Knapp 90 000 Sturz- und Stolperunfälle registriert die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva) jeden Winter. In der kalten Jahreszeit verletzen sich mehr Menschen beim Gehen als bei Autounfällen. Am gefährlichsten ist es von 6 bis 9 Uhr morgens, so die Suva. Wenn in der Nacht die Temperaturen fallen, verwandeln sich Trottoirs und Plätze in Eisbahnen.
Trockenes Eis: Viele Spikes halten gut
Mit Schuhspikes sollte man sich auf Eis und Schnee sicherer bewegen können. Die Spikes, auch Schuhkrallen genannt, zieht man über die Schuhsohlen, ähnlich wie Schneeketten über Autopneus. Kleine Stifte aus Metall, Ketten oder mit Draht umwickelte Gummibänder sollen vor dem Ausrutschen schützen. Die Schuhkrallen gibts in Sportgeschäften, Schuhläden, im Internet und bei Grossverteilern. Sie unterscheiden sich in der Anzahl der Spikes, in der Handhabung und im Preis.
Der K-Tipp wollte wissen, wie gut Schuhspikes vor dem Ausrutschen auf Eisflächen schützen und wie einfach sie an- und auszuziehen sind. Ausserdem, ob die Krallen stabil sind und wie gut sie auf die Schuhe passen. Die Experten im spezialisierten Prüf- und Forschungsinstitut Pirmasens (D) haben acht Modelle mit Preisen von rund 13 bis 50 Franken geprüft (siehe «So wurde getestet», Seite 18). Nur die Hälfte der Gleitschutzhilfen erreichte das Gesamturteil «gut».
Um die Rutschfestigkeit zu testen, wagte sich ein Experte im Labor mit den Spikes auf blankes Eis. An einem Gurt gesichert ging der für solche Prüfungen trainierte Mann über eine Eisfläche, die sich immer mehr neigte. Je steiler die Fläche war, bevor er ausrutschte, desto besser das Testergebnis.
Auf trockenem Eis bieten die meisten Schuhspikes guten Halt. Ausnahme: die Yeti-Schuhkralle. Die Testperson begann bereits bei einem Winkel von 13 Grad zu rutschen. Das führte zu einer ungenügenden Teilnote. Zum Vergleich: Mit dem Devisys-Gleitschutz konnte die Fläche um mehr als 20 Grad geneigt werden, bevor die Testperson abrutschte.
Richtig tückisch wird es, wenn die Eisfläche nicht festgefroren, sondern leicht angetaut ist. Hier ist die Rutschgefahr noch grösser. In dieser Situation bieten die Modelle Rubytec Alaska Gripfeet und Nora Spiky Plus den besten Halt.
Mühsames Anziehen bei Nordic Grip Mini
Den Gleitschutz sollte man einfach und schnell über die Schuhe ziehen können. Dies gelingt mit den meisten Produkten einigermassen gut. Einzig bei Nordic Grip Mini brauchten die Testpersonen viel Kraft. Denn diese Schuhspikes bestehen aus einem einfachen Band, das quer über den Vorderfuss gespannt wird. Diese Anti-Rutsch-Hilfen hinterlassen auch Druckstellen an den Schuhen. Die Migros schreibt, der Druck sei nötig, damit der Mini nicht verrutsche. Das Produkt sei klein, handlich und nur für kurze Strecken geeignet.
Die Anti-Rutsch-Hilfen müssen eng an den Schuhen anliegen, damit sie Halt bieten. Beim An- und Ausziehen muss man deshalb bei den Modellen, die über die ganze Sohle reichen, kräftig ziehen, um sie über die Schuhe zu stülpen. Auch beim Gehen wirken starke Kräfte auf die Spikes ein. Einige Modelle sind zu wenig stabil: Sie gehen bereits bei geringer Belastung kaputt. Ungenügende Noten gab es hier für RUD Quickstep, Rubytec Alaska Gripfeet und die Yeti-Schuhkralle. Letztere riss im Test bereits, als rund 10 kg Gewicht daran zerrten.
Der Test zeigt: Auf Eis und Schnee am besten unterwegs ist man mit Anti-Rutsch-Hilfen, bei denen Spikes für besseren Halt sorgen. Idealerweise sind sie auf der ganzen Schuhsohle verteilt. Wichtig ist, dass sie im Fersenbereich vorhanden sind. Fehlen sie dort, hat man im entscheidenden Moment – beim Aufsetzen der Ferse – keinen Halt.
Der K-Tipp hatte in der Ausgabe 2/2010 Schuhspikes getestet. Die Resultate können nur bedingt mit dem aktuellen Test verglichen werden. Kriterien und verwendete Materialien sind nicht mehr gleich.
Tipps: Spikes richtig verwenden – Stürze vermeiden
- Das passende Schuhwerk ist wichtig: Schuhspikes eignen sich einzig für feste Winterschuhe. Anti-Rutsch-Hilfen sind für verschiedene Schuhgrössen erhältlich.
- Die besten Schuhspikes nützen nichts, wenn man sie nicht anziehen kann: Vor dem Kauf unbedingt ausprobieren, ob man mit den Spikes zurechtkommt. Am besten mit den Winterschuhen ins Geschäft gehen und Spikes direkt am Schuh anprobieren. Darauf achten, ob man den Schuh dafür ausziehen muss oder ob man die Spikes auch im Stehen und Sitzen anziehen kann.
- Wer bei Eis und Schnee ohne Spikes unterwegs ist, sollte langsamer gehen als üblich. Am besten setzt man den Fuss möglichst flach auf und macht kleine Schritte.
- Vereiste Treppen sind sehr gefährlich: Halten Sie sich immer am Geländer fest.
So wurde getestet
Das deutsche Prüf- und Forschungsinstitut Pirmasens hat die acht Anti-Rutsch-Modelle im Auftrag des K-Tipp getestet.
- Gleitsicherheit: wurde auf der «schiefen Ebene» (Bild) geprüft. Die Testperson geht über die Ebene, die sich zu neigen beginnt. Die Neigung wird kontinuierlich erhöht, bis der Mann zu rutschen beginnt. Damit er nicht stürzt, ist er mit einem Gurt gesichert. Der Versuch wird dreimal wiederholt. Dabei wird der sogenannte Akzeptanzwinkel ermittelt. Das ist der Neigungswinkel, bei dem man nicht mehr sicher gehen kann.
Die Gleitsicherheit wurde in drei Situationen geprüft: auf trockenem, hartgefrorenem Eis, auf leicht angetautem Eis sowie auf Beton.
- Handhabung: Mehrere Personen prüften, ob sich die Schuhkrallen einfach an- und ausziehen lassen und ob sie ohne weiteres richtig positioniert werden können.
- Haltbarkeit: Die Gleitschutzhilfen wurden einer Festigkeitsprüfung unterzogen. Dabei wurde die Kraft ermittelt, die zur Beschädigung oder zum Bruch der Anti-Rutsch-Hilfe führt.
- Passgenauigkeit: Die Laborexperten prüften, ob die Schuhspikes auf verschiedene Schuhtypen (Casual-Winterschuhe und Wander-/ Trekkingschuhe) passen und ob die Spikes an der richtigen Stelle positioniert sind.
Ausserdem kontrollierten die Fachleute, ob die Gleitschutzhilfen tatsächlich für die deklarierten Schuhgrössen passen.