eingehalten worden. Die Migros will zusätzlich den Herstellungsprozess überprüfen. Laut Coop kann es aufgrund «natürlicher Schwankungen von Packung zu Packung zu Unterschieden kommen». Ernst Sutter, Produzent des Volg-Hackfleischs, «bedauert den Ausreisser sehr». Muster seien analysiert und Mitarbeiter sensibilisiert worden. Lidl schreibt: «Wir stellen fest, dass unsere beiden Produkte innerhalb der untersuchten Parameter keine gesetzlichen Höchstwerte überschreiten.»
So wurde getestet
Der K-Tipp liess abgepacktes Rindshackfleisch in einem deutschen Labor untersuchen.
Die Testkriterien:
Fleischqualität
Fett: Mageres Hackfleisch darf höchstens 7, normales 20 Prozent Fett aufweisen.
Bindegewebe: Je tiefer der Anteil an Bindegewebeeiweiss ist, desto besser die Fleischqualität.
Hygiene
Gesamtkeimzahl: Das Labor ermittelte, wie hoch die allgemeine mikrobielle Belastung des Fleischs war. Keime gelangen durch unsaubere Geräte oder verunreinigte Zutaten in Produkte. Durch ungenügende Kühlung und Überlagerung vermehren sie sich rasch.
Enterobakterien: Hat es Darm- und Umweltbakterien im Fleisch? Eine hohe Zahl deutet auf verunreinigte oder verdorbene Ware hin. Mögliche Ursache: mangelnde Personalhygiene.
Pseudomonaden: Diese Wasserkeime fühlen sich auch auf der Haut und im Darm wohl. Sie können für Menschen mit einer Immunschwäche gefährlich werden.
Staphylokokken: Die Bakterien produzieren beim Wachstum Giftstoffe, die durch Erhitzung nicht zerstört werden und die Lebensmittelvergiftungen hervorrufen können.
Escherichia coli, Salmonellen und Listerien: Die potenziell gefährlichen Bakterien fand das Labor in keiner Packung.
Fremdfleisch, ESBL/MRSA: Das Labor prüfte, ob Fleisch von Schwein, Pferd und Huhn oder multiresistente Keime (ESBL, MRSA) enthalten waren.
In einer Packung «Fleisch von etwa 100 Tieren»
Hackfleisch ist eine Wundertüte: Die Konsumenten wissen nicht, was drinsteckt. Der K-Tipp hat nachgefragt.
Ernst Sutter, Lieferant von Aldi, Denner, Spar und Volg, sagt nur vage: «Wir verwenden Fleisch oder Fleischabschnitte, die beim Zerlegen und Zerschneiden von ganzen Muskelstücken anfallen.» Micarna (Migros) verwendet «diverse Teilstücke» vom Vorder- und Hinterviertel der Kuh. Bell (Coop) verarbeitet «vor allem» Fleisch aus dem Vorderviertel. Sutter bestätigt zudem, dass das Hackfleisch meist von ausgedienten Milchkühen stammt.
In einer Packung findet sich häufig Fleisch von vielen Tieren. Die Arte-TV-Dokumentation «Wege des Fleisches» zeigte vor zwei Jahren, dass in einer Packung deutschem Hackfleisch Fleisch von rund 150 Schweinen und 60 Kühen steckt.
Und in der Schweiz? Die Händler weichen aus: Eine «allgemeine Aussage kann man nicht machen» (Coop), die Zahl «lässt sich nicht genau beziffern» (Ernst Sutter) oder «kann je nach Verfügbarkeit der Rohware ändern» (Lidl). Nur die Migros legt offen: In einer Packung Hackfleisch «kann sich Fleisch von etwa 100 Tieren befinden».
Tipp: Oft fehlt der Fleischproduzent auf der Verpackung. Der «CH-Code» gibt dann Auskunft: www.blv.admin.ch/blv ! Lebensmittel und Ernährung ! Rechts- und Vollzugsgrundlagen ! Bewilligung und Meldung ! Bewilligung von Lebensmittelbetrieben.